Pressestimmen

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Kalter Krieg in Österreich. Literatur - Kunst - Kultur

Georg Renöckl
NZZ Online, 27.10.2010:
Der Band versteht sich als Kulturgeschichte der Anfangszeit der Zweiten Republik und hat das Ziel, gängige Fehlurteile über diese Epoche zurechtzurücken. Neben lesenswerten Beiträgen zu Grafikdesign, Rundfunk und konkurrierenden Lebensstilen konzentrieren sich die Aufsätze vor allem auf die österreichische Nachkriegsliteratur, der bisher meist eine gewisse (Zeit-)Geschichts-Vergessenheit attestiert wurde: Trümmerliteratur bzw. eine Beschäftigung mit den Verbrechen der Nazizeit und der Lage nach dem Zweiten Weltkrieg habe es in Österreich, anders als in Deutschland, so gut wie nie gegeben.

Zu Profile 16
Peter Handke. Freiheit des Schreibens - Ordnung und Schrift

Jan Volker Röhnert
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.5.2010:
Die hier praktizierte textgenetische Lektüre könnte man auch als eine Art Vorschule der Interpretation bezeichnen. Freilich sollte man Handkes Bücher schon vorher einigermaßen kennen. Wenn nicht, wird man hier im besten Fall dazu angeregt, dies nachzuholen. [...]
Wer genauer wissen will, wie Handke schreibt - sowohl was seine Schreibgeräte und -gewohnheiten als auch sein Schreibethos betrifft -, ist mit dieser Sammlung gut beraten.
Fabian Thomas
literaturkritik.de (18.03.2010):
Der vorliegende Band versammelt ein langes, äußerst gut lesbares Gespräch zwischen Handke und den Herausgebern, das eben um die Themen Schrift und Schreiben kreist. Die dann folgenden Beiträge über Übersetzung (von Handke und durch Handke) erweitern den ursprünglichen Themenkreis überraschend durch ihren interkulturellen Ansatz.
Eigentliches Herzstück und Anlass des Bandes sind - und das mit voller Berechtigung - die reproduzierten Auszüge aus dem auf so unerwartet offenherzige Weise bereitgestellten Entstehungsmaterial selbst: Hier ist es den Herausgebern vorzüglich gelungen, den Illustrationen den nötigen Platz einzuräumen. Von der bekritzelten Serviette bis zur handschriftlich korrigierten Druckfahne des letzten Romans "Die morawische Nacht" reichen die unterschiedlichen Beispiele, die die "Freiheit des Schreibens" illustrieren. Und nicht zuletzt ein Faszinosum ist die so gut lesbare Handschrift, die schon lange vor den Jahren 2007/2008, nämlich 1956, ihre endgültige Gestalt angenommen hat: im Schulaufsatz "Meine Füllfeder". Dort heißt es: "Still und bescheiden liegt sie in meiner Hand, ein gefügiges Werkzeug meines Willens. Was sie wohl schon alles mitgemacht hat? An ihrem schäbigen, schon etwas lichterem Blau, von den Rissen in ihrem armen, geplagten Körper erkennt man ein langes, arbeitsreiches Leben."
Maja Rehbein
Info 3, März 2010:
Einer der geheimnisvollsten Schriftsteller der Gegenwart ist Peter Handke. Dieses Buch lädt uns in seine Werkstatt ein. Wir dürfen seine Arbeitsmaterialien betrachten und am erregenden schöpferischen Prozess teilnehmen.
Lothar Struck
Glanz & Elend. Magazin für Literatur und Zeitkritik., 23.11.09:
Die Aufsätze in diesem Band sind bis auf wenige Ausnahmen aufschlussreich und anregend und weitgehend von wichtigtuerischem Germanistenton befreit. Die Verbindung mit den zahlreichen Faksimiles aus Handkes "Vorlass" ist sehr gut gelungen und stellt eine Bereicherung dar. Die Sichtungen der Materialien steht offensichtlich erst am Anfang. Insofern stellt dieses Buch eine Art Zwischenstation dar. Dennoch sollte es bei keinem ambitionierten Handke-Leser fehlen.
Bernhard Flieher
Salzburger Nachrichten vom 6.11.2009:
Handke stöpselt seine Texte nicht zusammen, er schreibt sie in einem durch. Und dazu muss zuvor der Kopf gefüllt werden. Kopfarbeit und nicht Papierarbeit betreibe Handke, sagt Kastberger.
Notizbücher, Polaroidfotos, Landkarten, auf denen er die Routen seiner Wanderungen einzeichnet, gibt es. So, als hätte er schon alles bereitet für eine literaturwissenschaftliche Aufarbeitung, hat Handke gesammelt und alles mit Daten versehen. [...] Handke hinterlässt eine riesige Fundgrube. Minutiös kann man sich von den Vorstufen hin zum Text voranarbeiten.
Evelyne Polt-Heinzl
Die Presse, Spectrum, vom 26.09.2009:
Das Österreichische Literaturarchiv hat noch unter Wendelin Schmidt-Dengler Ende 2007 einen großen Teil des Vorlasses von Peter Handke erworben; nur knapp zwei Jahre später liegen erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung vor, erschienen als Nummer 16 der hauseigenen Reihe "Profile" unter dem Titel "Freiheit des Schreibens - Ordnung der Schrift". Im wörtlichen Sinne kann man Handkes "Ordnung der Schrift" nachvollziehen. [...]
Die unglaubliche Regelmäßigkeit der Schreibbewegung in den mit Bleistift geschriebenen Manuskripten erfüllt mit Bewunderung und Ehrfurcht. In einem in diesem Band abgedruckten Interview [...] gibt Handke eine pragmatische Erklärung: Er gibt die handgeschriebenen Blätter zum Eintippen an den Verlag und will damit keine Probleme haben. Deutlich freier und ungezügelter ist das Schriftbild der abgedruckten Seiten aus den Notizbüchern [...] Das zeigt sehr schön, wie die Sekundärliteratur das Kultische und Sakrale in den Autor und seine Arbeitsmittel hineinlegt, das sie ihm dann gerne vorwirft.

Zu Profile 14
Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945

Thomas Leitner
Buchkultur 116/2008:
Die Veranstaltungsreihe des literarischen Quartiers der Alten Schmiede in Wien "Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945" läuft seit 2002 und findet nun ihren schriftlichen Niederschlag in einem Band der "Profile", dem Magazin des österreichischen Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek. 25 Bücher, großteils Romane, aber auch 6 Gedichtzyklen, wurden bisher behandelt und finden Eingang in diese Publikation. Der zeitliche Rahmen spannt sich von Ilse Aichingers 1948 erschienenem Roman "Die größere Hoffnung" - dem übrigens 2002 auch die Eingangsveranstaltung der Serie gewidmet war - bis zu Gerhard Roths "Labyrinthe" aus dem Jahr 2005. Den großen Reiz dieser Sammlung macht die duale Herangehensweise an die einzelnen Werke aus: In der Regel treffen ein Schriftsteller und ein Germanist aufeinander, bei lebenden Autoren schließt die Präsentation mit einem Gespräch mit eben diesem. [...] Die Vermittlungsarbeit zwischen Literaturwissenschaftlern und Schriftstellern, die ja überhaupt den besonderen Geist der Alten Schmiede atmosphärisch bestimmt, macht das Buch lebendig und vielschichtig.
W.P.
Profil vom 3.12.2007:
In der jüngsten Nummer des Publikationsorgans des Österreichischen Literaturarchivs und der Nationalbibliothek werden 25 "Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945" vorgestellt, eine Auflistung bedeutender Autoren und wichtiger Werke, die von renommierten Literaturwissenschaftern wie Wendelin Schmidt-Dengler und Daniela Strigl und Schriftstellern (etwa Robert Schindel und Franz Schuh) ohne Kanonisierungsabsicht vorgestellt und einer sachten Neuinterpretation unterzogen werden - unter anderem klassische Literaturarbeiten wie Franz Innerhofers "Schöne Tage", Elfriede Jelineks "Lust" und Thomas Bernhards "Frost".
Qet
Neue Zürcher Zeitung vom 12.1.2008:
Dass der Kanon oft das Ende der Debatten ist, lässt sich an vielen Versuchen zeigen, die Literatur in eine klassifizierende Ordnung zu bringen. Dass mit dem Kanon die Diskussionen mitunter aber auch erst beginnen, ist mit einer vorzüglichen Veranstaltungsreihe der Wiener "Alten Schmiede" und des Linzer Stifterhauses bewiesen, die sich seit 2002 mit den "Grundbüchern" der österreichischen Literatur befasst. Die Essenz dessen, was seit 1945 in diesem Land erschienen ist, wird zum Gegenstand einer im besten Sinn skrupulösen Auseinandersetzung. [...] Die dazu verfassten Essays füllen jetzt einen von Klaus Kastberger und Kurt Neumann herausgegebenen Band, der selbst zum Grundbuch der Beschäftigung mit österreichischer Literatur werden könnte. Das Geschriebene nicht als Festgeschriebenes zu betrachten, ist die Grundtugend eines Prozesses, der konsequenterweise auch noch nicht zu Ende ist. "Erste Lieferung" steht als Zusatz auf einem in jedem Sinn erhellenden Buch.
scht
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.1.2008:
Alles auf einmal wäre ein wenig viel. Denn die Liste der Schlüsselwerke einer Nationalliteratur kann je nach den angelegten Maßstäben eine lange sein. Daher bieten Klaus Kastberger und Kurt Neumann vorläufig auch nur eine "Erste Lieferung": "Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945" sind die bisherige Ergebnisse der gleichnamigen Veranstaltungsreihe der Alten Schmiede in Wien und des Stifterhauses Linz. Texte, die aus der Sicht von Künstlern, Kritikern oder Wissenschaftlern eine "exemplarische Stellung" in der Literatur des Landes eingenommen haben, werden aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln und methodischen Zugriffen beleuchtet. Manchmal eher wissenschaftlich-analytisch, dann wieder im Gespräch mit den Autoren oder auch auf literarische Weise nähern sich Experten der österreichischen Literatur wie Klaus Amann und Wendelin Schmidt-Dengler Werken von Aichinger bis Handke, von Bachmann bis Jelinek.

Zu Profile 12
Ernst Jandl. Musik Rhythmus Radikale Dichtung.

Benedikt Erenz
Die Zeit vom 11.8.2005:
Ein Jandl-Album von Jandl-Kennern für Jandl-Liebhaber. Also für alle.
Leopold Federmair
www.literaturhaus.at, 6.2.2006 (http://www.literaturhaus.at/buch/fachbuch/rez/Jandl_Musik/ [Stand: 29.11.2006]):
Als "Magazin" bezeichnet sich die vom Literaturarchiv der österreichischen Nationalbibliothek herausgegebene Buchreihe Profile, und der zwölfte, Ernst Jandl gewidmete Band erfüllt den Anspruch, eine vielfältige Mischung zu bieten, aufs beste: Einblick in die Werkstatt des Dichters; Herausforderungen, denen seine Übersetzer begegnen; literaturwissenschaftliche Beiträge, Fotos, Zeichnungen Jandls, unveröffentlichte Gedichte, Übersetzungen.
Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 27.8.2005:
Der von Bernhard Fetz herausgegebene und in der 'Profile'-Reihe des Österreichischen Literaturarchivs erscheinende Band zu Ernst Jandl nimmt sich im schönen Bogen poetologischer und biografischer Fragen an. Es ist eine Jandl-Hommage, die den Menschen nicht weniger diesseitig zeigt als den Künstler. Das Buch lebt von Fotografien und den Abbildungen kräftig durchfurchter Manuskriptseiten. Jandl mit Schrägstrich, wie Heinz Schafroth das einmal genannt hat - das ist ein Leben getrennt geführter Liebe. Einer Liebe zu Friederike Mayröcker, zur Literatur und zu sich selbst.
Ann-Catherine Simon
Die Presse vom 1.8.2005:
Das Verworfene, Ausgeschiedene, Korrigierte in Jandls Textproduktion sei ein "Gegengewicht gegen die Tendenz einer trivialisierenden Verfestigung der Textgestalt in der Jandl-Rezeption", meint Herausgeber Bernhard Fetz. Wer Jandl ernst nimmt, spielt mit ihm. Die Übersetzer wissen, dass man diesem Autor anders nicht beikommt: Aus ihrer Sicht lernt man im Buch den "englischen", "italienischen" und "spanischen" Jandl kennen - und erfährt, was "schtzngrmm" auf Spanisch heißt: "trnchnbmm".
Wolfgang Paterno
Profil vom 1.8.2005:
Eine Jandl-Leseverführung

Zu Profile 11
Die Dichter und das Denken. Wechselspiele zwischen Literatur und Philosophie.

Martin Sexl
Salzburger Nachrichten, 4.10.2004, Ausgabe 298, Lebensart:
Ich muss gestehen, dass mich doch auch ein kleines bisschen 'niedere Instinkte' angestachelt hatten, als ich mich für die Rezension des vorliegenden Bandes 'angemeldet' hatte: "Noch ein Sammelband über Literatur und Philosophie! Die eine Hälfte der Beiträge in solchen Sammelbänden sucht nach Spuren altbekannter Philosophen - selten Philosophinnen - in altbekannten literarischen Texten, die andere Hälfte nimmt die Texte jener Philosophen - selten Philosophinnen - auseinander, die sich eines 'literarischen Stils' befleißigen." Mein Schadenfreude-Zentrum im Gehirn meinte da: "Das Buch werden wir aber ganz schön auseinander nehmen!"
Als das Buch dann auf meinem Schreibtisch lag, war der erste Gedanke nur: "Was für ein schönes Buch!" - und der zweite und der dritte ebenso. Ich liebte das Buch schon, bevor ich eine Zeile davon gelesen hatte: die Bilder, Fotos, die Faksimile-Abbildungen, das Druckbild, die Kompaktheit, die auch nicht durch Fußnoten gestört wird - immer wieder nahm ich den Band zur Hand, um ihn einfach durchzublättern, ohne zu lesen.
Beim Lesen dann verflüchtigte sich der erste Eindruck keineswegs, im Gegenteil, er vertiefte sich. Und etwas beschämt erinnerte ich mich an meine allzu voreilige Schadenfreude, an meine Urteile und Vorurteile, welche nun von den Beiträgen des Bandes so eindrücklich widerlegt wurden. Sammelbände sind Sammelsurien und Anhäufungen von Dingen, die eine gewisse gemeinsame Themenstellung, ansonsten aber keine Ähnlichkeiten aufweisen - und die auch alle für sich alleine existieren könnten und können. Die schlechten unter diesen Zusammenstellungen erinnern an Wohnungen, in denen sich Urlaubsmitbringsel anhäufen, deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, eben Urlaubsmitbringsel zu sein. Die besseren unter ihnen - und dieses Buch gehört zweifelsohne zu dieser Sorte - sind liebevolle Arrangements, die es erlauben, Zusammenhänge wahrzunehmen, die sich erst in der Ordnung einzelner Gegenstände (sprich: Beiträge) - so willkürlich gewählt diese Ordnung auch erscheinen mag - ergeben. Gerne hätte ich mehr über dieses Buch geschrieben - aber der Platz für eine Rezension ist knapp bemessen -, denn über die Solidität aller Beiträge hinaus regen die meisten unter ihnen an zum Weiterdenken und Weiterschreiben. Ein schönes Buch, ein gelungenes Buch - rundum.
rox
Neue Zürcher Zeitung, 9.10.2004, Ressort Feuilleton:
Dichter contra Denker. Der Streit zwischen Denkern und Dichtern darüber, ob denn die Vertreter der einen Gilde denen der anderen ins Handwerk pfuschen, geht schon lange und ist weiterhin unentschieden. Nichtsdestoweniger ist das Thema herrlich und lehrreich und darüber hinaus: ein schönes Feld für angewandte Studien im literarischen Grenzgängertum. Die österreichische Literaturkritikerin Daniela Strigl eröffnet einen entsprechenden Band mit einer Etüde über "Denker als Dichter. Warum sie so gute Bücher schreiben". Nicht zu vergessen sei zunächst einmal, dass sich unter den Literatur-Nobelpreisträgern allein vier Denker finden: Henri Bergson (1927), Bertrand Russell (1950), Albert Camus (1957) und Jean-Paul Sartre (1964). Vorbild und klassisches Beispiel für ein unbekümmertes Grenzgängertum zwischen den Sphären ist Nietzsche, der in "Ecce homo" selbst der Frage nachgeht, "Warum ich so gute Bücher schreibe". Ob Heidegger ein ebenso guter Schreiber wie Denker gewesen ist, darüber liesse sich freilich des Längeren streiten. Bei der Lektüre einiger Heidegger-Gedichte kann man sich in der Tat fragen, ob man es nun mit schlechter Philosophie oder mit schlechter Handhabung der Sprache zu tun hat.
Anton Thuswaldner
Salzburger Nachrichten, 24.12.2004, Ausgabe 298, Lebensart:
Wer nicht glauben mag, dass Dichter Originalgenies sind, die ihr Werk unmittelbar aufs Papier schleudern, kann hier nachlesen, wie Dichtung und Theorie zusammengehen. Denken ist nicht der natürliche Feind der Poesie, es hilft der Literatur erst so richtig auf die Sprünge. Ein Dossier ist Günther Anders gewidmet, dem Philosophen, der der Widersetzlichkeit der Kunst bedurfte, um zu seiner philosophischen Theorie zu kommen, und der Literatur schrieb auf dem Fundament seiner philosophischen Bildung.

Zu Profile 10
Die Teile und das Ganze. Bausteine der literarischen Moderne in Österreich.

Hannelore Schlaffer
Stuttgarter Zeitung vom 13.5.2003:
Die Ausstellung "Die Teile und das Ganze. Bausteine der literarischen Moderne in Österreich", die sich Marbach vom Österreichischen Literaturarchiv Wien ins Haus geholt hat, widmet sich mit dem fragmentarischen Werk einem Problem der Moderne - die Postmoderne des Ausstellungsstils aber hat, gottlob, die Österreicher noch nicht eingeholt. Zwar leiten ein paar groß bedruckte und Raum füllende Spruchbänder aufs Thema hin und in die Räume mit den Vitrinen hinein. Dort aber ist die Askese der standhaften und standfesten Lektüre gefordert. Weiß auf Schwarz erklären Kommentare, in kleinen Buchstaben gedruckt, welche Not die Dichter der österreichischen Moderne, also Kafka, Musil, Hofmannsthal, Broch, Bachmann und Bernhard, mit der Vollendung ihrer Werke hatten.
Das Unvermögen, einen Text abzuschließen, interpretieren die Ausstellungsmacher als Unwillen gegen die Tradition, die ans vollendete Werk des inspirierten Genies glaubte. "Das Fragment", so Wendelin Schmidt-Dengler, "bedeutet Protest gegen die Autorität des Monumentalen, das den Schein der Geschlossenheit suggerieren will." Diesem Protest schließt sich die Ausstellung selbst an, denn was sonst wäre hier zu sehen als vom Fragment noch einmal ein Fragment: das Manuskriptblatt.
Konzeptfetzen und Skizzen zu Bühnenbildern etwa zeigen den langen Weg, den Ödön von Horváth ging, um von dem Film "Mädchenhandel" über viele verworfene Fassungen zu den "Geschichten aus dem Wiener Wald" zu gelangen. Broch wiederum hat den Entwurf der "Schlafwandler" gewissermaßen hinter Gitter gestellt: Er überzieht seine Seiten kreuz und quer mit Strichen und sagt sich selbst damit, dass keiner seiner Entwürfe auf ein gültiges Ende zuschreiten werde. Die Fragmentarisierung des Werkes in der Moderne dokumentiert sich also optisch durch gehäufte Streichungen, Überschreibungen, Kritzeleien. Sie drücken die Ungeduld des Autors aus, der eine komplizierte Welt mit den sich auflösenden poetischen Formen nicht mehr zu fassen vermag.
Solange den Betrachter seine Füße tragen, hat er deshalb im doppelten Sinne die Moderne vor Augen: das Fragment als poetologisches Konzept und das Manuskriptblatt als Concept-art. Der Dichter erscheint bei der Arbeit als Maler, der mit Formen und Farben seinen Text der Komplexität des modernen Denkens anzupassen sucht. (...) Heimrad Bäcker treibt das Spiel mit den Partikeln der Sprache bis zur letzten Konsequenz und gelangt bei der konkreten Poesie an, die Wortkunstwerk und Bild in einem ist.

Zu Profile 9
Frauen verstehen keinen Spaß

Susanne Ostwald
Neue Zürcher Zeitung vom 10.10.2002:
Man erfreut sich an der spezifischen Absurdität eines Vorurteils, greift es spielerisch, scheinbar bestätigend auf, um seine Argumente mit Humor zu entwaffnen - und welches Vorurteil scheint dafür besser geeignet zu sein als jenes, welches den neunten Band der Zeitschrift "Profile" betitelt: "Frauen verstehen keinen Spaß".
Christa Salchner
Die Furche (Wien) vom 2.1.2003:
"Frauen verstehen keinen Spaß" bietet Innenansichten von 38 prominenten Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen und Schriftstellerinnen und dokumentiert ein spannungsgeladenes Stück Frauengeschichte.

Zu Profile 8
Ödön von Horváth. Unendliche Dummheit - dumme Unendlichkeit.

Renate Langer
bn.bibliotheksnachrichten (Salzburg), zitiert nach Rezensionen online, 2002:
Ödön von Horváth, der scharfsichtige Chronist der Zwischenkriegszeit, dessen Figuren sich durch ihren Jargon selbst demaskieren, zählt heute zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschsprachigen Bühnen, und sein Roman "Jugend ohne Gott" ist zur Pflichtlektüre an Schulen avanciert. Anlässlich des 100. Geburtstags dieses Autors, der 1938 durch einen schaurigen Unfall in Paris ums Leben kam, haben renommierte Germanisten sein Werk aus neuen Perspektiven untersucht. Die Beiträge befassen sich u. a. mit Horváths Sprache, seiner Kurzprosa und der Inszenierungsgeschichte seiner Stücke. Karl Müller legt das mythologische Substrat vieler Texte frei und weist insbesondere den Einfluss der Bibel auf Horváths Schreiben nach: Bei aller sozialgeschichtlichen Präzision sind die Figuren zugleich Akteure in einem metaphysischen Geschehen. Ein umfangreiches Dossier beleuchtet Horváths komplexes Verhältnis zum Kino, das in vielen seiner Werke Spuren hinterlassen hat. Dass er in den dreißiger Jahren, als Dramatiker brotlos geworden, in der deutschen Filmindustrie als Scriptautor Fuß zu fassen versuchte, dürfte auch vielen Horváth-Kennern bislang unbekannt gewesen sein. - Ein weiterer wissenschaftlicher solider und reich bebilderter Band aus der Reihe "Profile", die für Qualität bürgt.
Richard Reichensperger
Der Standard (Wien) vom 27.9.2001:
1989 konnte das Literaturarchiv der Nationalbibliothek gemeinsam mit der Wiener Stadt- und Landesbibliothek den Nachlaß Ödön von Horváths erwerben. Eine Sensation. Der genaue Blick auf diesen, wie ihn der besonders schöne profile-Band Klaus Kastbergers dokumentiert, zerstört Klischees: In den Skizzen, Vorstufen, Arbeitsphasen wird deutlich, dass Horváth keineswegs der "einfache", bloß auf Reden im Berliner Bierlokal Aschinger hinhörende Autor ist.
Hier ist ein neuer Horváth zu entdecken! Nicht nur, weil in einer Vorstufe der Geschichten aus dem Wienerwald München noch eine viel stärkere Rolle spielt. Sondern auch, weil sinnfällig wird, wie klar und auch abstrahierend Horváth arbeitete. Und dann gibt es (...) im profile-Band sehr schön, noch eine weitere Linie: Ödön von Horváth und der Film. Zwischen Filmpalästen, Filmplakaten, Filmbesuchen und Notizheften mit eigenen Filmprojekten - da entschwebt Ödön von Horváth endgültig: nicht nur in die Probleme der Gegenwart (wie schon in der schön fremden Marthaler-Deutung), sondern auch in den Äther. In ein flirrendes Licht, das überhaupt nicht mehr bayrisch und noch weniger österreichisch ist.
Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 19.10.2001:
Die vom Österreichischen Literaturarchiv herausgegebene Reihe "Profile" geht der Künstlichkeit von Horváths Menschennaturen nach, sie liefert im Band "Ödön von Horváth. Unendliche Dummheit - dumme Unendlichkeit" wichtige Befunde zu einem Werk, das längst noch nicht ausgelotet ist. Mit den Grundlagen der Psychoanalyse wird Horváths dramatisches Personal konfrontiert, die Pointenlosigkeit der Kurzgeschichten wird ebenso untersucht wie der verräterische Ort der Horváth'schen Kunstsprache. Wenn sich das Unbewusste ins Bewusstsein mischt, setzt Horváth Zäsuren, in denen die dunklen Seelen seiner Stücke kenntlich werden: Die Suada des Spiessers gerät ins Stocken. - Ein Dossier über Ödön von Horváths Verhältnis zum Film, bei dem er sich als Drehbuchschreiber verdingte, ergänzt die photographisch hervorragend illustrierten "Profile".
Engelbert Washietl
Wirtschaftsblatt (Wien) vom 19.10.2001:
In "Profile" des Zsolnay-Verlags erschienenen "Ödön von Horváth - Unendliche Dummheit - dumme Unendlichkeit" spüren mehrere Autoren der ebenso hintergründigen wie gesellschaftskritischen Sprachgewalt des Autors nach. (...)
Die Literaturwissenschafterin Evelyne Polt-Heinzl widmet sich in dem Buch auch den Querverbindungen zwischen Horváth und dem Film.
Er war mit Paul Hörbiger befreundet und hatte auch literarisch für die aufstrebende Kino-Industrie zu arbeiten versucht. Auch wenn sein Wirken in der Branche insgesamt nur peripher blieb, wie Polt-Heinzl anmerkt, ist das Kapitel aus zeithistorischen Gründen interessant: Es führt von den Kino-Anfängen (Horváth: "Du könntest doch Filmstar werden - mußt nichts reden, nur aussehen") in die nationalsozialistische Ära. Sie trieb Horváth letztlich zur Reise ins Exil - und nach Paris, wo ihn am 1. Juni 1938 das Schicksal in Form eines im Sturm herunterstürzenden Astes ereilte.
Wolfgang Huber-Lang
Austria Presse Agentur vom 3.12.2001:
Kastberger widmet sich den "Revisionen im Wiener Wald" und zeigt anhand der Genese des Stückes nicht nur die Modernität der Arbeitsmethode Horvaths ("ein Monteur, der an seinem Textmaterial herumgeschnitten, es immer wieder neu zusammengeklebt und vielfach überarbeitet hat"), sondern dass das vermeintlich typisch Wienerische der "Geschichten aus dem Wiener Wald" zunächst einmal in der Münchner Schellingstraße angesiedelt war.
Neben drei aus Fotos bestehenden Zwischenkapiteln und einigen germanistischen Untersuchungen (so widmet sich Wendelin Schmidt-Dengler Horvaths Kurzprosa, Johanna Bossinade den Paarbildungen in "Geschichten aus dem Wiener Wald" oder Johann Sonnleitner dem berühmten "Bildungsjargon" bei Horvath) enthält der Band auch ein längeres Dossier von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell über "Horvath und der Film", das als Ausstellungskatalog zu der bis 17. Dezember laufenden Ausstellung in der Österreichischen Nationalbibliothek gedacht ist. Besonders interessant sind jene Beiträge, die sich der Horvath-Rezeption und -Interpretation auf den Bühnen widmen. So belegt etwa Kurt Bartsch, dass die Österreichische Erstaufführung der "Geschichten aus dem Wiener Wald" 1948 am Volkstheater ungleich kritischer aufgenommen wurde als die Berliner Uraufführung 1931, und widmet sich Hajo Kurzenberger einigen der zahlreichen Horvath-Inszenierungen der vergangenen Jahre. So unterschiedlich die Ansätze von Andrea Breth ("Der jüngste Tag"), Andreas Kriegenburg und Christoph Marthaler ("Kasimir und Karoline") sowie Martin Kusej ("Geschichten aus dem Wiener Wald") sind, sie belegen doch eines: Horváth lebt.
Marietta Piekenbrock
Frankfurter Rundschau vom 8.12.2001:
Die gelungenste Horváth-Hommage ist dem Wiener Zsolnay-Verlag geglückt, der eine illustrierte Essaysammlung herausgegeben hat, deren Klugheit sich mit dem schönen Titel tarnt: Ödön von Horváth. Unendliche Dummheit - dumme Unendlichkeit.
SIM - Special Interest Magazines (Wien), Heft 4/Dezember 2001:
Unerlässlich für Horváth-Liebhaber!
BUCHKULTUR (Wien), Nr. 77 vom Dezember 2001:
Einen anderen Zugang bietet der von Klaus Kastberger herausgegebene Band Ödön von Horváth. Erschienen ist er in der Reihe Profile, dem Magazin des Österreichischen Literaturarchivs. Die einzelnen Beiträge beschäftigen sich fundiert und kompetent mit der Verortung Horváths (erfrischend originell ist dazu Helmuth Lethens Beitrag über Horváths Biotope), seiner Arbeitsweise, den Problemen einer Horváth-Edition, seiner sprachlichen Produktion sowie einzelner Motive. Weitere Themen beschäftigen sich mit der Wirkung von Horváths Dramen nach 1945 und seinem noch wenig erforschten Verhältnis zum Film. Für eine weitere Auseinandersetzung mit Horváth bietet dieser Band sicher zahlreiche Anregungen.
Falter (Wien), Nr. 50/2001:
Der im Rahmen der Schriftenreihe des Österreichischen Literaturarchivs und infolge eines Symposiums erschienene Band versammelt u.a. eine detaillierte Analyse zur Entstehungsgeschichte der "Geschichten aus dem Wiener Wald" (Klaus Kastberger) (...) Das reihhaltig illustrierte Buch enthält auch den Katalog zur Ausstellung "Geborgte Leben".

Zu Profile 7
Wien-Berlin. Mit einem Dossier zu Stefan Großmann.

Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 24.07.2001:
Den Triumph der Grossstadt über die zur Provinz herabgewirtschaftete Metropole beschreibt der Band "Wien-Berlin", der die Reihe "Profile" des Österreichischen Literaturarchivs fortsetzt. Die "Profile" setzen mit erfrischender Leichtigkeit dort an, wo sich archivarisches Material wieder zu Lebensumständen verdichtet. So würdigt "Wien-Berlin" die Protagonisten einer Epoche als Reisende in Sachen eigener Kunst und zwischen zwei Orten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Michael Rohrwasser
Literaturhaus Wien (buchmagazin online) am 30.07.2001:
Der Band, der nun in der Reihe PROFILE des österreichischen Literaturarchivs erschienen ist - herausgegeben von Bernhard Fetz und Hermann Schlösser - widmet sich in umfassendem wie ausführlichem Sinn einzelnen Episoden dieser Bilder-Geschichte und den subtilen Relationen dieser Städtebilder (...) Er umfaßt zehn Aufsätze zu Feuilleton, Literatur, Theater, Film, Werbung, Karl Kraus, Vicki Baum, Gina Kaus, Robert Müller, Arnold Schönberg, Hanns Eisler u.a., dazu ein spannendes "Dossier" zu Stefan Großmann, bestehend aus vier Aufsätzen und bislang unveröffentlichten Briefen an den Meister, und schließlich vier "poetische" Blicke auf die alten/neuen Metropolen. (..:) Die Beiträge sind spannend, intelligent und stilsicher. Der Band enthält außerdem eine Reihe von Dokumenten und Photographien, die sich nicht auf das Bekannte und Erwartbare beschränken (verblüffend: Gerhart Hauptmann in die Betrachtung von Stefan Großmanns Tochter versunken, die am Strand von Rapallo einen Handstand einübt).
Bert Rebhandl
Der Standard (Wien) vom 14.04.2001 (Album):
Besonders verdienstvoll aber ist, dass die Profile an Stefan Großmann erinnern (...) in Berlin gehörte er in den Zwanzigerjahren zur besten Gesellschaft, wie ein Bild von der Feier seines 50. Geburtstags im Hotel Adlon beweist. Seine Zeitschrift Tage-Buch galt als der Weltbühne gleichrangig (...)
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.05.2001:
Der von Bernhard Fetz und Hermann Schlösser herausgegebene Band (...) ist dort am interessantesten, wo es nicht um die sogenannte Achse Wien-Berlin, sondern um die damit verbundenen Klischees geht.

Zu Profile 6
Ein treuer Ketzer. Manès Sperber - der Schriftsteller als Ideologe.

Christiane Zintzen
Neue Zürcher Zeitung vom 1.11.2000:
Nach Bänden über Werkgenese und Handschrift, nach Monographien über Otto Basil, Hilde Spiel und über die Nachkriegs-Avantgarde legt das Österreichische Literaturarchiv nun in der Reihe "Profile" ein 'compte rendu' zu Manès Sperber vor. (...)
Dass mit Sperbers Spuren die komplexen Fährten wendungsreicher Zeitgeschichten aufzunehmen sind, profilieren die sechs Beiträge zu Leben und Werk.
Sperber, im galizischen Städchen Zablotow nach chassidischer Tradition erzogen, widerfuhr früh jenes Schicksal von Vertreibung und Flucht, welches für das 20. Jahrhundert so charakteristisch werden sollte: Aus der Kampfzone heranrückender Fronten rettete sich die Familie 1916 in die Haupt- und Residenzstadt Wien, welche sich - von der ärmlichen Leopoldstädter "Mazzesinsel" aus - freilich wenig glanzvoll ausnahm. Kreise linker Jungzionisten entflammten den Heranwachsenden für sozialpolitische Agenden. Alfred Adlers individualpsychologische Vorträge leisteten ein Übriges. 1921 brillierte der kaum Sechzehnjährige mit einem ersten Referat: nicht zufällig über "Die Psychologie des Revolutionärs". (...)
1933 als "Literat der Kommune" kurzfristig von den Nazis inhaftiert, floh Sperber über Wien, Prag und Zagreb ins Pariser Exil.
Der kommunistischen Illusion ein schmerzhaftes Fanal, wurden die Moskauer Schauprozesse zum Schibboleth der Bewegung: Als Sperber 1937 die Partei verließ, trug er als Schmuggelware jenes Manuskript Arthur Koestlers bei sich, welches als "Sonnenfinsternis" die europäische Intelligenz aufstören sollte. Dass Sperber in Literatur und Leben, speziell jedoch in seinem umfangreichen essayistischen Werk, fortan als konsequenter Antikommunist auftrat, trug ihm, wie Wendelin Schmidt-Dengler pointiert, nicht wenig "Lob von der falschen Seite" zu und ein. (...)
Erhebt sich unwillkürlich die Frage, wie der als "Doppelzüngler" und "Renegat" Denunzierte wohl das Syndrom der "Wendehälse" nach 89 kommentiert hätte, so werfen auch die archivalisch tief geschürften "Profile" mehr produktive Fragen auf, als sie zu kommoder Zufriedenheit lösen.
Thierry Elsen
read!! (Wien) vom November 2000:
Es geht vielmehr um die Person und Figur Sperber, mit all ihren Widersprüchen. So arbeitet die Mitherausgeberin des Bandes Mirjana Stancic die Biografie des Autors auf und bietet auch 'absolute beginners' einen schnellen Zugang zur Person Sperber. Der zweite Mitherausgeber dieser Aufsatzsammlung, Wilhelm Hemecker, bearbeitet das Verhältnis Freud - Adler - Sperber im Spannungsfeld Psychoanalyse (Freud), Individualpsychologie (Adler) und dialektisch-materialistische Psychologie (Sperber). Genau in diesem Themenkomplex wird das letzte wissenschaftliche Wort sicher noch nicht gesprochen worden sein. Nicht weniger von Interesse sind beispielsweise die Aufsätze von Michael Rohrwasser und Klaus Amann. Erster behandelt das Spannungsverhältnis zwischen Sperber und dem Kommunismus. Zuerst glühender Anhänger, dann Renegat und Kritiker. Rohrwasser arbeitet bravourös heraus, wie Sperber in seinem Lebensrückblick die Parteimitgliedschaft zu relativieren und zu glätten versucht. Indem er seine eigene Rolle zu minimieren sucht und auf andere GenossInnen ablenkt, zeigt sich welch braver Parteisoldat er gewesen sein muß. (in Klammern sei bemerkt, daß diese Taktik in der Tagespolitik von einigen selbst ernannten Saubermännern und Sauberfrauen bis zum Exzeß betrieben wird.) Amann analysiert die Dankesrede von Sperber, nach der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1983 in Frankfurt. Die Rede war ein Affront gegen die Friedensbewegung und irritierte vor allem die Intelligenz der Bundesrepublik.
Abgerundet wird der Band einerseits durch die zahlreichen Illustrationen, aber auch durch Briefe aus dem Nachlaß. (Briefe von Albert Camus, André Malraux, Upton Sinclair u.a.). Andererseits sind natürlich auch der Beitrag von Siegfried Lenz zu nennen (eine erweiterte Fassung der Laudatio auf Manès Sperber zur Verleihung des oben angesprochenen Preises) und das bereits erwähnte Gedicht von Robert Schindel, das mehr als eine Einleitung darstellt. Robert Schindel und Manès Sperber verbinden nicht nur ähnliche Lebensentwürfe. Nein, das Gedicht könnte als Konnex zwischen Sperber in der (politischen) Gegenwart verstanden werden.
Egon Schwarz
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.2.2001:
Das Magazin "Profile" des Österreichischen Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek pflegt literarische Themen auf hohem Niveau darzustellen. Das vorliegende Heft ist Manès Sperber gewidmet, den die Einleitung einen "Románcier, Autobiographen, Essayisten, Philosophen, Soziologen, Individualpsychologen, Religionskritiker und Philologen" nennt. Der Nachdruck in diesem Band liegt aber auf den verschlungenen Pfaden des Psychologen, auf seinen weltanschaulichen Wandlungen und den Kontroversen, die sich um Sperber als Gestalt des öffentlichen Kulturlebens entspannen. Zahlreiche Fotografien Sperbers aus verschiedenen Lebensphasen und Personen seines Umkreises sowie Ablichtungen von Dokumenten steuern visuelles Anschauungsmaterial zu einer Biographie bei, die vom ostjüdischen Stetl über Wien, Berlin, die Schweiz nach Paris führt, wo er die letzten vierzig Jahre gelebt hat und 1984 gestorben ist. Den Band beschließt ein Anhang von Briefen namhafter Zeitgenossen an Sperber, in denen deutlicher als in den vorangehenden wissenschaftlichen Aufsätzen eine vergangene literarische Welt aufleuchtet, voll vom Gespinst wechselseitiger Beziehungen, Erinnerungen und Querverbindungen.

Zu Profile 5
Schluß mit dem Abendland! Der lange Atem der österreichischen Avantgarde.

Thomas Stangl
Literatur und Kritik (Salzburg), zitiert nach Rezensionen online, 2002:
Der fünfte Band der Reihe "Profile" des Österreichischen Literaturarchivs befaßt sich unter dem zurückhaltenden, von Oswald Wiener entlehnten Titel "Schluß mit dem Abendland" mit der österreichischen Avantgardeliteratur, beziehungsweise, da man sich hier begriffsgemäß an den Gattungsgrenzen und über sie hinaus bewegt, mit der künstlerischen Avantgarde in Österreich.
In der spezifischen, vielbeschriebenen Situation der österreichischen Nachkriegszeit kristalisierten in der Wiener Gruppe auf engstem Raum verschiedene im Grunde heterogene Strömungen der Moderne; als "die ungeheuerliche Erscheinung", so Wiener, "daß gewisse Gedanken der Fünfziger Jahre heute zu Personen geworden sind, ist sie, verspätete Avantgarde und zugleich schon Neoavantgarde, im Rückblick von einer Aura des Ursprünglichen umgeben: der eine Punkt, von dem aus sich ein weites Feld von Verbindungslinien und Brüchen öffnet.
In Begriffen wie "Historische Avantgarde" oder "Neoavantgarde" liegt eine innere Ambivalenz; der Anspruch, um den es gehen sollte, ist zugleich schon dementiert; das Scheitern erscheint vorausgesetzt, ohne daß die derart eingeordnete Kunst erst noch gelesen und analysiert werden müßte. Mit dieser Ambivalenz hat sich jede Reflexion avantgardistischer Bewegungen auseinanderzusetzen; ein Begriff, der scheinbar von einem linearen Fortschritts- und Zeitverständnis abhängt, ist gerade innerhalb eines solchen Verständnisses am wenigsten zu fassen. Eher muß es darum gehen, die Ambivalenzen und Paradoxien herauszuschälen, die schon im avantgardistischen Kunstwerk unter dem Pathos der Rückhaltlosigkeit verborgen sind.
In den Aufsätzen des Bandes werden auf diese Art historische, symbolische, poetologische, erkenntnistheoretische Schaltkreise geschlossen, Gegenatzpaare und Konstellationen erarbeitet.
Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 10.8.2000:
"Schluss mit der Wirklichkeit!" war eine Forderung Oswald Wieners, "Schluss mit dem Abendland!" nennt sich ein äußerst verdienstvoller Band, der, fast vierzig Jahre danach, noch einmal festhält, was war und was bleibt."

Zu Profile 4
Handschrift

Martin Zingg
Frankfurter Rundschau online:
In einigen Jahren bereits werden wir es vermissen, das handgeschriebene Manuskript. Denn in Glücksfällen lässt sich am Handgeschriebenen ein Werk bis in seine frühesten Anfänge zurückverfolgen, bis zu den ersten Ansätzen und den Strichen mit denen manches in quälendem Hin und Her verworfen wurde. Es ist ja der fertige Text, der die Entwürfe interessant erscheinen lässt. Spannend wird es, wenn das, was im Prozeß des Schreibens verändert wurde, gegen das Abgeschlossene gehalten werden kann. Handschriften von literarischen Werken können dazu Auskunft geben, und im Zeichen ihres allmählichen Verschwindens werden sie darum stets interessanter.
Der jüngste Band der Reihe "Profile" des Magazins des Österreichischen Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek setzt hier an. Die Ausgabe heißt schlicht "Handschrift", und deren Herausgeber Wilhelm Hemecker versammelt darin eine Reihe von Aufsätzen, welche die Bedeutung und Beschaffenheit von literarischen Manuskripten aus verschiedenen Blickwinkeln untersuchen. Dazu zählt ein Blick in die Handschriftenkunde so gut wie ein Hinweis auf die forensische Handschriftenuntersuchung, der es zunächst um "die Zuordnung einer konkreten Schreibleistung zu einer bestimmten Person" geht. Interessant, wie gesagt, sind Handschriften vor allem dann, wenn sie davon erzählen, wie ein Text entstanden ist. So lässt sich beispielsweise nachvollziehen, wie sich während der Arbeit an seinem Roman "Der Process" die Handschrift von Franz Kafka verändert - das Manuskript verrät die Anstrengung, die ihn diese Arbeit phasenweise gekostet hat. (...)

Zu Profile 3
Hilde Spiel Weltbürgerin der Literatur.

Ulrich Weinzierl
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.3.1999:
Hilde Spiels Nachlaß liegt im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Dessen Schriftenreihe "Profile" widmet die jüngste Ausgabe zur Gänze ihrem ungemein vielfältigen Schaffen. (...) Mit Fug und Recht lautet der Untertitel des elegant aufgemachten Bandes "Weltbürgerin der Literatur". Als Erzählerin und - gelegentliche - Lyrikerin hat sie Beachtung und Respekt gefunden, als Essayistin wurde sie bewundert und geliebt.

Zu Profile 2
Otto Basil und die Literatur um 1945 Tradition - Kontinuität - Neubeginn.

Renate Langer
bn.bibliotheksnachrichten (Salzburg), 02/1999:
Wie konnte es geschehen, dass eine so wichtige Schlüsselfigur des österreichischen Literaturbetriebs heute fast völlig in Vergessenheit geraten ist? Ein Grund dafür liegt gewiss in Basils Engagement als unbequemer Mahner wider die Verdrängung, der er schließlich selber zum Opfer fiel: Er bewies ein feines Gespür für das Weiterwirken des nationalsozialistischen Ungeists in Österreich.
Es ist sehr erfreulich, dass sich das Österreichische Literaturarchiv nicht im Elfenbeinturm verschanzt, sondern seine Schätze durch Publikationen wie die vorliegende der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 24.3.1999:
Der Band aus der Reihe "Profile" (...) widmet sich mit vorbildlicher Akribie Dokumenten aus dem Nachlaß des 1983 verstorbenen Otto Basil und geht literaturästhetischen und politischen Debatten nach, die für die Arbeit des autodidaktischen Gelehrten bezeichnend waren. Die schlechte Quellenlage zu Otto Basil, von dessen frühen Texten nicht wenige verschollen sind, mag zu beklagen sein. Ihm selbst jedenfalls widerfährt mit dem Aufsatzband des Österreichischen Literaturarchivs endlich die gehörige Würdigung als Herausgeber, Dichter und "polymorph Intellektueller".

Zu Profile 1
Der literarische Einfall. Über das Entstehen von Texten.

Doris Krumpl
Der Standard (Wien) vom 3.2.1998:
Der kompakte und kluge Band blickt in sieben Themengruppen und anhand von 21 Autoren gewissermaßen "aufklärend" hinter den Mythos des genialen Dichters, der frank und frei fertige Würfe liefert.
Ulrich Weinzierl
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9.2.1998:
In sieben thematisch gegliederten Gruppen dokumentieren die beiden Herausgeber Bernhard Fetz und Klaus Kastberger den kreativen Prozeß - auf der Suche nach einem ernüchternden Geheimnis. "Der erste Satz" als Keimzelle eines ganzen Textes und der "Schreibanlaß: Politik" etwa werden an den Beispielen Albert Drach und Erich Fried überzeugend dargestellt.
Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung vom 14./15.2.1998:
Der Titel des Bandes "Der literarische Einfall" wird durch seinen Zusatz präzisiert: "Über das Entstehen von Texten". Vom "Einfall" bis zum fertigen Werk führt der mühsame Prozeß des Schreibens. Diesen dokumentiert der Band bestens.
Hubert Lengauer
Kolik. Zeitschrift für Literatur (Wien), 1/1998:
Auch hier, unter den Dichtern gibt es Kreationisten und Evolutionisten; es geht auch um erste Sätze, um Konstruktionen, um Textarbeit, um Kalkül; es gibt nonverbale Einfälle, Bilder [...] ein Foto reicht dem Autor, und alles schießt zusammen; es gibt mächtig verzögerte Zeugungsvorgänge, es gibt Spontanität und mühsame Kontinuität, es gibt den Druck von innen und den von außen [...]
Klaus Nüchtern
Falter (Wien), Nr. 6/1998:
Beispielhaft und glücklich erschließt sich dieses Nachforschen etwa an den jeweils ersten Sätzen zu verschiedenen Fassungen der "Untersuchung an Mädeln" von Albert Drach. [...] Nicht nur kann der Genese von Drachs Protkollstil nachgesonnen, es kann vor allem gezeigt werden, was ganz bestimmte literarische Verfahren im Unterschied zu anderen leisten (ein weiteres trefflich treffendes Beispiel liefern Jandls Bearbeitungen von "die bearbeitung der mütze"). [...] Gerade am Beispiel Doderers laßt sich sehr schön zeigen, daß sprachlich gefaßte Inhalte nicht einfach in eine vorher gefundene Form abgefüllt werden können. Und so mußte der penible Konstrukteur schwer überblickbarer Romane seine Pläne auch immer wieder umzeichnen.


last update 03.05.2013