aus: Die Österreicherin, 4. Jg., 1931, Nr. 3
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- Biographie:
- Mitglied der Gewerbekommission des Bundes Österreichischer Frauenvereine
- 1906 erste weibliche Beamtin im Gewerbe-Inspektorat
- "Am 28. Februar d. J. waren es 25 Jahre, daß die Frauenarbeit in einen besonders schwierigen und verantwortungsvollen Zweig staatlicher Verwaltungstätigkeit ihren Einzug hielt und Alice Ritter zur ersten Assistentin der Gewerbeinspektion in Österreich ernannt wurde. Die 25 jährige Diensttätigkeit, auf die Oberinspektor Alice Ritter zurückblickt, bildet ein ruhmreiches Blatt in der Geschichte der Frauenarbeit. Wenn mit der Einführung der weiblichen Gewerbeinspektion nur einer Forderung der Frauenbewegung prinzipiell entsprochen wurde, so ist es der taktvollen, unermüdlichen Pionierarbeit Alice Ritters zu danken, daß Schritt für Schritt der Aufgabenkreis der weiblichen Beamten erweitert und ausgebaut wurde, und daß bereits zwei Jahre nach ihrer Ernennung je eine Assistentin in Brünn und Graz, im Jahre 1912 je eine Aufsichtsbeamtin in Prag und Lemberg und im Jahre 1917 eine ganze Reihe weiterer Inspektorinnen bestellt wurden.
Anfänglich war die Tätigkeit der Gewerbeinspektorin nur auf die gemeiniglich von Frauen betriebenen Gewerbe (Frauen- und Kinderkleidergewerbe, Modistinnengewerbe, Wäscheerzeugung usw.) abgestellt. Die Kriegszeit, die ein immer stärkeres Anschwellen des in der Industrie beschäftigten Heeres weiblicher Arbeitskräfte zur Folge hatte, brachte die Sprengung des bisher abgestecken Wirkungskreises und die Einbeziehung von Großbetrieben, vornehmlich auch der Munitionsfabriken. Durch die Aufhebung des Verbotes der nachtarbeit in den unter Kriegsdienstleistung stehenden Betrieben, wurden die Beamtinnen oft vor sehr schwierige und komplizierte Probleme gestellt. Aber gerade die besonderen Kriegsagenden gaben Oberinspektor Alice Ritter Gelegenheit, ihre Begabung voll zu entfalten und insbesondere bei der Überprüfung der Enthebungsgesuche der Landsturmpflichtigen ihre Kenntnis der Betriebsverhältnisse zu verwerten.
Trotz der großen beruflichen Inanspruchnahme während der Kriegsjahre fand Alice Ritter noch Zeit, sich in ihren dienstfreien Stunden auf fürsorgerischem Gebiete zu betätigen, so bei der vom Handelsministerium geschaffenen 'Kälteschutzaktion' zur Beteilung der an der Front befindlichen Soldaten mit warmen Kleidungsstücken, bei der Berufsberatung für Kriegerwitwen u.v.a. In Würdigung ihrer Verdienste auf diesem Gebiete wurden ihr das Ehrenzeichen II. Klasse vom Roten Kreuze verliehen und für ihre außerordentliche Bewährung in ihrem amtlichen Wirkungskreis wurde sie mit dem Kriegskreuz für Zivilverdienste ausgezeichnet. Neben dieser mehr offiziellen Tätigkeit widmete sich Alice Ritter aber auch deer privaten Vereinsarbeit im Bund österreichischer Frauenvereine, in der Vereinigung der arbeitenden Frauen und in der Zentralstelle für Berufsberatung.
Als im Jahre 1921 das Spezialinspektorat für die Handels- und Verkehrsunternehmungen in Wien ins Leben gerufen wurde, erfolgte die Zuteilung Alice Ritters zu diesem Amt, da die Revisionen in den der Gewerbeinspektion neu unterstellten Betrieben wie Theater, Kino und anderen Vergnügungsstätten, besonders geschicktes Auftreten und größten Takt der amtierenden Funktionärin erfordert. (...)"
(aus: Die Österreicherin, 4. Jg., 1931, Nr. 3, S. 6)
- Sekundärliteratur:
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