Retz, Dominikaner
Dominikanerkonvent Retz, Niederösterreich


Klostergasse 37
2070 Retz
(02942) 200 32
Homepage: www.dominikaner-retz.at

Bibliothek: Herr F. Jezik (0699) 10 72 62 95
E-Mail: erika.friedl.jezik@utanet.at

 

Benützung: Nur in Ausnahmefällen nach Vereinbarung mit Herrn Jezik.

G: Das Kloster in Retz wurde vor mehr als 700 Jahren im Auftrag des von Rudolf von Habsburg belehnten regionalen Grafengeschlechts der Meydburger von Hardegg gegründet. Es wurde den Dominikanern anvertraut, die dort in der Folge von kleineren Grundschenkungen und dem Weinbau lebten. Die Kirche, älteste dreischiffige Hallenkirche Österreichs mit erhöhtem Mittelschiff, stiftete 1279 Graf Berchtold von Rabenswalde-Hardegg, Gründer der Stadt Retz. Das Retzer Kloster kämpfte 1425 während der Hussitenkriege, dann in der Zeit der Türkeneinfälle und schließlich durch Belagerungen im Dreißigjährigen Krieg mit dem Überleben. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jhs begann unter Prior Raimund Ortz (1675-1679) eine Phase der Konsolidierung und des Wiederaufbaus.
Die Klosterbibliothek dürfte bereits vor den Verwüstungen bestanden haben. Das Inventar von 1545 bezeugt „Liberei und die Schuell“ und erwähnt dort verwahrte 364 Bücher, „groß und klein, geschrieben und gedruckt, außerdem Gesang und Kirchenbücher“. Darunter befanden sich Bücher aus dem Wiener Dominikanerkonvent, die an das Retzer Kloster als Ersatz für den nicht dorthin ausgelieferten Nachlaß des Gelehrten Franz von Retz (†1427 in Wien) gesandt worden waren. Ein weiteres Konvolut brachte Prior Virgil Gerber (†1515), aus dessen Lehrtätigkeit an der Kölner Universität die ältesten Bücher in Retz stammen sollen. Der Prior und spätere Provinzial der deutschen Ordensprovinz Ortz hinterließ ebenfalls zahlreiche Bücher.
Während des barocken Um- und Neubaus der Klosteranlage wurde ein Bibliotheksraum über dem Kreuzgang mit Fresken und neuen Bücherkästen eingerichtet. 1714 sollen drei Buchbinder, ein Tischler und zwei Maler 40 Wochen damit beschäftigt gewesen sein.
Unter den Magistri der Hauslehranstalt in Retz war damals bis zu seinem Tode 1721 der Retzer Konventuale Raimund Fizing, 1712-1717 Provinzial der neugegründeten ungarisch-österreichischen Ordensprovinz. Er legte 1717, wohl mit der Aufstellung der Bücher im neuen Raum, den ersten Bibliothekskatalog an und hinterließ seine aus sächsischem Adelshaus bereicherte Privatbibliothek dem Kloster, darunter zahlreiche Inkunabeln.
Von den josephinischen Klosterreformen war Retz nur mittelbar betroffen (die Kremser Dominikaner zogen sich ins nahegelegene Retzer Haus zurück). Im 19. Jh wurde die Bibliothek durch die umfangreiche Büchersammlung von P. Ignatz Lamatsch (1797-1863) beträchtlich erweitert. Aus der Geschichte der Klosterbibliothek im 20. Jh ist ein nicht dokumentierter Verkauf von Inkunabeln in der Zeit der Wirtschaftskrise zu erwähnen. Der im alten Katalog genannte Bestand von 180 Inkunabeln wurde dabei auf etwa ein Drittel reduziert. Dabei dürfte wohl auch das mit dem Retzer Stempel versehene Exemplar von Fernando de Rojas’ La Celestina (Toledo 1500) außer Haus gekommen sein (heute Bibliotheca Bodmeriana). Von 53 Werken (darunter mehrere Inkunabeln), die 1982 bei einem Einbruch gestohlen wurden, kamen 48, z.T. sehr beschädigt, zurück.
Von den etwa 5800 Titeln in der Bibliothek steht der erhaltene Bestand bis 1800 (etwa 3000) im alten Bibliotheksraum, im großen und ganzen in Übereinstimmung mit den originalen Aufschriften der Bücherkästen - ein eindrucksvolles Kulturzeugnis der Region. 2007 wurde das Kloster von den Dominikanern einer Stiftung übergeben. 15 Inkunabeln und einige Drucke des 16. Jhs wurden ins Dominikanerkloster Wien (s. dort "Retzer Bestand") gebracht. Die restliche Bibliothek bleibt unter Ensembleschutz des Bundesdenkmalamtes in Retz bestehen.

INK: 55, davon 3 Mehrfachexemplare.
Ausgehend von der Bestandsliste F. Jeziks wurden alle Exemplare in Autopsie bestimmt.
16. Jh: Nr. 1969, 3246 (wohl 1514), 3330 (Quentell 1509).

 
Stand: Februar 2008