ALEXdazumal

Als in der Schule noch alles anders war!

Da der Schulbeginn naht, hat das Team von ALEX in Schulgesetzen gestöbert und dabei allerlei Interessantes gefunden. So führt beispielsweise das Landes-Regierungsblatt für das Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien aus dem Jahr 1855 die obligaten Lehrfächer für ein achtklassiges Gymnasium an: Latein, Griechisch, die deutsche und eine zweite Landes- oder Reichssprache, Geographie und Geschichte, Mathematik, die Naturwissenschaften und die philosophische Propadeutik.
Diese Fächer wurden allerdings nicht nur von den Lehrkräften, sondern auch – im Gegensatz zu heute – vom Gymnasialdirektor unterrichtet, der dazu verpflichtet war, und zwar an achtklassigen Gymnasien wöchentlich fünf bis acht, an Untergymnasien zehn bis vierzehn Stunden lang. Und weil auch heute die Diskussion um die Arbeitszeit des Lehrpersonals nicht abgeklungen ist, sei auf die Situation Mitte des 19. Jahrhunderts hinzuweisen: Im Allgemeinen ist die Anzahl der Lehrstunden derart zu vertheilen, daß auf die Lehrer der alten und der lebenden Sprachen höchstens siebzehn, auf die Lehrer der übrigen Gegenstände regelmäßig zwanzig Lehrstunden wöchentlich entfallen.
Das Allgemeine Landesgesetz- und Regierungsblatt für das Kronland Österreich ob der Enns bringt im Jahr 1850 einen Erlass des Unterrichtsministers, der für alle Gymnasiallehrer an öffentlichen Schulen gilt und ihnen das Ertheilen des Privatunterrichtes in den sogenannten Nachstunden untersagt. Als kleine Entschädigung für dieses Verbot wird den Lehrkräften allerdings unter gewissen Bedingungen eine Zulage aus dem Studienfonde von 200 fl. jährlich angeboten.
Nicht nur dies erscheint aus heutiger Sicht bemerkenswert, auch über einen weiteren Erlass aus dem Jahr 1850 (Allgemeines Landesgesetz- und Regierungsblatt für das Kronland Österreich ob der Enns), kann man sich heute nur wundern: An verschiedensten Universitäten, unter anderem in Wien, Graz, Innsbruck und Prag, wurden Bestimmungen über die ausnahmsweise Abhaltung von Prüfungen über die Erziehungskunde und Landwirthschaftslehre an der filosofischen Fakultät getroffen. So streng war man bei der Trennung der Wissenschaften im 19. Jahrhundert also doch nicht. In diesem Sinne, schöne Restferien!

Die Gesetzblätter aus Schlesien aus dem Zeitraum 1850 bis 1920 finden Sie hier.
Die Landesgesetze von Oberösterreich von 1849 bis 1995 lassen sich hier nachlesen.

Österreich ist frei!

Unterschriftenseite des Staatsvertrages 1955, Fotograf: Kern, Fritz. Aufgenommen am 15.05.1955 (Bildarchivaustria #394252, ÖNB)

Diese berühmten Worte sprach Leopold Figl am 15. Mai 1955 im Marmorsaal des Schlosses Belvedere in Wien, bevor er den Balkon zur Präsentation des "Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich" betrat. Der Vertrag, der von den Allierten und der österreichischen Bundesregierung an eben diesen Tag unterzeichnet wurde, trat am 27. Juli 1955 in Kraft.
Der aus einer Präambel und neun Teilen bestehende Vertrag ist online im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes (kurz: RIS) verfügbar unter der Nummer BGBl. 152/1955. Einige Teilaspekte des Vertrages wurden mittlerweile als nicht mehr geltend festgestellt und somit außer Kraft gesetzt.
In der akustischen Webausstellung der Österreichischen Mediathek (www.staatsvertrag.at) sind auch Audiodokumente zu diesem historischen Tag verfügbar. Das Original befindet sich im Außenministerium in Moskau, im Österreichischen Staatsarchiv befindet sich eine Abschrift.
Das Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes verweist bei den historischen Teilen auf ALEX.

In ALEX vorhanden ist jener Staatsvertrag, den Österreich mit den Alliierten Mächten nach dem 1. Weltkrieg am 10. September 1919 unterzeichnet hatte - der Staatsvertrag von St. Germain-en-Laye.


Billardtisch vs. Kaffeetasse

Was die Freizeitvergnügungen 1842 betraf, so waren weitaus nicht alle Arten von Spielen und anderen Unterhaltungen gerne gesehen, wie es die Provinzialgesetzsammlung – Österreich unter der Enns beschreibt. Billard war eines der akzeptierten öffentlichen Spiele, allerdings galt: Die Haltung von Billards in den Gasthäusern kann nur in Orten als gerechtfertigt erscheinen, wo keine Kaffehhäuser bestehen und wo einem hierzu geeigneten Publikum dennoch das Vergnügen dieses Spieles gegönnt werden will.
Der (geeignete!) Gast musste sich demnach entscheiden, ob er lieber einen Kaffee schlürfen oder seine Billardkugeln versenken wollte. Doch das waren nicht die einzigen Einschränkungen: An Sonn- und Feiertagen waren öffentliche Spiele grundsätzlich verpönt und verboten. Als Antwort auf die Frage, ob dieses Verbot denn nur für den städtischen Bereich oder auch für die Landgemeinden gelte, findet sich in der Provinzialgesetzsammlung des Jahres 1842 folgender Text: Ueber den in Anregung gekommenen Zweifel, ob das in der Vorschrift vom Jahre 1803 enthaltene Verbot der öffentlichen Spiele in Gast- und Kaffehhäusern vor der Beendigung des nachmittägigen Gottesdienstes auch auf das flache Land anwendbar sei – wird lediglich auf das, die Heilung der Sonn- und Feiertage betreffende, allerhöchste Patent vom 3. Januar 1772 hingewiesen, nachdem bereits hierin die allgemeine Bestimmung, „dass an Sonn- und Feiertagen bis 4 Uhr alle Gattungen der Spiele in Gast-. Kaffeh- und Wirthshöusern verboten sind“ – enthalten ist, welche daher auch auf dem Lande gehörig zu beobachten und handzuhaben seyn wird.
Die Provinzialgesetzsammlung des Zeitraums 1831 bis 1847 mit sämtlichen – teilweise heute kurios anmutenden – Gesetzen wurde bereits digitalisiert und ist in ALEX online nachzulesen: Provinzialgesetzsammlung Österreich unter der Enns

100 Jahre Islamgesetz

Vor genau 100 Jahren, am 15. Juli 1912, trat in Österreich das sogenannte Islamgesetz in Kraft, nachdem durch den Berliner Kongress von 1878 und der zugehörigen Gebietsaufteilung Bosnien-Herzegowina Österreich-Ungarn zugesprochen wurde. Gemäß dem bereits 1867 in Kraft getretenen Staatsgrundgesetz musste das Islamgesetz geschaffen werden, um der in diesem Gebiet mehrheitlich muslimischen Bevölkerung die Ausübung ihres Glaubens zu ermöglichen.
Das aus heutiger Sicht sehr knapp gefasste Gesetz – es gliedert sich in lediglich acht kurze Paragraphen – war zum damaligen Zeitpunkt ein wichtiger Schritt in Sachen Integration innerhalb der Monarchie und schrieb Rechtsgeschichte, da die Integration des Islams in die geltende Rechtsordnung neu war. Erstmals erhielt diese Religion einen öffentlich-rechtlichen Status in einem nicht-muslimischen Staat.
Das Gesetz ruhte in der Zwischenkriegszeit und erst nach dem 2. Weltkrieg konnten muslimische Bürger sich z. B. wieder in Vereinen organisieren. Der 1971 gestellte Antrag auf gesetzliche Anerkennung der Glaubensgemeinschaft wurde erst im Jahre 1979 genehmigt, womit auch die Konstituierung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) erfolgte.
Die ursprüngliche Beschränkung auf die hanefitische Rechtsschule wurde erst im Jahre 1987 aufgehoben.
Die Stenographischen Protokolle vom Juli 1912 geben Aufschluss über die unmittelbar vorangehenden Schritte zur Verabschiedung des Gesetzes:


Für Interessierte ist auch die Suche in den Indizes der vorangegangenen Stenographischen Protokolle interessant: XIX. Session: 10.03.1909 – 11.07.1909
XX. Session: 20.10.1909 – 20.03.1911

 

Soldatensold und Pferdefutter unter Kaiser Franz Joseph I.

In Zeiten der Wirtschaftskrise ist ein Blick auf die Bezahlung der Soldaten vor 162 Jahren nicht uninteressant: Der Traktat vom 22. April 1850, gezeichnet von Kaiser Franz Joseph I. – legte genau fest, mit welchem Sold die k. k. österreichischen Truppen während des Belagerungs- , respective Kriegszustandes zu rechnen hatten.
Dieser Sold musste nicht unbedingt in der Form von Geld an die Rekruten ausbezahlt werden, auch sogenannte Natur-Leistungen waren üblich. Für die Mannschaft vom Unter-Officier abwärts […] gebührt täglich Eine Etappen-Ration pr. Kopf, nämlich: 1 3/4 Wiener Pfund Brot, oder als Uequivalent 1 2/3 Pfund Mehl oder 1 1/6 Pfund Zwieback. 1/4 Pfund Reis, oder als Uequivalent 1/5 Pf. Mehlspeise oder 1/2 Pf. Weizenmehl oder 1/2 Pf. Hülsenfrüchte […] u. 1/2 Pf. frisches Rindfleisch, 1/2 Maß Wein oder […] 1/4 Seitel Branntwein; endlich 1 Loth Salz.
Im Hinblick auf die heutige Gesetzeslage mutet es beinahe kurios an, dass 1850 auch die Rauchgewohnheiten der Rekruten berücksichtigt wurden: Da die Truppen an den Rauchtabak gewohnt und die Soldaten nicht im Stande sind, sich solchen zu hohen Preisen für ihren Bedarf anzuschaffen, so wird festgelegt, daß für jeden starken Raucher monatlich zwei Pfund und für jeden schwachen Raucher monatlich anderthalb Pfund Rauchtabak im Wiener Gewichte gegen Bezahlung von 12 Kreuzer pr. Pfund […] verabreicht werden.
Doch nicht nur der Lohn der Soldaten in Kriegszeiten, sondern auch jener der Tiere wurde in diesem Auszug des Kaiserlichen Reichsgesetzblattes detailliert angeführt: Die gewöhnliche Fourageportion für jedes Dienstpferd […] besteht in: Wiener Maß Hafer oder Spelt 1/8 Metzen. […] Andere Surrogate, als z.B. Bohnen, Erbsen und andere Körnergattungen sind als Pferdefutter nie anzunehmen.
Die vollständige Formulierung des Gesetzes ist Teil des Staatsvertrages vom 20. Mai 1850 im "Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Österreich"

1. Wiener Kinogesetz

Das erste Wiener Kinogesetz wurde am 11. Juni 1926 vom Wiener Gemeinderat als Landtag beschlossen und trat mit seiner Veröffentlichtung am 26. September 1926 in Kraft. Darin heißt es unter §1: Für die öffentliche Vorführung von Laufbildern (Filmen) mittelst Kinematographen ist eine behördliche Bewilligung erforderlich (Kinokonzession). [...] Desgleichen bedarf einer behördlichen Bewilligung (Konzession) die die Vorführung vo Steh(Glas-)bildern im Rahmen eines Erwerbsunternehmens mittels Skioptikons oder sonstiger Apparate.
Neben den Pflichten des Konzessionärs und der Ausübung der Konzession regelt das Gesetz auch die vorgeschriebene Ausbildung eines Kino-Operateurs (Bildwurfmeister), sowie Bau-, Feuer- und Sicherheitspolizeiliche Vorschriften für die Kino-Räumlichkeiten.
Des Weiteren schreibt das Gesez als Jugendschutzmaßnahme vor, dass nur Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, Vorführungen von Laufbildern in Kinematographentheatern als Zuschauer beiwohnen dürfen. Ausnahmen von dieser Regel können nur durchdas Magistrat nach der für alle zur Vorführung bestimmten Filme vorgeschriebenen Vorführung vor dem Magistrat gemacht werden.
Und auch bezüglich der Werbung für Filmvorführungen gibt es Einschränkungen:Ankündigungen, die unsittliche Vorführungen erwarten lassen oder auf sittenwidrige Schaulust berechnet sind, wie "Herrenabende", "Pikante Filme", sind verboten.
Das Wiener Kinogesetz von 1926 löste die "Verordnung des Ministeriums des Innern betreffend die Veranstaltung öffentlicher Schaustellugen mittels eines Kinematographen" vom 18. September 1912 ab und war bis zu seiner Abänderung am 14. März 1930 in dieser Form gültig.
1. Wiener Kinogesetz vom 11. Juni 1926
Verordnung des Ministeriums des Innen vom 18. eptember 1912 betrffend die Veranstaltung öffentlicher Schaustellung mittels eines Kinematographen.
Gesetz vom 14. März 1930 betreffend die Abänderung des Wiener Kinogesetzes

Wiener Sportgroschen-Gesetz

Das Wiener Sportgroschen-Gesetz (heute: Wiener Sportförderungsbeitragsgesetz) wurde am 25. März 1948 beschlossen und am 29. Mai desselben Jahres ausgegeben. Das dem Deutschen Sportgroschen ähnliche System wird in Österreich gleich mit der Vergnügungssteuer eingehoben in einer Höhe von 10 Prozent des Eintrittspreises. Das Gesetz hat zahlreiche kleine Abänderungen erfahren, hat jedoch noch immer in Österreich seine Gültigkeit. Eingehoben werden muss der Beitrag gemeinsam mit der Vergnügungssteuer vom Veranstalter, der diese wiederum getrennt voneinander bei dem Wiener Magistrat abführen muss. Über die Verwendung des von der Stadt Wien im „Wiener Sportfonds“ verwartete Vermögen wird im Wiener Gemeinderatsausschuss nach Anhörung des Sportbeirates entschieden. Generell soll der Fonds zum Ausbau und der Errichtung von Sportanlagen und –einrichtungen dienlich sein. Bei Nichteinbringung der Gebühren durch den Veranstalter droht diesem eine Geld- bzw. Freiheitsstrafe.

Die genauen Formulierungen zum Gesetz in unterschiedlichen Fassungen:
Landesgesetzblatt für Wien 1948, Gesetz Nr. 16
Sportgroschengesetznovelle 1960
Wiederverlautbarung des Gesetzes vom 25. März 1948 über die Einhebung des Sportgroschens im Gebiete der Stadt Wien (Wiener Sportgroschengesetz), 1983, 27. Kundmachung vom 23. Juni 1983
Abgabenrechtliche Strafbestimmungen 1990, Gesetz Nr. 73
Sportgroschengesetz für Wien 1983, Änderung, 2000 Gesetz Nr. 49

1. Juni 1811

Diesmal ein kleiner Beitrag zur Rechtsgeschichte Österreichs - quasi ALEXdazumal!

Am 1. Juni 1811 wurde das kaiserliche Gesetz zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie kundgemacht, welches mit 1. Jänner 1812 in Kraft trat. Es handelt sich bei dem Österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch um das zweitälteste noch in Kraft stehende Zivilrecht, ältestes ist der französische Code Civil von 1807. Der Schöpfer des Gesetzeswerkes Franz von Zeiller unterteilte das Gesetz wie folgt auf:

  • Präambel / Promulgationsklausel
  • Einleitung: von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt (Allgemeiner Teil)
  • 1. Teil: von dem Personenrechte
  • 2. Teil: Von dem Sachenrechte
  • 3. Teil: Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte

Mit dem Zerfall der Monarchie verlor das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch jedoch nicht seine Gültigkeit, sondern wurde von den ehemaligen Kronländern sogar zum Teil weiter übernommen, teilweise sogar das Geltungsgebiet ausgedehnt (vielfach wurde das ABGB auch von anderen Nationen rezipiert).
Umfangreiche Abänderungen des ABGB erfolgten mit den Teilnovellierungen von 1914, 1915 und 1916. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Familienrecht grundlegend überarbeitet. Zum heutigen Zeitpunkt sind bereits viele Teilgebiete außerhalb des ABGB in eigenständigen Gesetzen geregelt, wie zum Beispiel das Ehegesetz, das Mietrechtsgesetz oder auch das Konsumentenschutzgesetz. Bei den noch gültigen Gesetzen muss bedacht werden, dass diese auch noch im historischen Sprachgebrauch geschrieben sind und daher dieser bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen.
Die Bestimmungen die noch findet man in der ursprünglich historischen Fassung von 1811 in ALEX, dem Portal für historische Gesetzestexte der Österreichischen Nationalbibliothek. Die Aktuellen Fassungen findet man im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes.