Über Inkunabeln, alte und wertvolle Drucke
Die Sammlungsbestände an alten und wertvollen Drucken befinden sich in dem 1723 von Kaiser Karl VI. veranlassten Bibliotheksbau am Josefsplatz und in ehemaligen Räumen des benachbarten Augustinerklosters. Etwa ein Drittel der etwas weniger als 500.000 Bände ist im barocken Prunksaal der Bibliothek untergebracht.
Zum Bestand an alten Drucken zählen Inkunabeln (Drucke bis Erscheinungsjahr 1500), Druckschriften von 1501 bis einschließlich 1850, sowie besonders seltene, wertvolle oder bibliophile Drucke ohne zeitliche Begrenzung und Sonderbestände wie chinesische oder japanische Schriften.
Die Sammlung stellt sich die Aufgabe, durch gezielte Neuerwerbungen - entsprechend den Sammelrichtlinien - den Bestand zu komplettieren und eine benützungsorientierte Erschließung der Sammlungsbestände zu erreichen.
Zur Bestandsgeschichte
Die insgesamt ca. 8.000 Inkunabeln, von denen einige wenige noch aus der Sammlung Kaiser Friedrich III. (reg. 1440 - 1493) stammen, stellen den wertvollsten Teil des Bestands dar. Etwa ein Fünftel aller im 15. Jahrhundert gedruckten Titel sind vorhanden. Hervorzuheben sind z.B. das einzige in Österreich verbliebene Exemplar der 42zeiligen Gutenberg-Bibel (Mainz 1454/55), ein vollständiger Pergamentdruck des Mainzer Psalters (Johann Fust, Peter Schöffer 1457) und Beispiele fast aller bis 1500 gedruckten Bibeln.
Die kaiserliche Büchersammlung wurde nicht nur unter ihrem materiellen Aspekt als Teil des Hofschatzes, sondern auch nach wissenschaftlichen und künstlerischen Kriterien systematisch vermehrt. Zudem wurden bereits seit dem 16. Jahrhundert Regelungen über das kostenlose Abliefern von Exemplaren erlassen. Diese sogenannten Privileg- und Zensurexemplare dienten dem Buchdrucker zum Schutz seiner Drucke vor unbefugtem Nachdruck und den kaiserlichen Beamten zur Kontrolle. Institutionalisiert wurde die Ablieferung von „Pflichtexemplaren“ 1569 durch die Einführung der Bücherkommission bei der Buchmesse in Frankfurt am Main. Durch die wenn auch mangelhaft eingehaltene Pflichtabgabe, die 1808 auf die gesamte Monarchie ausgeweitet wurde, erfuhr die Bibliothek einen stetigen Zuwachs. Beginnend mit der Ernennung von Hugo Blotius zum ersten Hofbibliothekar durch Kaiser Maximilian II. (1575) sorgten die Präfekten, wie Gerard van Swieten und Gottfried van Swieten, für bedeutende Erweiterungen des Bestandes.
Auch die Privatbibliotheken mehrerer Präfekten, wie die von Sebastian Tengnagel (1573 - 1636), Peter Lambeck (1628 - 1680) oder Gerard van Swieten (1700 - 1772), sowie die bekannter Gelehrter, wie die des Wiener Humanisten Johannes Cuspinianus (1473 - 1529), erweiterten den Bestand. Besondere Beachtung verdienen die herausragenden Büchersammlungen des Philipp Eduard Fugger (1655 angekauft) und des kaiserlichen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen (erworben 1738).
Aus verschiedenen Gründen gelangten in die Bibliothek immer wieder Bücherbestände aus öffentlichen Einrichtungen, wie der Wiener Universitätsbibliothek (1756) oder der Wiener Stadtbibliothek (1780). Eine große Bestandserweiterung erfuhr die Bibliothek auch durch die Klosteraufhebungen unter Joseph II. (reg. 1780-1790). Schließlich sind die zahlreichen Büchersammlungen der Mitglieder des Hauses Habsburg selbst zu nennen, die über mehrere Jahrhunderte hinweg die Bestände bereicherten. So befinden sich in der Österreichischen Nationalbibliothek die Bibliothek aus Schloss Ambras, die 1665 nach dem Erlöschen der tirolischen Linie der Habsburger zu einem großen Teil nach Wien gebracht wurde, Teile der Grazer Schlossbibliothek der steirischen Linie der Habsburger (1758) und die habsburgische Familien-Fideikommissbibliothek (1920), letztgenannte im Bildarchiv.
Der umfangreiche Bestand an historischen Zeitungen und Zeitschriften enthält unter anderem das 1703 gegründete Wiennerische Diarium, das noch heute als Wiener Zeitung fortbesteht und somit als älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt gilt.
Bedeutend ist auch die Sammlung an historischen Einblattdrucken, Herrscherpatenten, Zirkularen und Dekreten, einzigartig der Bestand an Flugblättern und Amtsdruckschriften zur Revolution 1848.
Der Sammlungsbestand wird ständig erweitert: Neben der Komplettierung der historischen Bestände durch Neuerwerbungen und Schenkungen werden auch bibliophile zeitgenössische Druckwerke vor allem österreichischer Buchkünstlerinnen und Buchkünstler angekauft.