Leopoldine Kulka war die Tochter von Marianne Brandeis und des Journalisten und Schriftstellers Adolf Kulka (1822-1898). Ihr Vater hatte in Prag und Wien Philosophie und Jus studiert und an der 1848er Revolution lebhaften Anteil genommen. Von ihm stammt wahrscheinlich ihre Affinität zum Schreiben in Verbindung mit einem starken Freiheitsbewußtsein.
1904 begann ihre Mitarbeit in der 1895 vom Allgemeinen Österreichischen Frauenverein (AÖFV) gegründeten Rechtsschutzstelle für Frauen. Sie gilt als eine der Lieblingsschülerinnen Auguste Fickerts. Nach deren Tod übernahm sie ab 1911 die Vizepräsidentinnenschaft im AÖFV und war mit Christine Touaillon und Emil Fickert bis 1918 Mitherausgeberin des "Neuen Frauenlebens". Mit zahlreichen Artikeln, Kongressberichten, Übersetzungen und Rezensionen war sie die wichtigste Autorin der Zeitschrift und unerschrockene Kämpferin für die Sache der fortschrittlichen Frauenbewegung. Als antiklerikale Feministin kommentierte sie die Machtpolitik der Christlichsozialen in Wien mit scharfer Kritik, ebenso verfolgte sie die Entwicklung der katholischen Frauenbewegung, die mit dem Christlichen Wiener Frauenbund unter Karl Lueger ihre antisemitischen Vorläuferinnen mit kritischer Aufmerksamkeit. Die religionskritische und antikonfessionelle Haltung verband sich bei Kulka mit einer deutlichen Benennung von Antisemisismus, wie er beim zweiten österreichisch-katholischen Frauentag im Jahr 1914 durch verschiedene politische und kirchliche Repräsentaten zum Ausdruck kam.
Während des Ersten Weltkrieges wandte sie sich außerdem der Frauenfriedensbewegung zu und war Mitgründerin des österreichischen Zweiges der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Dem Bund österreichischer Frauenvereine (BÖFV) war sie zunächst - wie A. Fickert - fern geblieben, hatte aber nach 1918 vom Bund eine weniger "konservative" Haltung erhofft und meldete als gewähltes Vorstandmitglied des Bundes den Wiedereintritt ihres Vereins an.

Kulka Leopoldine, Schriftstellerin. * Wien, 31. 3. 1872; + Wien, 2. 1. 1920. Schloß sich schon früh dem Allg. österr. Frauenver. A. Fickerts an, dem äußersten linken Flügel der freiheitlichen bürgerlichen Frauenbewegung. Sie vertrat seine Grundsätze zunächst in dessen erster Z. den "Dokumenten der Frauen" (1899-1902). Als diese 1902 andere Bahnen einschlugen, übernahm der Allg. österr. Frauenver. die Ms. "Frauenleben" von H. Littmann und führte sie nun als "Neues Frauenleben" weiter. K. war eine der eifrigsten Mitarbeiterinnen und übernahm 1911 gem. mit Ch. Touaillon und A. Fickert die Hrsg. des Bl. Ab 1911 leitete sie den Ver. als 1. Vizepräs. und betätigte sich in der ihr besonders am Herzen liegenden Rechtsschutzkomm. des Ver. 1917 gründete sie mit E. Beer-Angerer die "Friedenspartei" als Sektion ihres Ver. und kämpfte unermüdlich - auch in eigenen Friedensheften und Versmlg. für Frieden und Völkerverständigung. Dem Bund österr. Frauenver. war sie zunächst - wie A. Fickert seit 1906 - fern geblieben, hatte aber nach 1918 eine weniger "konservative" Haltung erhofft und meldete nun als gewähltes Vorstandmitgl. des Bundes den Wiedereintritt ihres Ver. an (28.-30. Juni 1918. 10. Generalversmlg. des Bundes).