Peter Handkes Wohnorte

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In den einzelnen Unterkapiteln dieser Rubrik werden anhand der in öffentlichen und privaten Archiven vorhandenen Bild-, Recherche- und Werkmaterialien Peter Handkes die verschiedenen Wohnorte des Autors vorgestellt: vor allem die Wohnungen oder Häuser, aber gegebenenfalls auch die Ortschaften und die sie umgebende Landschaft.

Kindheit und Jugend

Für Peter Handkes Arbeiten sind zuerst jene Wohnorte von Bedeutung, die mit seiner frühen Kindheit und Jugend in Verbindung stehen: Berlin, Griffen, Graz. Nach dem Krieg lebte er von seinem dritten bis sechsten Lebensjahr mit seiner Mutter bei seinem Stiefvater Bruno Handke in Berlin-Pankow. 1948 flüchtete die Familie aus dem Ostsektor Berlins zurück in die Kärntner Gemeinde Griffen und wohnte im Haus von Handkes Großeltern (Altenmarkt 25) – seinem Geburtshaus. Fast zehn Jahre später konnte die Familie 1957 in das von seinen Eltern gleich nebenan gebaute Haus (Altenmarkt 6) einziehen. Während der ersten fünf Jahre seiner Gymnasialzeit von 1954 bis 1959 war Handke im Internat für Priesterzöglinge des bischöflichen Seminars Tanzenberg bei Maria Saal untergebracht. Nach einem Schulwechsel 1959 pendelte er die letzten zwei Schuljahre täglich mit dem Bus von Griffen ins Gymnasium nach Klagenfurt. Im Anschluss an die Matura studierte Peter Handke Rechtswissenschaften an der Universität Graz und bewohnte in den Jahren seiner Studienzeit von 1961 bis 1967 ein Untermietzimmer am Stadtrand Graz-Waltendorf, Rosenhang 6. Diese Orte der Kindheit bleiben bestimmend für sein Schreiben, als Schauplätze seiner Erzählungen und Theaterstücke  – wie in Die Hornissen (1966), Wunschloses Unglück (1972), Über die Dörfer (1982), Die Wiederholung (1986), Versuch über die Müdigkeit (1989) und Versuch über die Jukebox (1990), Zurüstungen für die Unsterblichkeit (1997), Mein Jahr in der Niemandsbucht (1994), Die morawische Nacht (2008), Immer noch Sturm (2010) oder zuletzt in Versuch über den Stillen Ort (2012).

1966 bis heute

Nachdem Peter Handkes erster Roman Die Hornissen im Frühjahr 1966 im Suhrkamp Verlag erschien und er mit seinem im Juni 1966 in Frankfurt am Main uraufgeführten Theaterstück Publikumsbeschimpfung Erfolge feierte, brach er sein Studium ab und übersiedelte Ende Juli/Anfang August 1966 mit seiner damaligen Lebensgefährtin und späteren Ehefrau, der Schauspielerin Libgart Schwarz, in eine Wohnung in Düsseldorf-Rath (Wattenscheiderstraße 2/708) und von dort eineinhalb Jahre später in eine Wohnung in Düsseldorf-Nord (Gartenstraße 25/1). Die Wohnung wurde auch 1969, während ihres Jahres in Berlin (Meinekestraße 6), behalten. Nach Berlin, wo ihre Tochter Amina geboren wurde, folgte 1970 ein Jahr im neunten Arrondissement von Paris (1, Cité-Chaptal), wo Handke und seine Frau den Beschluss fassten, mit dem Kind wieder nach Deutschland, in ein Haus mit Garten zu ziehen. Im Herbst 1971 fand der Umzug in ein Eigentumsreihenhaus statt – einen Bungalow in einer Wohnsiedlung am Schirnbornweg 6, in Kronberg im Taunus. In Kronberg trennten sich Handke und Schwarz. Er zog im Dezember 1973 mit seiner Tochter wieder in eine Stadtwohnung in Paris-Auteuil (77, Boulevard Montorency) und blieb während der Grundschulzeit seiner Tochter in Paris, von 1973 bis 1976 allerdings in einem Mietshaus im Pariser Vorort Clamart (53, rue Cécille Dinant). Damit seine Tochter ein Gymnasium in Österreich besuchen konnte, zog er im August 1979 für acht Jahre nach Salzburg (Mönchsberg 17a). Nach der Matura von Amina verließ Handke die Stadt für eine fast drei Jahre dauernde Weltreise und kaufte schließlich 1990 mit seiner neuen Lebensgefährtin Sophie Semin ein Haus in Chaville, einem Vorort von Paris.

Wohnorte als Schauplätze seiner Werke

Ab Mitte der 1970er Jahre sind die Wohnungen oder Häuser und ihre Umgebungen eng mit den dort entstandenen Werken, das heißt seiner schriftstellerischen Arbeit verbunden und insofern auch für die literaturwissenschaftliche und textgenetische Forschung von Interesse. So findet man, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Kronberg in Die linkshändige Frau (1976), Paris in Die Stunde der wahren Empfindung (1975), Clamart nachträglich erinnert in Mein Jahr in der Niemandsbucht (1994), Salzburg in Der Chinese des Schmerzes (1983) und Nachmittag eines Schriftstellers (1987) oder Chaville in Mein Jahr in der Niemandsbucht. Handkes Art zu wohnen spiegelt dabei nicht nur die jeweilige Zeit, sondern auch seine Art zu arbeiten, seine Poetik wider – die Sammlungen von Wanderstöcken, Federn, Pilzen und anderen Baumfrüchten, die Bücherstapel am Boden und in der Türe, die Bleistiftreihen und kleinen Bildaltäre am Schreibtisch, die man heute in seinem Haus in Chaville findet – der Bildband der Fotografin Lilian Birnbaum zeigt das eindrücklich –, gab es in den früheren Wohnungen noch nicht.

Quellen

Die vorhandenen Bild- und Textquellen zu diesen Orten sind unterschiedlich. Die Wohnorte bis 1970 lassen sich kaum durch Archivmaterialien dokumentieren. Die bekannten Fotos des Großeltern- oder Elternhauses befinden sich im Privatbesitz des Autors oder seiner Geschwister. Sie wurden zum Teil in den verschiedenen biographischen Darstellungen des Autors veröffentlicht (Haslinger 1992, Liepold-Mosser 1997, Pichler 2002, Höller 2007, Herwig 2011). Düsseldorf, Berlin und die erste Wohnung in Paris sind wenn, nur im Hintergrund von Personenfotos zu erkennen. Notizbuchaufzeichnungen zu den Wohnungen findet man erst ab 1976. (kp)

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