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I. Historischer Abriss über Nachschlagewerke allgemein - Enzyklopädien, Lexika, Bibliographien und Biographien
Um Entwicklungen von frauenspezifischen Nachschlagewerken mit denen allgemeiner Nachschlagewerke besser in Beziehung setzen zu können, sollen zunächst in großen Zügen die historischen Veränderungen einiger bedeutender allgemeiner Nachschlagewerke im europäischen Raum aufgezeigt werden. Dabei wird auf das Anführen zahlreicher großartiger Werke verzichtet, auch wenn diese bei Interesse in den angegebenen Literaturquellen nachgeschlagen werden können. Nur die wesentlichen Inhalte einiger Werke der Fachliteratur sollen unserem Zweck dienend exzerptartig wiedergegeben werden.
Enzyklopädie und Lexikon
In der Antike bedeutete der Begriff Enzyklopädie zunächst die Bildung selbst. Erst im ausgehenden Mittelalter wurde er zur Bezeichnung für Werke, die die Gesamtheit des Wissens darstellen sollten. Frühe Enzyklopädien waren sämtlich systematisch angelegt. Die alphabetische Enzyklopädie hat in der Antike und im Mittelalter nur wenige, zudem meist fragmentarisch tradierte Vorläufer. Zu Beginn der Zeitrechnung verfasste Verrius Flaccus eine der ältesten überlieferten alphabetischen Enzyklopädien. Die europäische Entwicklung zeichnet sich durch die monumentalen Stoffsammlungen der Renaissance- und der Barockzeit aus.
Richtungsweisend für die Darstellung enzyklopädischen Wissens war im 17. Jahrhundert Francis Bacon. Er entwarf eine empirische Methodenlehre und eine Neueinteilung der Wissenschaften. Somit wurde er zum Schöpfer der philosophischen Enzyklopädie und eines „zyklischen Stammbaumes der Wissenschaften“. Seine Theorien bildeten noch die geistige Grundlage der großen Enzyklopädien des 18. Jahrhunderts. Eines der letzten systematischen Universallexika stammte von J. H. Alsted aus dem Jahr 1630.
Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verdrängte die nutzerfreundlichere alphabetische Ordnung allmählich die bisher gebräuchliche systematische Gliederung. Dem allseitigen Aufschwung der Wissenschaften und der Stoffülle konnten Lexika in systematischer Ordnung nicht mehr gerecht werden. Die nun vermehrt entstehenden alphabetischen Enzyklopädien wurden vielfach „Wörterbuch“ (lateinisch Dictionarium, französisch Dictionnaire) benannt.
Das 18. Jahrhundert ging als das enzyklopädische Zeitalter in die Geschichte ein. Zu dieser Zeit entstanden die umfangreichen alphabetischen Enzyklopädien, die den Begriff nun auch im Titel führten. Sie ebneten mit dem Konversationslexikon des 19. Jahrhunderts den Weg für die moderne Enzyklopädie. Aus der Fülle an Werken sind die Enzyklopädien von E. Chambers sowie die von Diderot und d’Alembert hervorzuheben. Die Enzyklopädie von Diderot und d’Alembert wurde bald zum Standardwerk der Aufklärung. Der enzyklopädische Charakter wird unterstrichen durch eine dem Text vorangestellte Wissenschaftsklassifikation und einen genealogischen Stammbaum der Erkenntnisse.
In der deutschen Tradition setzte sich für alphabetische enzyklopädische Werke zunächst der Begriff „Lexikon“ durch. Das bedeutendste deutsche Unternehmen war Zedlers Universallexikon, das mit seinem 68 Bänden bis heute das umfangreichste zu Ende geführte Universallexikon bleibt. Zedler übergab die Autorenschaft und Redaktion einem Stab von Fachleuten und führte damit eine Neuerung in der Organisation ein.
Zur Kurzinformation diente den Bürgern des 18. Jahrhunderts das einbändige beim Verlag J. Fr. Gleditsch erschienene und nach dem Verfasser der Vorrede als „der Hübner“ bezeichnete Werk. Mit diesem Werk wurde der Begriff des Konversationslexikons eingeführt.
Konversationslexika bzw. Enzyklopädien im heutigen Sinne entstanden an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Sie passten den überkommenen enzyklopädischen Anspruch an die Entwicklung des literarischen Marktes und an die Bedürfnisse eines veränderten Lesepublikums an. Im deutschsprachigen Raum ist diese Entwicklung eng mit dem Namen Brockhaus verbunden. Für das aufstrebende Bürgertum wurde Bildung zu einem wichtigen Gut. Das Konversationslexikon trug dem Bildungsbedürfnis breiter Kreise Rechnung: es erforderte keine gelehrten Voraussetzungen und passte die Auswahl seiner Artikel den Interessen der Leser an. Neben Brockhaus gab es in Deutschland des 19. Jahrhunderts drei weitere erfolgreiche Verleger von Konversationslexika bzw. von Enzyklopädien: H. A. Pierer, J. Meyer und B. Herder. Diese begründeten die Tradition der Großlexika in Deutschland.
Im 20. Jahrhundert entstanden prinzipiell keine neue Formen der Enzyklopädie, allerdings wurden die Ausstattung und Gestaltung der Enzyklopädie verbessert (vgl. Brockhaus die Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden 1998: VI, 454-457; The New Encyclopaedia Britannica, Macropaedia 2002: XVIII, 257-286; Grand Larousse universel 1997: VI, 3734-3735).
Bibliographien
Bibliographien gibt es bereits vereinzelt im Altertum. Sie stehen aber hinsichtlich Zahl und Bedeutung den Bibliothekskatalogen im Sinne der heutigen Bezeichnung von Bestandsverzeichnissen der Bibliotheken nach. Im Mittelalter entwickelten sich die Biobibliographien nach diesen antiken Vorbildern. Seit der Erfindung des Buchdruckes und dem Anstieg der Buchproduktion entstand ein stärkeres Bedürfnis nach Bibliographien. Buchhändleranzeigen waren die ersten Verlags- und Sortimentskataloge. Im 16 Jahrhundert entwickelten sich aus ihnen Messekataloge. Die erste bedeutende und gelehrten Zwecken dienende Bibliographie war die „Bibliotheca universalis“ von Conrad Gesner, ein Verzeichnis von ca. 12 000 in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache abgefassten Werken. Im 16. Jahrhundert erschienen auch die ersten nationalen Bibliographien sowie die frühesten medizinischen, juristischen und theologischen Fachbibliographien. Im 17. Jahrhundert begünstigte die Neigung zum Wissen und die Gründung gelehrter Gesellschaften die Entwicklung der Bibliographie. Das 18. Jahrhundert brachte wegen der zunehmenden weltbürgerlichen Tendenzen internationale Verzeichnisse hervor. Darüber hinaus kommen im 18. Jahrhundert die bibliophilen Verzeichnisse zur Blüte, insbesondere auf Grund der bibliophilen Neigungen der Barockfürsten. Gleichfalls nehmen die Literaturzeitschreiften an Zahl und Bedeutung zu, die neben Aufsätzen Inhaltsangaben und Besprechungen von Neuerscheinungen enthalten und die als Keimzellen der späteren Rezensionszeitschriften gelten.
Im 19. Jahrhundert entstanden auf Grund der historisierenden, nationalen Geisteshaltung die das gesamte Schrifttum eines Landes verzeichnenden Nationalbibliographien. Darüber hinaus war man bemüht, auch früher erschienene Literatur möglichst lückenlos zu erfassen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewannen die Fachbibliographien an Bedeutung, zu denen auch Referateblätter erschienen. Man erkannte auch die Notwendigkeit einer internationalen bibliographischen Zusammenarbeit.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde erkannt, dass die Verzeichnung des gedruckten Schrifttums im Bereich von Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft und Verwaltung u.a. den Informationssuchenden nicht mehr gerecht wurde, und dass Dokumente aller Art erfasst werden müssten (Rehm 1991: 25-28; vgl Totok-Weitzel 1984: I; Brockhaus die Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden 1996: III, 295-296; The New Encyclopaedia Britannica: Macropaedia 2002: II, 196; Grand Larousse universel 1997: II, 1228-1229).
Biographien
Bereits die mythischen, religiösen und geschichtlichen Darstellungen der alten Kulturvölker enthalten biographische Beschreibungen. Als literarische Gattung entstand die Biographie aber erst in der Antike. Im Mittelalter gab es vorwiegend legendenhafte Heiligenbiographien, aber auch Biographien geistlicher und weltlicher Fürsten.
Die ersten biographischen Sammelwerke im heutigen Sinn entstanden in der italienischen Renaissance mit ihrem Interesse für das Individuelle. Mit den enzyklopädischen Bestrebungen des späten 17. und des 18. Jahrhunderts entstanden einige bedeutende internationale biographische Lexika. Um 1850 kamen Kurzlexika auf, die noch heute eine bedeutende biographische Gattung darstellen. Nahezu alle Kulturnationen verfügen über ein repräsentatives biographisches Nachschlagewerk.
Als eine besondere Gattung biographischer Werke gelten die Nekrologe, die das Leben und Werk eines Verstorbenen würdigen und in den Leichenpredigten des 16. bis 18. Jahrhunderts eine besondere Ausprägung fanden. Weitere Gattungen bilden die Autobiographie sowie die Memoiren, die weniger die eigene Entwicklung, sondern vielmehr erlebte Begebenheiten schildern (Rehm 1991: 46-47; vgl. Brockhaus die Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden 1996: III, 354-355).
Graubereiche bei der Kategorisierung von frauenspezifischen Nachschlagewerken
Graubereiche lassen sich insbesondere bei Sammelbiographien feststellen. Eine alphabetische oder zumindest eine chronologisch oder thematisch übersichtliche Anordnung oder das Vorhandensein eines Registers wurde daher zu einem wesentlichen Kriterium bei unserer Beurteilung. Unter Umständen wurden auch Inhaltsverzeichnisse zum Kriterium, sofern das Werk überschaubar geordnet war und das Inhaltsverzeichnis dieses Ordnungssystem reflektierte.
Vielfach bereitete uns auch der Stil Probleme. Es wurde zwar gemeinsam beschlossen, dass belletristische Werke nicht aufgenommen werden sollten. Allerdings erwies sich eine eindeutige Grenzziehung zwischen einem narrativen Stil eines Nachschlagewerkes und einem belletristischen Werk als schwierig. Manchmal war der Gesamteindruck ausschlaggebend für die Kategorisierung. Insofern wurden auch Quellenangaben zu einem weiteren Kriterium.
Die Tendenz biographische Sammelwerke in einem narrativen bzw. belletristischen Stil zu schreiben, dürfte mit der Entwicklung der Belletristik selbst in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Im 17. Jahrhundert eröffnete die Belletristik einen Markt zwischen der gelehrten Fachliteratur der Wissenschaften, also der Literatur im eigentlichen Sinn, und den billigen einfach gestalteten Büchern für das einfache Volk. Seit der Wende ins 18. Jahrhundert gab es schon ein breites Spektrum an Gattungen für Leser mit Geschmack. Somit entwickelte sich auch eine Leserschaft, die sich für diese modernen und eleganten Publikationen interessierte und weniger an gelehrsamen Werken.
Im deutschsprachigen Raum kam im Verlauf des 18. Jahrhunderts der Begriff der „belles lettres“ aus der Mode. An dessen Stelle setzten sich deutschsprachige Begriffe durch. Vielfach wurde das Wort „galant“ verwendet. Man sprach zunächst von den „galanten Wissenschaften“. Etwa ab Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich der Begriff der „schönen Wissenschaften“ durch, der später wieder abgelöst wurde. Diese Tatssachen sprechen dafür, dass wir nicht vom heutigen Verständnis von Belletristik ausgehen können.
Was nun frauenspezifische biographische Sammelwerke betrifft, so scheint es, dass diverse Moden besonders in diese Werke eingeflossen sind. In einem von uns ausgehobenen, aber nicht aufgenommenen Werk, dem von Montpensier, wird einleitend erwähnt , dass Sammlungen von Porträts im 17. Jahrhundert bei der Aristokratie in Mode kamen. Diese Mode erfasste auch bald die Bourgeoisie und wurde sodann bei denen, wo sie entstand aufgegeben (Montpensier 1860: III).
In Graubereichen befinden sich aber auch literaturgeschichtliche und andere Werke. Da eine ausführlichere Untersuchung den Zeitrahmen unseres Projekts sprengen würde, möchten wir darauf aufmerksam machen, dass insbesondere frauenspezifische Sammelbiografien noch ein breites Forschungsfeld eröffnen.
II. Definition und Arten von Nachschlagewerken
Unter einem Nachschlagewerk ist eine zur Fachliteratur zählende Sammlung von Daten zu verstehen, die nach alphabetischen oder bestimmten systematischen Kriterien aufgestellt und somit nach diesen Kriterien leicht auffindbar sind. Im Idealfall ist ein Nachschlagewerk in seinem Gebiet erschöpfend.
Zu den Arten von Nachschlagewerken zählen die Enzyklopädie, das Lexikon, das Wörterbuch, die Bibliographie, der Katalog, das Handbuch, das Glossar, der Thesaurus, das Verzeichnis und Register, der Almanach, die Fibel, die Chronik, der Atlas, der Führer, die Konkordanz, das Brevier, und unter gewissen Umständen auch die Monographie oder die Sammelbiographie. Bei unseren Recherchen wurden einige Nachschlagewerke nicht im speziellen berücksichtigt: der Atlas, der Thesaurus, das Vokabular, das Glossar, die Fibel und die Monographie im Allgemeinen. Auffallend ist, dass bei allgemeinen Definitionen von Nachschlagewerken frauenspezifische Nachschlagewerke in der Regel nicht explizit erwähnt werden.
Die Definitionen von Nachschlagewerken unterscheiden sich hinsichtlich mancher Aspekte und werden auch in unterschiedlicher Gründlichkeit vorgenommen. Dazu kommt, dass wir insbesondere im Alltag mit einer ungenauen Begrifflichkeit konfrontiert sind. Abgesehen davon hat sich auch ein historischer Wandel vollzogen. Bevor wir diesen historischen Wandel skizzieren, sollen zunächst die Begriffe, mit denen wir operierten, definiert werden. Auf Grund der Vielfalt an Literatur über Nachschlagewerke beschränken wir uns zweckdienend auf eine exzerptartige Wiedergabe der wesentlichen Inhalte nur einiger weniger Werke der einschlägigen Fachliteratur, an denen wir uns orientierten.
Die Enzyklopädie hat den weitesten Wissensumfang. Nach dem heutigen Verständnis ist die Enzyklopädie ein umfangreiches Nachschlagewerk, dessen Stichwörter in alphabetischer Ordnung über alle Wissensgebiete informieren. Allerdings ist der Begriff historischen Veränderungen unterworfen. Inhaltlich ist die Enzyklopädie heute vom Lexikon nicht mehr klar zu trennen. In Anbetracht historischer Werke ist grundsätzlich zwischen alphabetisch geordneten und systematisch, also nach Themenkreisen, geordneten Enzyklopädien zu unterscheiden. In der alphabetischen Enzyklopädie ist der Stoff, der sich auf das Gesamtwissen oder einen Teilbereich beziehen kann, nach Stichwörtern in alphabetischer Folge geordnet. In der systematischen Enzyklopädie wird eine übersichtliche Darstellung des Wissens in Grundzusammenhängen wiedergegeben. Sie ist ohne ein umfangreiches Register oder ohne entsprechende Vorkenntnisse der NutzerInnen nicht zugänglich. Daher ist es verständlich, dass sich die alphabetischen Enzyklopädien im Verlauf der Neuzeit durchgesetzt haben. Daneben unterscheidet man zwischen Allgemeinenzyklopädien, worunter grundlegende Nachschlagewerke zu verstehen sind, die alle Zweige des Wissens berücksichtigen, und Fachenzyklopädien oder Reallexika, die sich auf eine einzelne Wissenschaft oder mehrere verwandte Disziplinen beschränken. Enzyklopädien sind auch wichtige biographische und bibliograpgische Quellen (Brockhaus - die Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden 1997: VI, 454-457; Totok-Weitzel 1984 : I, 350-352; vgl. The New Encyclopaedia Britannica: Macropaedia 2002, XVIII, 257-277 und Grand Larousse universel 1997, VI, 3734-3735). Darüber hinaus soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass zahlreiche Werke, die das Wort Enzyklopädie im Titel führen, den tatsächlichen Ansprüchen einer Enzyklopädie nicht nachkommen.
Das Lexikon ist ein alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk für alle Wissensgebiete oder ein bestimmtes Sachgebiet. Die Bezeichnung wird auch für enzyklopädische Werke mit weniger universalem Anspruch verwendet. Oft lassen sich Lexika und Enzyklopädien nicht genau voneinander unterscheiden. Im 19. Jahrhundert wurde der heute veraltete Begriff Konversationslexikon synonym zu Enzyklopädie verwendet. Letztere zeichneten sich aber durch ihre wissenschaftliche Grundhaltung gegenüber den eher populärwissenschaftlich gehaltenen Konversationslexika aus. Konversationslexika orientierten sich primär am Themenspektrum der gebildeten Unterhaltung (Brockhaus die Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden 1997: XIII, 356; vgl. The New Encyclopaedia Britannica: Macropaedia 2002, XVIII, 257-277).
Unter Chronik ist ein Lexikon zu verstehen, das nicht alphabetisch, sondern chronologisch geordnet ist. Außerdem versteht man darunter generell ein Geschichtswerk, das die historischen Ereignisse in zeitlicher Abfolge darstellt. Am Beginn einer Chronik steht laut Meyers Lexikon Online oft sagenhaftes Geschehen, sie endet meist mit der Zeit des Chronisten und erfasst häufig nur bestimmte Territorien, Herrscherhäuser u. a. Einen universalen Anspruch erhebt die Weltchronik, eine Gattung der mittelalterlichen Geschichtsschreibung bzw. Dichtung. Die Grenze zu den Annalen ist fließend (Meyers Lexikon Online).
Das Wörterbuch ist ein sprachzentriertes einsprachiges, zweisprachiges oder auch mehrsprachiges Nachschlagewerk. Das Wörterbuch gibt Sprachinformationen, während das Lexikon Sachinformationen bietet. Wörterbücher gliedern sich in verschiedene Kategorien, wie Fachwörterbücher, Fremdwörterbücher, Rechtschreibwörterbücher, Aussprachewörterbücher, etymologische Wörterbücher, idiomatische Wörterbücher, phraseologische Wörterbücher, Bezeichnungswörterbücher, Synonymwörterbücher, Häufigkeitswörterbücher, rückläufige Wörterbücher und Mundartwörterbücher (Idiotikon). Darüber hinaus gibt es Wörterbücher von Sondersprachen oder Soziolekten bzw. Vokabularen, z. B. der Jugendsprache, von Individualsprachen (Goethe-Wörterbuch) und fachsprachliche Wörterbücher (Meyers Lexikon Online).
Die Bibliographie ist nach dem heutigen Verständnis in seiner häufigsten Bedeutung ein nach bestimmten Gesichtspunkten geordnetes Verzeichnis von Schriften, unabhängig vom Vorhandensein in einer Bibliothek. Neben dem Ausdruck Bibliographie für ein Schriftenverzeichnis wurden und werden zum Teil noch heute andere Bezeichnungen verwendet, nämlich Bibliotheca, Lexicon, Thesaurus, Dictionnaire, Repertorium, Index und Katalog. Um keine Verwechslung mit den Bestandsverzeichnissen von Bibliotheken zu erwirken, wurde die Bezeichnung Katalog auf die Bestandsverzeichnisse von Bibliotheken beschränkt. Es gibt zahlreiche Formen und Arten der Bibliographie. Der äußeren Erscheinungsform nach unterscheidet man selbständige in Form von Heften, Bänden, in Karteiform erscheinende und unselbständige bzw. versteckte Bibliographien. Nach der Erscheinungsweise unterscheidet man zwischen abgeschlossenen bzw. retrospektiven und laufenden bzw. periodischen Bibliographien. Retrospektive Bibliographien verzeichnen rückblickend das innerhalb eines bestimmten Zeitraums erschienene Schrifttum in Form von abgeschlossenen Publikationen. Diese können nur durch Neuauflagen oder Nachtragsbände fortgesetzt oder ergänzt werden. Die periodischen oder laufenden Bibliographien erscheinen dagegen meist regelmäßig in bestimmten kürzeren Abständen und führen das neu erschienene Schrifttum auf. Nach dem Inhalt unterscheidet man Allgemeinbibliographien und Fachbibliographien sowie sich einem spezifischen Thema widmende Bibliographien, nach der Herkunft des Titelmaterials insbesondere nationale und internationale Bibliographien. Verzeichnisse lieferbarer Bücher sind buchhändlerische Bibliographien. Darüber hinaus wird zwischen Titelbibliographien und annotierten Bibliographien unterschieden.
Unter den Allgemeinbibliographien nehmen die Nationalbiographien den wichtigsten Platz ein. Darüber hinaus gibt es Allgemeinbibliographien, die nach Literaturgattungen spezialisiert sind, wie Zeitschriften, Zeitungen, Hochschulschriften, Rezensionen, Kongressschriften u.a. Bibliographien können zeitlich begrenzt sein oder die Schriften einer einzigen VerfasserIn zum Inhalt haben. Darüber hinaus gibt es Bibliogaphien der Bibliographien. Die Bibliographien werden durch inhaltskennzeichnende und aufschließende Register (Verfasserregister, Titelregister, Sachregister) ergänzt (Rehm 1991: 25-28; Totok-Weitzel 1984: I, insbesondere Einleitung 1-11). An der Grenze zwischen Bibliographien und Biographien befinden sich die Personalbiographien, die sich unter weitgehendem Verzicht auf das eigentliche biographische Material auf bibliographische Angaben beschränken (s. u. Biographie).
Der Begriff Katalog wird heute für das Bestandsverzeichnis von Bibliotheken und Archiven verwendet. Wie bereits bei der Definition von Bibliographie erwähnt, vermeidet man es heute Bestandsverzeichnisse von Bibliotheken als Bibliographien zu bezeichnen. Bei gedruckten Katalogen kann man unterscheiden zwischen Bibliothekskatalogen, die die Bestände einzelner Bibliotheken verzeichnen, und Gesamt- oder Zentralkatalogen, die die Bestandsverzeichnung mehrerer Bibliotheken zum Ziel haben. (Totok-Weitzel 1984: I, 29-30). Darüber hinaus gibt es Barsortimentskataloge, eine deutsche Sonderform der buchhändlerischen Bibliographien (Bartsch 1979: 95). Als Katalog werden im Allgemeinen Verzeichnisse von Verlagen, Versandhäusern und Lieferanten bezeichnet. Abgesehen davon gibt es ein breites Spektrum an weiteren Warenkatalogen, Messekatalogen, Ausstellungskatalogen oder etwa Museumskatalogen.
Neben den bereits genannten Verzeichnissen umfasst der Begriff Verzeichnis auch andere Kategorien, wie etwa biographische Verzeichnisse. Unter die Kategorie Verzeichnisse fallen auch Branchenverzeichnisse, Telefonbücher, Adressbücher und zahlreiche andere. Der Begriff Index steht in vielen Fällen für alphabetische Verzeichnisse, die wiederum in Form von Namens- oder Sachregistern in Erscheinung treten können. Andererseits bezeichnet Index ein Verzeichnis von verbotenen bzw. eingeschränkt zugänglichen Publikationen.
Unter Biographie versteht man einerseits die Lebensbeschreibung einer meist bekannten Persönlichkeit. Als Biographie bezeichnet man auch eine meist alphabetisch geordnete Sammlung von Biographien, wie das biographische Nachschlagewerk oder das biographische Lexikon. Laut Rehm unterscheidet man allgemeine nationale, allgemeine internationale und regionale Biographien, konfessionell gebundene, auf Lebende oder bereits verstorbene bezogene Biographien, also laufende und retrospektive, und solche, die nach Zeiten, Berufen und Fachgebieten begrenzt sind. Verbreitet sind die Biographien von Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern und Musikern (Rehm 1991: 46; vgl. Totok-Weitzel 1984: I, 370-371). Dies gilt natürlich auch für gelehrte Frauen, Künstlerinnen und Musikerinnen. Darüber hinaus soll hervorgehoben werden, dass frauenspezifische Biographien eine eigene Kategorie darstellen. Eine weite Verbreitung haben auch biographische Kurzlexika, die nach dem Vorbild des englischen Who’s who abgefasst sind und sich fast ausschließlich auf lebende Personen beschränken, dabei populär gehalten sind und meist periodisch erscheinen. Kurze Biographien finden sich auch in Enzyklopädien, in Lexika und anderen Nachschlagewerken.
Laut Rehm spricht man von einer Biobibliographie oder Bibliobiographie, wenn die der Biographie beigegebene Bibliographie überwiegt (Rehm 1991: 46). In Totok-Weitzel findet sich hingegen eine andere Definition: so werden zunächst die Personalbibliographien hervorgehoben, die sich unter Verzicht auf das eigentliche biographische Material auf bibliographische Angaben beschränken. Subjektive Personalbibliographien werden als solche beschrieben, die die von einer Person verfassten Schriften verzeichnen, objektive Personalbibliographien als solche, die das Schrifttum über sie verzeichnen. Nur letztere Gattung wird bei Totok-Weitzel auch Biobibliographie oder Bibliobiographie genannt. Beide Arten können auch vereint vorkommen (Totok-Weitzel 1984: I, 371). Tatsächlich wurde und wird mit diesen Begriffen sehr unterschiedlich umgegangen.
Zu biographischen Nachschlagewerken zählen auch die Porträt-(Bildnis-) Verzeichnisse, die zumindest Beruf und Lebensdaten vermerken und manchmal darüber hinaus noch einen knappen Lebenslauf und genealogische Angaben über Vorfahren und Nachkommen bringen. Daneben können sich Enzyklopädien als wichtige biographische Quellen erweisen. Schließlich sollen noch die genealogischen Werke wie Adelslexika, Familiengeschichten oder etwa Wappenbücher erwähnt werden, die über ein reiches biographisches Material verfügen (Totok-Weitzel 1984: I, 371).
Das Handbuch ist sachorientiert. Es ist meist thematisch und nicht alphabetisch geordnet. Unter Handbuch versteht man meistens die Zusammenfassung der wichtigsten Realien eines Wissensgebietes (Wilpert: 1989). Im Sinne einer Anleitung ergänzt es das Lexikon. Auch Gebrauchsanleitungen jeglicher Kategorie sind als Handbücher zu verstehen.
Das Glossar ist eine Sammlung von Wörtern und Begriffen mit den dazugehörigen Erklärungen und auf eine bestimmte Thematik zentriert. Größtenteils ist das Glossar nur als Anlage zu einem anderen Werk abgefasst.
Unter Almanach ist einerseits ein Jahrbuch zu bestimmten Themen zu verstehen. Anderseits versteht man darunter Kalendarien. Vielfach wurden auch gewisse Anthologien als Almanache bezeichnet, die hier aber nicht zu den Nachschlagewerken gezählt werden. Ursprünglich war der Almanach ein astronomisches Tafelwerk für mehrere Jahre. Diese Almanache sind die Vorläufer der heutigen astronomischen Jahrbücher. Später wurde der Almanach gleichbedeutend mit ›Astronomischer Kalender‹, der seit dem 16. Jahrhundert jährlich erscheint, bald bereichert durch praktische Notizen. Im 18. Jahrhundert gewannen literarische Beigaben das Übergewicht. Die Almanache wurden zu Musenalmanachen. Neben den literarischen Almanachen gibt es seitdem genealogische, historische und diplomatische, auch Theater- und Verlagsalmanache (Meyers Lexikon Online).
Unter Fibel wurde ursprünglich ein Leselernbuch verstanden. Im übertragenen Sinn ist darunter auch ein Lehrbuch zur elementaren Einführung in andere Sachgebiete zu verstehen (Meyers Lexikon Online). Heute tritt die Fibel meist in Form eines alphabetisch geordneten themenspezifischen Nachschlagewerks in Erscheinung.
Unter Brevier ist ursprünglich eine Zusammenstellung von Gebeten oder Gesängen der katholischen Kirche nach Tagen oder Stunden (Althaus 2004: 44) zu verstehen, d.h. es war ein kurzes Verzeichnis aller Teile des kirchlichen Stundengebets. Später wurden auch die entsprechenden Gesänge, Psalmen und Gebete selbst nach der Ordnung des Kirchenjahres aufgenommen (Meyers Lexikon Online). Im heutigen Sprachgebrauch ist der Begriff des Breviers weitgehend vom religiösen Kontext und dem engen Sprachgebrauch gelöst.
Der Atlas ist grafisch oder fachlich orientiert. Innerhalb der grafischen Orientierung lassen sich Atlanten in geographische, politische und historische Atlanten gliedern. Der fachlich orientierte Atlas zeigt sich häufig als Sammlung von Illustrationen mit Erklärungen.
Der Führer ist ein Nachschlagewerk, das sich einer bestimmten Thematik widmet. Vielfach gibt es Überschneidungen bei der Bezeichnung von Führer und Atlas.
Zuletzt sei noch die Konkordanz erwähnt, worunter ein Verzeichnis aller in einer Schrift enthaltenen Wörter oder Begriffe und Sachbereiche zu verstehen ist. Wesentlich ist dabei die Stellenangabe. Die Bibelkonkordanz ist z.B. ein Nachschlagewerk aller in der Bibel enthaltenen Wörter (Meyers Lexikon Online).
III. Historischer Abriss zur Entwicklung frauenspezifischer Nachschlagewerke
Die Spur frauenspezifischer Nachschlagewerke zieht sich stetig manchmal augenscheinlicher, oftmals aber eher im Verborgenen - durch die Geschichte des europäischen Schriftguts. Bemerkenswerte Beispiele der Bemühung, Wissen über und für Frauen in Nachschlagewerken zugänglich zu machen, finden sich bereits lange vor dem Paradigmenwechsel frauenemanzipatorischer Entwicklungen des 20. Jahrhunderts, wiewohl Haltungen und Intentionen relevanter Publikationen früherer Jahrhunderte unter gänzlich anderen gesellschaftlichen Parametern entstanden, und eine heutige Rezeption dies augenscheinlich macht und zu berücksichtigen hat.
Einige wesentlichen Aspekte dieser Entwicklungsstränge, sowie exemplarische Werke sollen im Folgenden zum Verständnis des historischen Hintergrunds fokussiert werden.
„Frauenkataloge“ der Antike
Erste frühe Formen von biographischen Verzeichnissen stellen die so genannten „Frauenkataloge“ der Antike dar. Die berühmtesten, „Gynaikôn katalogos“ und „Megalai Ehoiai“, werden dem altgriechischen Philosophen Hesiod im 7. Jhdt. v. Chr. zugeschrieben. In diesen nach genealogischen Gesichtspunkten erstellten Sammlungen von Frauengestalten der griechischen Mythologie finden viele von ihnen erstmalig in der griechischen Literatur Erwähnung, aber auch misogyne Mythenbildung, wie die Legende der unheilbringenden Pandora findet hier erstmals ihren Niederschlag. Der frühgriechische Dichter Semonides verfasst in Anlehnung an Hesiods Frauenkataloge eine Typologie von Frauen, deren Charakter er mit jenen von Tieren in Verbindung bringt, wobei die negativen, unheilbringenden Komponenten mehr als vorherrschend sind. Die Typisierung und grundlegende Muster misogyner Literatur späterer Jahrhunderte sind auch hier bereits in ihren Grundzügen verankert.
Von den lateinischen Autoren sind vor allem von Vergil in seiner „Aeneis“ und in Ovids “Heroides“ umfangreichere Frauenkataloge überliefert. Plutarchs Vitensammlung von Frauen wurde mit anderen Schriften zu seinen „Moralia“ zusammengefasst. Diese Sammlung wurde in der Renaissance separat ediert und sollte in weiterer Folge auf den Diskurs über Frauen, die so genannte „Querelle de femmes“ des 15. 17. Jhdts. erheblichen Einfluß haben.
Erstes enzyklopädisches Werk einer Frau im Mittelalter
Das enzyklopädische frühe Schrifttum des Mittelalters und der frühen Neuzeit weist in Handschriften und Inkunabeln das Thematisieren der Frau auf, jedoch stets eingebunden in eine Fülle anderer Bereiche, also im Sinne eines Teilaspekts eines enzyklopädischen Ganzen.
Im 12. Jahrhundert läßt sich jedoch bereits das erste nachweislich von einer Frau verfasste enzyklopädische Werk belegen: Herrad von Landsberg (1125/30 1195), eine elsässische Äbtissin verfasste um 1180 ihr Werk „Hortus deliciarum“ (dt.: „Garten der Wonnen“ bzw. „Garten der Köstlichkeiten“), das sie zudem auch selbst mit etwa 350 Miniaturen illustrierte. Dieses enzyklopädische Werk in lateinischer Sprache beinhaltet eine Zusammenfassung des geistlichen und profanen Wissens des Hochmittelalters, primär konzipiert für die Bildung und Erbauung von Klosterschwestern. Dem „Hortus deliciarum“ liegt ein, für enzyklopädische Werke dieser Zeit übliches Schema bzw. System des Wissens zugrunde, das sich an der aus der Antike tradierten und ins Christentum überführten Einteilung des Wissens und der Künste anlehnte.
Herrad von Landsberg und ihr Werk stehen symptomatisch für den Umstand, dass Ordensfrauen zu den wenigen privilegierten Frauen gehörten, die im Mittelalter und auch den folgenden Jahrhunderten Zugang zu höherer Bildung hatten. Akademische, universitäre Bildung im Bereich der Wissenschaften und Künste blieben Frauen in Europa bis ins späte 19. Jahrhundert verwehrt. Ordensfrauen und Frauen hohen Standes war es vorbehalten, sich wohlgemerkt stets nur im gesellschaftlich anerkannten und erwünschten Rahmen ihrer Bildung und kreativen Entfaltung zu widmen.
So wundert es auch nicht, dass in historischen biographischen Nachschlagewerken über Frauen, vorwiegend Frauen dieser Herkunft bzw. Lebensumfeldes Eingang gefunden haben.
Die „Querelle de femmes“ im Vorfeld der Renaissance
Exemplarisch sei hier einerseits Giovanni Boccaccios lateinisches Werk „De claris mulieribus“, das ca. zwischen 1361 und 1375 entstanden ist, genannt. Mit seinem Werk greift Boccaccio das Genre antiker Exempla-Sammlungen und Portraitkataloge auf, die in der Moralphilosophie des 15. Jahrhunderts große Konjunktur hatten,] wendet es jedoch erstmals auch exklusiv auf Frauen an. Er stellt über hundert Frauenviten dar, deren Verhalten ein positives. bzw. negatives Vorbild für Frauen abgeben sollen.
Als Konterpart im Diskurs sei Christine de Pizan erwähnt, eine französische Schriftstellerin und Feministin ‚avant la lettre‘, die in ihrem Werk „Le livre de la cité des dames“ (1405) auf die von Boccaccio gesammelten Exempla zurückgreift, deren Bedeutung jedoch uminterpretiert, die Stärken und Tugenden der Frauen heraushebt sowie auf die verkannten Fähigkeiten der Frau hinweist und eine utopische Gesellschaft andeutet, die den Frauen gleiche Rechte gewährt.
Biographische Verzeichnisse „gelehrter Frauen“
Im 16. und 17. Jhdt. widmen sich wieder vornehmlich männliche Verfasser zunehmend dem „Miracul“ der „gelehrten Frauenzimmer“ und es erscheinen, neben mannigfaltigen Abhandlungen und Streitschriften, die den Diskurs über die vermeintlich prinzipiellen, wie erwünschten Fähigkeiten und die gesellschaftliche Rolle und Funktion der Frau weiterführen, auch biographische Lexika, die einen Überblick und Zeugnis über das Wirken dieser Frauen geben. Die meisten Beispiele solcher biographischer Verzeichnisse von Frauen sind in lateinischer Sprache verfasst, ein eindeutiger Hinweis darauf, das diese Werke auf ein gebildetes, somit vorwiegend männliches Publikum abzielten, welches diesen Diskurs betrieb.
Es sei an dieser Stelle doch darauf hingewiesen, dass solch ‚gelehrte Frauen‘, von denen voll Ehrerbietung berichtet wurde, jedoch keineswegs den gleichen gesellschaftlichen und intellektuellen Status wie die Männer der Gelehrtenwelt hatten. Gelehrte Männer hatten ein graduiertes Studium samt entsprechender wissenschaftlich-akademischer Karriere und Publikationsmöglichkeiten vorzuweisen, an denen sie gemessen wurden; Möglichkeiten und Maßstäbe, die außerhalb der Lebenssphäre von Frauen blieb. Frau galt „bereits“ als gelehrt, wenn man eigentlich belehrt meinte, also belesen war, sich in ihren Privatstudien vertiefte und es solchermaßen zu besonderen Kenntnissen auf einen oder mehreren Gebieten wie z.B. der „Poeterey“, den „Geheimnissen der Natur“, dem „Studio der Chemie“, Sprachen, „unvergleichlich artig Zeichnen“, der Komposition oder gar „astronomischen Speculationibus‘ brachte, oder sogar die seltene Möglichkeit des Publizierens (häufig anonym oder unter Pseudonym) hatte.
Programmatik der Vorwörter
Eben angesprochener Diskurs über die Fähigkeit der Frauen zu geistig-kreativen Leistungen und „den verlegenen Streit ob die Weiber Menschen seyn?“ wird oftmals nicht zuletzt in den ausführlichen Vorwörtern dieser frauenspezifischen Nachschlagewerke weitergeführt bzw. reflektiert. Johann Caspar Eberti, der sich 1706 in seinem „Eröffneten Cabinet Deß Belehrten Frauen=Zimmers“ in Form einer Zweiteilung des Vorworts, das sich zunächst an die Frauen, im zweiten Teil an den männlichen Leser richtet und wenig überraschend, völlig unterschiedliche Botschaften aussendet: Einerseits die huldvolle Ehrerbietung an die Frau, anderseits eine Art Rechtfertigung gegenüber dem männlichen Lesepublikum über das Unterfangen, überhaupt solch ein Buch zu verfassen und der gleichzeitige Appell, dieses Unterfangen auch als legitim zu akzeptieren. „Es ist ja wie mit den Männern/ sie taugen nicht alle/ sie geraten nicht alle. Sie haben auch in den Gliedern/ in welche die Kräffte der Seelen am meisten sich eusern/ nicht den geringsten Unterschied. Ihr Kopff steht ihnen ebenda/ wo den Männern/ und ihre Gehirne darinnen lieget eben auf dieser Weise/ wie unseres in seinen Schrancken. Wer ihnen nur allzuwenig zutrauet/ der ist am besten mit der Erfahrung zuwiderlegen. (...) Bey einem geneigten Leser braucht es keine Entschuldigung und bey einem Ubel=gesinnten ist alles vergebens.“ Die Art und offensichtliche Notwendigkeit eines solchen zusätzlichen Vorworts unterstreicht die Besonderheit eines solchen Werks in seiner Entstehungszeit.
Johann Frauenlob, formuliert in „Die lobwürdige Gesellschaft der Gelehrten Weiber“ (1631): „Auß diesen Exempeln ist leicht zu ermessen/ daß nicht weniger Weibspersonen Ingenia haben/ dann die Männer/ wann sie nur excoliret und zu den Studiis und Lernung guter Künste gehalten werden/ dieweil man sihet/ daß sie mit Schraffsinnigkeit offt die Mannspersonen ubertreffen.“
Die Begründung der Befähigung der Frau zu geistigen und schöpferischen Leistungen beruft sich zu dieser Zeit aber oftmals noch auf Argumente und Darstellungsweisen, welche die Schwierigkeit einer patriarchalischen Gesellschaft mit der Anerkennung der Gleichwertigkeit der Frau widerspiegeln.
So werden u.a. bemerkenswerte Leistungen von Frauen als Produkt von eigentlich männlichen, und somit unweiblichen Tugenden erklärt, die diesen Frauen zuteil wurden und sie eben dadurch in die Lage versetzten, Großes zu vollbringen. So führt auch Gottlieb Sigmund Corvinus (Pseud.: Amaranthes) im Vorwort seines 1715 erschienenen „Nutzbaren, galanten und curiösen Frauenzimmer=Lexicon“ die „Stärke des Verstandes“ einer Frau auf einen „recht männlichen Geist“ zurück. C. F. Paullini findet in seinem Werk „Hoch- und Wohl-gelahrtes Teutsches Frauenzimmer“ (1712) zu folgender Formulierung und Auslegung: „Ihr Gehirn ist Feucht/ und ihr Gedächtnis ist glückselig; sie sollen zu Hause bleiben/ und können also des Bücher-Lesens besser abwarten/ als manche Männer. Der schwache Verstand/ welcher ihnen zugemessen werde/ wäre durch Studiren zu verstärken.“
Immer wieder auch die entlarvende Wortwahl, die die männlichen Verfasser Formulierungen wie „Miracul“, „ein recht untadeliges Monstrum“, „Wunder“, „mehr als natürlich“ verwenden läßt, um die Begabungen der erörterten Frauen fassen und erklären zu können. Sie werden somit noch als Ausnahmeerscheinung, einer erfreulichen aber als „abnormal“ anzusehenden Abweichung gegenüber den Geschlechtsgenossinnen, dargestellt.
Auffallend und evident auch der Umstand, dass die Art der biographischen Angaben über Frauen, diese massiv über die Männer in ihrem Familien- und Lebensumfeld definieren, also ausführliche Verweise und Würdigung des Vaters, Ehemanns etc. zu finden sind.
Tugendhaft oder tadelwürdig?
Immer wieder wird von den Verfassern betont, dass die geistige Bildung und Stärkung des Verstandes durchaus der Tugend(en) der Frau bekömmlich sei, aber auch nur innerhalb eines tugendhaften Lebenswandels und nur unter der Berücksichtigung, dass „der Hauptendzweck, den das weibliche Geschlecht vor Augen haben sollte, durch Abwartung der Wissenschaften kein Abbruch geschiehet“, zum Wohl und der Zierde der Frau gereichen könne. In gesellschaftlich höheren Kreisen gehörte eine genau abgezirkelte Bildung der Töchter durchaus ins Erziehungsprogramm, wie gesagt immer unter dem primären Vorzeichen der Hebung der Reputation, weniger jener der Frau selbst als der ihres Lebensumfeldes, also zunächst des Elternhauses, in Folge des Ehepartners, der im Idealfall nicht nur eine schöne, sondern auch geistreiche Gefährtin an seiner Seite haben sollte, die zudem aufgrund ihrer Bildung nicht nur zur gepflegten Konversation sondern auch zur Erziehung der Kinder beitragen sollte. Diese gesellschaftlich akzeptierte Teilhabe von Frauen an Bildung sollte zwar zur Heranbildung eines guten Geschmacks und Förderung der guten Sitten beitragen, intendierte aber keine emanzipatorische Komponente; wurde eine solche von Frauen verfolgt, hatte sie mit massiven gesellschaftlichen Widerständen zu rechnen.
Solche und anderer „untadelige“ Biographien wurden in einigen Nachschlagwerken übrigens bewußt in moralisierender Absicht aufgenommen, um abschreckend und läuternd auf Zeitgenossinnen und die Nachwelt einzuwirken. So betont auch Corvinus, dass „auch dergleichen befleckte und tadelns-würdige Weibsbilder, welchen man in diesem Buche als in einem allgemeinen Frauenzimmer Lexico nothwendig einen Platz mit gönnen müsse“. Die tadellosen, begabten Frauen hingegen sollten folgerichtig natürlich eine entsprechende Vorbildwirkung haben und beeindruckende Biographien bemerkenswerter Frauen sollten insbesonders „das junge Frauenzimmer zur Nacheiferung auf das nachdrücklichste erwecken, und dasselbe auf jenen Ehrenweg zu führen, auf welchem schon so viele aus ihrem Geschlechte mit unsterblichen Verdiensten gewandert sind.“
Frauen im Kontext nationalen Bewußtseins des 18. und 19. Jhdts.
Dieser Aspekt des solcherart von Männern verbreiteten Ruhms der Frauen paart sich nicht zuletzt auch mit einem mehr oder weniger offen angesprochenen Patriotismus, der die Publikation solcher biographische Verzeichnisse bemerkenswerter Frauen insbesonders im 18. Und 19.Jhdt. oftmals begleitete, und durchaus im Kontext der Nationenbildung und des verstärkten nationalen Bewußtseins europäischer Länder, insbesonders Frankreichs und Deutschlands, gesehen werden kann. Dieses Bestreben des Ausdrucks eines nationalen Selbstbewußtseins drückte sich zunächst massiv durch den zunehmenden Gebrauch der Landessprachen für Publikationen, auch zunehmend wissenschaftlichen Werken aus, die über Jahrhunderte ausschließlich in Latein, der Gelehrtensprache verfasst worden. Ein weiterer Schritt des Untermauerns nationaler Identitätsbildungen war u.a. die Bedeutung der jeweiligen heimischen Dichter und ihres Identitätstiftendes Werks hervor zu streichen. Und so ist auch das erhöhte Aufkommen frauenspezifischer Nachschlagwerke, die sich im 18. Jhdt. gerne den „galanten Poetinnen“ widmeten, durchaus dieser Absicht zuzuschreiben, auch die Verdienste von Frauen auf dem Gebiet der Poesie diesem patriotischen Gedanken einzuverleiben. Verfasser verhehlen nicht die Absicht, den Ruhm dieser Frauen mittels der biographischen Nachschlagwerke samt Werkproben weit über die Grenzen tragen. So schreibt Johannn Caspar Eberti 1727 im Vorwort von „Schlesiens Hoch= und Wohlgelehrtes Frauenzimmer, Nebst unterschiedenen Poetinnen“: „Gelehrte Männer unsers beruehmten Vaterlandes sind nun wol (...) der curieusen Welt mit vielen Lob-Spruechen vorgestellet werden. Alleine an das Gelehrte Frauenzimmer unsers gesegnten Elysien hat fast niemand denken wollen. (...) So glaube auch, daß man mich wird passiren lassen, wenn ich unsere Schlesische Dames, so Gelehrsamkeit geliebt, und von solcher Profession gemacht, andern Nationen hiedurch bekandt machen zu wollen.“
„Gelehrtes Frauenzimmer“ vs. „galante Poetin“
Interessant auch die Entwicklung bei auf Frauen bezogenen biographischen Nachschlagwerken, dass die universell „gelehrte“ Frau des 16. und 17. Jhdts. zunehmend der Benennung und Würdigung der „galanten“ und „curieusen“ Damen und Poetinnen weicht. Die Änderung des Literaturbegriffs, von einer umfassenden, das Wissen in Wort setzenden „litteratura“ hin zu den „belles lettres“, der Belletristik wurde für gebildete Frauen zu einer möglichen Ausdrucksform, insbesonders auf dem Gebiet der Lyrik. Das Spektrum der Wissensgebiete, die im 16. und 17. Jhdt. noch mannigfaltig in Nachschlagewerken demonstrativ angeführt wurden, um im damaligen Diskurs die prinzipielle Fähigkeit der Frau zu geistigen Leistungen zu belegen, weicht im 18. und 19. Jhdt. nun zunehmend dem auf Kontrolle und Zügelung abzielenden Fokus, was Frau können soll und darf, also jenen wenigen, von Mann und Gesellschaft klar abgesteckten Freiräumen und Nischen, die Frauen zugedacht und zugestanden wurden. So heißt es in C.W. Schindels „Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts“ (1823): „ ... eine literarische Beschäftigung mag doch nie etwas Entehrendes sein, da wohl nicht leicht eine weibliche Feder einen Gegensatnd oder eine Art von Behandlung waehlen wird, wovor Sittsamkeit und Tugend erroethen duerfte.“
Konversations- und Speziallexika für die bürgerliche Dame des 19. Jhdts.
Das 19. Jhdt. spiegelte das allgemeine Aufkommen von Konversations- und Speziallexika auch im Bereich frauenspezifischer Nachschlagwerke stark wider. Konversationslexika für den Alltag und den Gebrauch von Frauen konzipiert, sind nun keine Seltenheit mehr. Auffallend einerseits die Zunahme der behandelten Themen und Anwendungsgebiete, welche die veränderten Lebensumstände eines durch die Industrielle Revolution erstarkten und selbstbewußten Bürgertums widerspiegeln, anderseits jedoch einher gehend mit einer deutlichen Verflachung und Abnahme des intellektuellen Anspruchs solcher Werke. So liest man in „Die elegante Dame. Ein Damen Brevier“ (1914): „In den folgenden Blättern findest du nur Nichtigkeiten berührt. (...) Nichtigkeiten, wie sie das Auf und Ab des täglichen Lebens und die Tagesfragen durchflechten, solcher Art, wie sie dir Ärger, und solcher, wie sie dir Freude bereiten.“ Zumeist höchst bibliophil gestaltet, wird das Konversationslexikon für die Dame zu einer Art gleichsam nützlichem und dekorativem Accessoire. Diese Werke zielen auf den rein praktischen Gebrauch und zur Unterstützung der Frau und ihres Agierens innerhalb der Konvention und des gewünschten Rollenbildes ab, die Wissensvermittlung ist jedoch mehr denn je bar jeglichen emanzipatorischen Ansatzes. So findet man im „Goldenen Buch für praktische Hausfrauen. Großes illustriertes Frauen-Lexikon“ (1900) folgenden Zweck des Werks erläutert: „Ein ‚Frauen-Lexikon‘ wie wir es hiermit vorlegen, soll nur rein praktischen Zwecken dienen. Es soll über alles und jedes Auskunft und Rat erteilen, was im Leben des Hauses und der Familie nur irgendwie in Frage kommen kann. (...) Es ist selbstverständlich, dass unter den Hunderten von Gegenständen, welche infolge dessen in Betrachtung gezogen wurden, die des eigentlichen Haushaltes den Mittelpunkt bilden mußten, denn das sind ja stets die ersten Fragen, welche an eine werdende und denkende Hausfrau herantreten.“ Die vermeintliche Fülle der zunehmend in kurzen lexikalischen Artikeln abgehandelten Themen, sparen nicht nur in Einzelfällen so frauenspezifische Bereiche wie Informationen über Geschlechtsleben und Fortpflanzung gänzlich aus. Themenbereiche, die man durchaus in wesentlich früheren Frauenlexika des 17. Jhdts. schon bzw. noch in Ausführlichkeit vorfinden konnte.
Speziallexika und leicht fassliche Handbücher für Damen sind zumeist auf den Gebieten der Haushaltsführung, Mode, „Benimm-Büchern“, der Poesie z.B. in einem Handbuch (1823) „für Unstudierte, Frauenzimmer, Dilettanten“ aber auch bereits Bereichen der Berufsauswahl oder neuen Freizeitgestaltungen, wie z.B. dem Sport angesiedelt.
Obwohl, oder vermutlich weil Frauen im Laufe des 19. Jhdts. trotz strenger Konvention und gegen männliche Widerstände zunehmend in Bereiche des öffentlichen Lebens und in unantastbar scheinenden männliche Domänen vorzudringen beginnen, stehen umfassende biographische Nachschlagwerke über zeitgenössische Frauen des 19. Jhdts. lange Zeit nahezu aus. Noch eher sind diesbezügliche Werke über berühmte Frauen der Herrscherhäuser oder des Adels vorzufinden, deren Ruhm sich also in ihrer die Herkunft und ihren hohen gesellschaftlichen Stand begründet lagen.
Sophie Pataky, die mit dem „Lexikon deutscher Frauen der Feder“ (1898) ein maßgebliches Frauenlexika des ausgehenden 19. Jhdts. vorlegte, beklagte darin heftig den Umstand fehlender biographischer zeitgenössischer Frauenlexika und zeigte mit ihrem Werk den Bedarf und die Fülle relevanter Frauenpersönlichkeiten der schreibenden Zunft, also auch der zunehmend publizierenden Journalistinnen und Redakteurinnen auf, und lieferte zudem ein umfassendes Verzeichnis der zahlreichen Pseudonyme schreibender Frauen.
Das 20. und 21. Jhdt. hatte und hat jede Menge zu tun, diesen so lange aufgestauten Aufholbedarf, bemerkenswerte Frauenpersönlichkeiten und ihr oftmals anonym gebliebenes oder unterdrücktes Schaffen aus dem Jahrhunderte werfenden Schatten der Unbekanntheit und Vergessenheit hervorzuholen, um sie einer würdigender wie auch kritischen Betrachtung unterziehen zu können. Die Sichtung und Präsentation des Bestandes an historischen frauenspezifischen Nachschlagewerken an der Österreichischen Nationalbibliothek, welcher in exemplarischen Werken das vielschichtige Spektrum innerhalb der historischen Entwicklung widerspiegelt, möge einen kleinen Beitrag in diesem Sinne leisten.
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