ISSN: 1680-8975 PURL: http://purl.org/sichtungen/ |
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Christine Rigler: »Archiv Forum Stadtpark«. Ein Projekt des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (06. 12. 2001). In: Sichtungen online, PURL: http://purl.org/sichtungen/rigler-c-1a.html ([aktuelles Datum]). - Auch in: Sichtungen 3 (2000), S. 151-156. |
Christine Rigler A-3642 Aggsbach-Dorf 23 Adressinformation zuletzt aktualisiert: 2000 |
»Archiv Forum Stadtpark«Ein Projekt des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen ForschungChristine Rigler |
[3/ S. 151:] Die Grazer Künstlervereinigung Forum Stadtpark verfügt über Archivbestände aus einem Zeitraum von vierzig Jahren. Das Material war seit der Gründung in unterschiedlichem Ausmaß, also nicht durchgehend systematisch, gesammelt und bis vor wenigen Jahren nur provisorisch verpackt und gelagert worden. Aufgrund der notorischen [3/ S. 152:] Raum- und zeitweiligen Geldnot standen weder ein eigener Raum noch eine eigene Arbeitskraft für die Betreuung eines Archivs im Forum Stadtpark zur Verfügung. Ziel des Forschungsprojekts (Leitung: Klaus Zeyringer, Mitarbeit: Christine Rigler) war es, dieses vielfältige Material für die Forschung und andere Interessenten aufzubereiten. Mit der Neuadaptierung des Forum-Stadtpark-Gebäudes, die 2000 abgeschlossen wurde, stehen auch Räumlichkeiten für ein Archiv zur Verfügung. Dort können nach dreijähriger Projektdauer (1. Juli 1997 bis 30. Juni 2000) die Dokumente der Programmarbeit aller im Forum Stadtpark vertretenen Kunstdisziplinen öffentlich zugänglich gemacht werden. Seit der Eröffnung im Jahr 1960 findet im Forum Stadtpark kontinuierlich ein Veranstaltungsprogramm in den Sparten Aktuelles, Architektur, bildende Kunst, Film, Foto, Literatur, Musik, Theater und Wissenschaft statt. Auch wenn nicht alle Bereiche immer gleichmäßig aktiv waren, liegt in dieser Struktur der Mehrspartigkeit das wesentliche Charakteristikum des Forum Stadtpark, vor allem auch im Unterschied zu anderen Künstlervereinen. Ein prinzipielles Anliegen war es daher, zu verhindern, daß die jeweiligen Bestände der im Haus vertretenen Referate oder Kunstbereiche unwiderruflich voneinander separiert werden - zum Beispiel durch eine Aufteilung in verschiedene andere Archive. Zum einen, weil diese Trennung aufgrund interdisziplinärer Verschränkungen teilweise undurchführbar wäre, zum anderen, weil durch Aufrechterhaltung des charakteristischen Bezugssystems die Entscheidungs- und Arbeitsprozesse der Programmgestalter besser nachvollziehbar sind. Ein weiteres Argument für die Einrichtung eines hauseigenen Archivs ist die Tatsache, daß der Verein immer noch existiert und daher in der Lage ist, ein Archiv selbst zu verwalten, aber auch uneingeschränkten Zugriff auf die Dokumente seiner Vergangenheit haben sollte. Nachdem es im Forum Stadtpark nie ein Archiv gegeben hat, sind vor allem wertvollere Bestände (z. B. die Kunstsammlung) verlorengegangen oder im Privatbesitz gelandet; zudem gab es keine Publikationsverzeichnisse oder andere Bestandslisten. Es versteht sich von selbst, daß in einem Zeitraum von drei Jahren und mit einer einzigen Mitarbeiterin eine vollständige Inventarisierung aller Dokumente und Archivalien ebensowenig durchführbar ist, wie eine lückenlose nachträgliche Dokumentation. Es sollte zunächst der Bestand eruiert, gesichert, fallweise erweitert und insgesamt übersichtlich zugänglich gemacht werden sowie schwerpunktmäßig mit einer genaueren Dokumentation begonnen werden. Die Projektarbeit gliederte sich dementsprechend in diese beiden Bereiche: die Einrichtung des Archivs [3/ S. 153:] und die theoretische / dokumentarische Aufarbeitung bestimmter Teilaspekte. Das Projekt »Archiv Forum Stadtpark« war als Anstoß gedacht, über die Bereitstellung der verfügbaren Quellen und durch die Vermittlung und erste Analyse möglicher Aspekte die weitere Forschung zu diesem Thema anzuregen, - daß diese in der letzten Zeit verstärkt in Gang gekommen ist, konnte man an der steigenden Zahl von Anfragen nach Archivmaterial im Forum Stadtpark bereits beobachten. |
ArchivbestandBei der Wahl des Ordnungssystems war die Tatsache zu berücksichtigen, daß nach Projektende das Archiv vom Sekretariat mitbetreut werden muß. Das Ordnungssystem sollte daher auch für nicht speziell geschultes Personal und Benutzer handhabbar sein. Nur auf diese Weise kann die Fortführung des Archivs (Einordnung des neu hinzukommenden Materials) auch nach Projektende gewährleistet werden. Das Material wurde grundsätzlich nach Referatszugehörigkeit und innerhalb der Referate chronologisch geordnet. Abweichungen ergaben sich entweder aufgrund der Beschaffenheit spezieller Materialgruppen (z. B. Plakatbestand, bei dessen Lagerung auch beträchtliche Formatunterschiede berücksichtigt werden müssen) oder aufgrund bestimmter Nutzung (z. B. Künstlerpostkarten, die unter den Namen der Künstler auffindbar sein sollen). Infolge der Gründung und Abspaltung von Zweigvereinen war es bereits zu Ausgliederungen bestimmter Bestände gekommen: So werden die Zeitschriften »blimp«, »manuskripte« und »Camera Austria« unabhängig vom Forum Stadtpark herausgegeben. Aus diesem Grund befinden sich die gesamten Korrespondenzen und anderes Material dieser Redaktionen auch für die Zeit vor der Trennung im Besitz dieser Vereine. Ähnliche Umschichtungen ergaben sich auch durch die Bildung eines Zweigvereins »forum stadtpark theater«. Zeitungsausschnitt-Archiv: Zeitungsausschnitte wurden seit der Gründungsphase konsequent aufbewahrt. Dadurch ist eine, was die lokalen Zeitungen betrifft, nahezu lückenlose Sammlung entstanden, die für die nachträgliche Dokumentation bestimmter Ereignisse hilfreich sein kann, aber auch Informationen zu einzelnen Künstlern bereithält. Enthalten sind Zeitungsausschnitte zu folgenden Bereichen: Veranstaltungen, Publikationen, kulturpolitische Aktionen, Pressemeldungen über Mitglieder sowie dem Forum Stadtpark nahestehende Künstlerinnen und Künstler. [3/ S. 154:] Publikationen: Dieser Teil des Archivs umfaßt die Verwaltung der Belegexemplare und die Einrichtung einer Bibliothek, die sämtliche Publikationen des Forum Stadtpark - Kunstkataloge, Bücher, Zeitschriften, Veranstaltungsprogramme, Schallplatten, CDs, MCs - enthalten soll. Der Bestand ist hier seit den 80er Jahren sehr umfangreich und nahezu vollständig und konnte für die Zeit davor durch Bibliotheksrecherchen und Kontakte zu Mitarbeitern teilweise ergänzt werden. Programmaterial: In dieser Abteilung wurden Dokumente und Schriftstücke zusammengefaßt, die bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen anfallen. Dabei handelt es sich um Preislisten von Ausstellungen, Informationstexte zu Künstlern und Veranstaltungen, Programmabläufe, Pressemitteilungen oder Einladungen. Nachdem die Entstehung solcher Dokumente von der Arbeitsweise der jeweiligen Referentinnen und Referenten abhängt, ist die Dichte dieses Materials sehr unterschiedlich. Monatsprogramme: Seit den 60er Jahren erschienen Monatsprogramme mit Veranstaltungsankündigungen, Informationen zu den Künstlerinnen und Künstlern sowie vereinsinterne Mitteilungen. Gestaltung und Konzept dieser Monatsprogramme wurden seit den 60er Jahren mehrmals geändert und aktualisiert. Damit liegt eine Sammlung von Programmheften, -karten, -zeitschriften und -plakaten vor, die einen langen Zeitraum abdeckt und daher nicht nur für die Rekonstruktion der Veranstaltungen und Vereinsgeschichte von Bedeutung ist, sondern zum Beispiel auch im Hinblick auf kunsthistorische Aspekte (Gebrauchsgrafik). Dasselbe gilt für die Künstlerpostkarten und Plakate. Künstlerpostkarten: Seit den 70er Jahren werden für verschiedene Zwecke Künstlerpostkarten produziert. Diese Karten werden einerseits als Einladungen zu Veranstaltungen und für unterschiedliche Arten von Mitteilungen, andererseits als Bestandteil konzeptioneller Kunstansätze und als Kunst- bzw. Verkaufsobjekte verwendet. Plakate: Der Bestand umfaßt etwa 600 Veranstaltungsplakate unterschiedlicher Stile, Materialien und Größen, die wie die Postkarten zum Großteil von Künstlern entworfen wurden und verschiedene Phasen und Kunstkonzepte repräsentieren. Korrespondenzen: Der Großteil der Korrespondenzen besteht aus Schriftstücken, die den Veranstaltungsbetrieb der einzelnen Referate betreffen: Einladungen und Antwortschreiben - auch mit Kommentaren zur Konzeption von Veranstaltungen, organisatorische Angelegenheiten (Hotelbuchungen, Miete von Geräten oder Räumen, Kooperationen mit anderen Institutionen usw.). [3/ S. 155:] Video-Archiv: Seit 1990 wurden im Forum Stadtpark über vierzig Literaturveranstaltungen auf Video aufgezeichnet, vereinzelt auch Ereignisse anderer Referate. Niederschriften von Diskussionen sind teilweise auch publiziert. Die Videodokumentation wurde 1999 wieder aufgenommen und auf alle Veranstaltungen ausgeweitet. |
Erweiternde Dokumentation und theoretische AufarbeitungDer zweite zentrale Arbeitsbereich des Forschungsprojekts war die Aufarbeitung und Dokumentation von wichtigen Veranstaltungen, Projekten und Einzelereignissen, die kontinuierliche Entwicklungen oder auch die Mehrspartenstruktur widerspiegeln. Für die Auswahl waren vor allem zwei Kriterien wesentlich: erstens der Produktionscharakter, also die Entstehung künstlerischer Arbeiten aufgrund eines Auftrags von seiten des Forum Stadtpark; zweitens die Tendenz zur intermedialen oder interdisziplinären Überschreitung einzelner Kunstgattungen. Die Aufarbeitung konzentrierte sich unter anderem auf Konzept-Veranstaltungsreihen, die vor allem in den 80er und 90er Jahren vom Literaturreferat organisiert wurden, auf Eigenproduktionen des Theaters, Beat- und Poptendenzen sowie auf ein spartenübergreifendes Konzeptkunstwerk, das von der bildenden Kunst ausging - die »Lord Jim Loge«. Analysen zu diesen Themen wurden in einem Band publiziert, der zusätzlich einen ausführlichen Materialienteil mit essayistischen Texten und Niederschriften von Diskussionen enthält.[1] Ein weiteres größeres Dokumentationsprojekt diente der Erstellung eines umfassenden Forum-Stadtpark-Handbuchs, das Fakten mit Oral History kombiniert: Der eine Teil bietet chronologische Listen der Veranstaltungen und Publikationen aller Referate; der zweite Teil umfaßt Darstellungen der ästhetischen und organisatorischen Konzepte der Referentinnen und Referenten (also Programmgestalter) seit 1960, die auf Interviews basieren. (Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden erstmals zu diesem Thema ausführlicher befragt). Dieses Handbuch wird unter dem Titel »›Bekenntnis und Konfrontation‹. Das Forum Stadtpark. 1960-2000« publiziert und ist in einer speziell aufbereiteten Form bereits als Internet-Archiv zugänglich, das im Hinblick auf zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten konzipiert ist.[2] Die Online-Version enthält Bild-, Ton- und Textdokumente aus dem Archivbestand; zusätzlich steht auch eine Suchmaschine für gezielte Abfragen zur Verfügung. Die Kombination beider Publikationsformen (Buch und Internet) soll eine optimale Präsentation und Nutzbarkeit der Daten gewährleisten. Ein dritter Schwerpunkt im Bereich der Dokumentation betraf die Präsentation »jugoslawischer« Kunst und Literatur im Forum Stadtpark. Auch hier stand mit zwei Literatursymposien (»Das jugoslawische Labyrinth«, 1988 und 1995) und einer größeren Veranstaltung in der Sparte »Bildende Kunst« (»Medien, Macht, Krieg«, 1999) Text- und Diskussionsmaterial für einen weiteren Materialienband zur Verfügung, der im letzten Jahr als dritte Buchpublikation des Projekts »Archiv Forum Stadtpark« vorbereitet wurde.[3] Christine Rigler |
Anmerkungen1] Kunst und Überschreitung. Vier Jahrzehnte Interdisziplinarität im Forum Stadtpark. Hg. von Christine Rigler und Klaus Zeyringer. Innsbruck, Wien: Studien Verlag 1999 (= Schriftenreihe des Instituts für Österreichkunde 8). 2] Der Band erscheint aller Voraussicht nach 2001 bei Böhlau. Das Internet-Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Christian Eigner, Betreiber des Wissensportals »zum thema:« (http://www.zum-thema.com/wissensbank/features.asp). 3] Der Band erscheint im Frühjahr 2001 im Studien Verlag und enthält Beiträge u. a. von: Dzevad Karahasan, Aleksandar Tišma, Rada Ivekovic, Nenad Popovic, Dragan Velikic, Boris Buden, Rena Tangens, Marina Grzinic und Katharina Pejovic. |
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