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- Biographie:
- "Ein Freund der Frauenbildung.
Am 5. Mai begieng [sic!] ein in den weitesten Kreisen bekannter Naturforscher, der durch Widerlegung der Hypothese von der Minderwertigkeit des weiblichen Gehirns auch in den Frauenkreisen allgemein bekannt geworden ist, und der auch stets zu seinen Vorlesungen Frauen bereitwillig zuließ, seinen 70. Geburtstag. Es ziemt sich, dass der "Lehrerinnen-Wart" des ehrlichen Freundes der Gleichberechtigung aller Menschen auf geistigem Gebiete mit einigen Worten gedenke. Professor Brühl wurde am 5. Mai 1820 zu Prag geboren, besuchte daselbst das Gymnasium und bezog dann die Wiener Universität, wo er in der Zeit von 1841-47 seine medicinischen Studien vollendete und in den Märztagen des Jahres 1848 als Freund des Volkes seine Stimme erhob, indem er schon damals Lehr- und Lernfreiheit forderte. Unter dem Unterstaatssecretär Freiherrn Ernst von Feuchtersleben wurde die Idee gefasst, ein naturwissenschaftliches Institut zu gründen und Brühl's Vorschläge in Erwägung gezogen; doch nach dem Tode des Dichter-Ministers musste Brühl ins Ausland gehen. Sieben Jahre lebte er theils in Italien, theils in Frankreich, besonders in Paris; erst 1855 kehrte er nach Wien zurück und wurde vom Grafen Leo Thun zum Professor der Zoologie an der Universität in Krakau, 1860 in Pest ernannt und noch im selben Jahre nach Wien berufen. 1863 wurde das zootomische Institut gegründet. Seit dieser Zeit datieren Brühl's unentgeltliche Vorlesungen, zu denen auch Frauen der Zutritt gestattet war. Dass die Zunfgelehrten Brühl's Gegner wurden, ist begreiflich, und noch mehr stieg die Zahl der Gegner, als Brühl den Irrthum der Feinde erweiterter Frauenbildung aufdeckte und nachwies, dass die Behauptung von der minderen Intelligenz der Frauen infolge der Kleinheit ihres Gehirns mindestens eine Selbsttäuschung, im eigentlichen Sinne aber ein Schwindel sei*, [Fußnote: Brühl machte aufmerksam, dass ja viele Frauen mehr Gehirnoberfläche haben, als mancher Universitätsprofessor.] da kein einziger Professor, der es ernst mit seiner Wissenschaft meine, nicht einmal leicht ein Frauengehirn von einem Männergehirn unterscheiden könne, geschweige die unerhebliche Differenz im Gewichte zu der komischen Behauptung aufbauschen könne, wie es z. B. Professor Bischof gethan, dass infolge einiger Gramm Mindergewicht die Frau das medicinische Studium nicht betreiben könne, als ob ein Extragehirn nöthig sei, um einzusehen, "dass wir im Heilgebiete" meist ernstlich nichts wissen können, und nur wohlwollende Versuche seitens der Ärzte gemacht werden können, Krankheiten vorzubeugen oder die Heilung zu beschleunigen, immer "auf gut Glück" hin, was jeder ehrliche Arzt ja eingestehen wird. Nach österreichischem Gesetz muss Professor Brühl jetzt von seiner Lehrkanzel zurücktreten. Er appelliert aber an das österreichische Volk, um ein anatomisch-zoologisches Volksmuseum zu gründen. Hoffentlich werden die Lehrerinnen, soweit es an ihnen liegt, die geringe Unterstützung einem Freunde ihrer Bildung lieber gewähren, als gewissen Journalen und Vereinen, welche über die Lehrerinnen herfallen und überall mitthun, wo es die Rechte des weiblichen Geschlechtes zu beschränken gilt. Th. B."
(aus: Der Lehrerinnenwart, 2. Jg., Nr. 7, 1890, S. 161)
- "Professor Dr. Karl Bernhard Brühl,
gest. 14. Aug. 1899
(...) Für die Frauenemancipation leistete er das Entscheidende, indem er die Gleichwerthigkeit des Frauengehirns mit dem des Mannes nachwies. Denn Lug und Trug hat von jeher der Menschheit das Licht der Wahrheit entzogen. Im Weltall zeigt sich überall das Princip der Unterjochung des Schwächern, vor Allem die Unterdrückung des Weibes von dem Mann, als dem physisch Stärkeren. Um jene aber ganz unter dem Joche der Sclaverei zu zwingen, erfand der Mann in der Studirstube die kategorische Trugformel: 'Das Weib ist nicht fähig, logisch zu denken, es ist vermöge seiner körperlichen Constitution mehr Gefühlsmensch, als denkendes Individuum', ja er geht so weit, falsche Schlüsse aus gegebenen Thatsachen zu ziehen, um die Inferiorität der Frau zu beweisen. Die Jahrtausende alte Bannung in die engbegrenzte Thätigkeit im Frauengemach, sowie die Autorität des unverletzbaren Sittengesetzes haben alles dazu beigetragen, um eine Widerlegung in dieser Hinsicht im Keime zu ersticken, bis es dem Zeitgeiste auch auf diesem Gebiete gelungen ist, sich zu nahen, um Befreiung von Anschauungen zu bringen, die bisher als unumstößlich gegolten haben, weil sie religiösen Gesetzen zugeschrieben wurden. Wenn nun auch erleuchtete Männer für die Frauen und Frauen selbst für ihre Sache mit dem Feuer der Ueberzeugung einer besseren Erkenntniß stritten, und Schritt für Schritt das Terrain eroberten, so gebührt Professor Brühl vor Allem, das von allen denkenden Frauen dankbar anerkannte Verdienst, durch seine auf dem Gebiete der Gehirnanatomie mit Fleiß und Genie gemachten Erforschungen und siegreichen Beweisführungen gegen andere Gelehrte, wie Bischof u. A., der Frau erst das Befähigungszeugniß und damit die Bestätigung des von der Hälfte der Menschheit an ihr begangene Unrecht in die Hand gedrückt zu haben, mit dem sie von nun an am erfolgreichsten böswilligen Anfeindungen entgegentreten kann, und somit verdient dieser Mann, daß sein Andenken im Herzen der Frauen nie erlöschen möge. Friede seiner Asche! E. Libicka."
(aus: Frauenleben, 11. Jg., Nr. 7, 1899, S. 3)
- Werke in der ÖNB:
- Einiges über die Gaben der Natur an die Frau und die Konsequenzen hieraus für Bedeutung, Stellung, Aufgaben und Rechte der Frau in der menschlichen Gesellschaft. - Wien, 1892
Signatur: 391.908-B.4.1892
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