Ödön von Horváth-Tage 2005:
Ein Fräulein wird verkauft

Zeit:
17. Juni - 18. Juni 2005

Eröffnung:
Freitag, 17. Juni 2005, 16:00 Uhr

Ort:
Theater Gruppe 80 (Homepage)
1060 Wien, Gumpendorferstr.67

Eintritt:
Vorträge: frei; Lesung: Zählkarten; Theater: EUR 15,- (s.u.)

Kontakt:
Österreichisches Literaturarchiv

Information:
Ödön von Horváth ist ein moderner Klassiker. Für seine scharfen Gesellschaftsanalysen ist er ebenso bekannt wie für die schlichte Eindringlichkeit seiner Sätze. "Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit", lautet das Motto der "Geschichten aus dem Wiener Wald". Und in einem jener irren Sätze, von denen sich Peter Handke begeistert zeigte, heißt es: "Da fliegen überall so schwarze Würmer herum."
Ein Blick in den Nachlaßbestand des Autors am Österreichischen Literaturarchiv (ein Teil davon als Leihgabe der Wiener Stadt- und Landesbibliothek) läßt an seinem Werk ganz neue Seiten erkennen: Bis heute findet man in den Materialien unveröffentlichte Texte, und auch die präzise Spracharbeit hellt sich am Entstehungsprozeß der Werke unmittelbar auf.
Woher, so lautet eine der Fragen, hat Horváth das Material seiner großen Volksstücke genommen? Populäre Stoffe der Weimarer Republik, die eher im Kino oder am Oktoberfest zu Hause waren als in der hohen Literatur, boten dafür in vielen Fällen einen Ansatzpunkt. Darunter die Vorstellung des sogenannten "Mädchenhandels" - ein Thema, von dem man sich zu Beginn der 1930er Jahre fasziniert zeigte und das der Autor in veränderter Form auf die Bühne brachte.
Die Wiener Horváth-Tage 2005 tragen den Titel "Ein Fräulein wird verkauft" und sprechen damit eines jener weitgehend unbekannten, frühen Dramenfragmente an. In Aufführungen, Vorträgen, Lesungen und Gesprächen zwischen Literaturwissenschaftern, Theaterleuten und Autoren wird die lange Entwicklungsgeschichte der Horváthschen Fräulein-Figur aufgezeigt und damit ein neuer Zugang gerade zu den berühmtesten Bühnenstücken des Autors geschaffen.

Ödön-von-Horváth-Tage 2005: Eine Veranstaltung des Vereins Ödön von Horváth in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. In Kooperation mit der Ödön-von-Horváth-Gesellschaft in Murnau und mit Unterstützung des Bundeskanzleramtes: Kunstsektion sowie der Kulturabteilung der Stadt Wien, Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung. Dank für die Überlassung von Aufführungsrechte an den Thomas-Sessler-Verlag, Wien.

Neuerscheinung: Ödön von Horváth: Ein Fräulein wird verkauft und andere Stücke aus dem Nachlaß. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005 (= suhrkamp taschenbuch 3698), 237 Seiten, € 8,80.

Kartenreservierung für Lesung (Zählkarten) und Theateraufführung (Eintritt € 15.-) unter 01/586 52 22.

Programm:

Freitag, 17.6.2005
Theater Gruppe 80

16.00 Uhr
Hans-Thies Lehmann: Sprache des Menschen, Sprache des Unmenschen. Zur Aktualität von Horváths Theater

17.00 Uhr
Erwin Gartner: "Es wimmelt von Lustmördern" - Schlachten und Schneiden bei Ödön von Horváth
Monika Meister: Horváths Zäsuren: Dramaturgie der Stille

20.00 Uhr
Klaus Kastberger: Neuigkeiten aus der Horváth-Philologie. Eine Einleitung
"Magazin des Glücks" - Franz Schuh liest Ödön von Horváth

Samstag, 18.6.2005

13.00 Uhr
Evelyne Polt-Heinzl: Wo die Fräuleins wohnen. Von Vermieterinnen, Zimmerherrn und sonstigen Subjekten
Nicole Streitler: Die schöne Unbekannte bei Schnitzler, Musil, Horváth

15.30 Uhr
Ulrich Schulenburg: Warum verkaufen sich Horváth-Fräulein leichter?
Wolfgang Kralicek: Marianne lebt hier nicht mehr. Über zeitgenössische Inszenierungen von Horváths Fräuleindramen

18.00 Uhr
Mein Horváthscher Lieblingssatz - Podiumsdiskussion mit Statements von Ulf Birbaumer, Georg Büttel, Gustav Ernst, Franzobel, Daniela Strigl. Moderation: Klaus Kastberger

20.30 bis 21.30
SECHSUNDDREIßIG STUNDEN
Solostück nach Ödön von Horváths Roman
Es spielt Angela Hundsdorfer
Regie: Georg Büttel, Bühne: Fabian Wettlaufer, Textfassung: Angela Hundsdorfer, Georg Büttel, Aufführungsrechte: Thomas Sessler Verlag, Wien
"Die ganze Geschichte spielt in München. Als Agnes ihren Eugen kennenlernte, da war es noch Sommer. Sie waren beide arbeitslos und Eugen knüpfte daran an, als er sie ansprach."
In einer von Männern dominierten Welt versucht das Fräulein Agnes Pollinger zu überleben - und dabei anständig zu bleiben - Ödön von Horváths erster Roman aus dem Jahr 1929.

Eine Produktion der Ödön-von-Horváth-Gesellschaft für die Murnauer Horváth-Tage 2004

Anschließend: Musik vom Oktoberfest, Weißwurst, Brezen und Bier

Nähere Informationen zum Programm unter lit@onb.ac.at oder Tel. 01/53410-327 (Herr Seda). Für den Inhalt verantwortlich: Verein Ödön von Horváth, Österreichisches Literaturarchiv, Klaus Kastberger, Josefsplatz 1, 1015 Wien.

TeilnehmerInnen:

Ulf Birbaumer, geb. 1939 in Waidhofen/Ybbs, bis 2002 Professor für Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien. Mitbegründer des FO-Theaters in den Arbeiterbezirken. Forschungsschwerpunkte: Volkstheater, 20. Jahrhundert, Medientheorie, Film- und Fernsehwissenschaft. Zahlreiche Publikationen u.a. zu Gatti, Boal und Dario Fo.
Georg Büttel, geb. 1969 in München; Regisseur, Fernsehautor und Librettist; Künstlerischer Leiter des Kultursommers Garmisch-Partenkirchen 2003-2005; Künstlerischer Leiter der Murnauer Horváth-Tage 1998-2004; diverse Horváth-Inszenierungen.
Gustav Ernst, geb. 1944 in Wien. Schreibt Romane, Theaterstücke und Drehbücher für Kinofilme (u.a. "Exit - nur keine Panik"). Zuletzt erschienen: Blutbad, Strip und tausend Rosen. Theaterstücke (2004).
Franzobel, geb. 1967 in Vöcklabruck, lebt als freischaffender Schriftsteller und Theaterdichter in Wien. Zuletzt erschienen: Lusthaus oder die Schule der Gemeinheit (2002), Lunapark. Vergnügungsgedichte (2003).
Erwin Gartner, geb. 1976 in Wolfsberg, Projektmitarbeiter am Österreichischen Literaturarchiv, Aufsätze zu Ödön von Horváth, arbeitet derzeit an der Fertigstellung einer Dissertation zur Entstehung der "Geschichten aus dem Wiener Wald".
Angela Hundsdorfer, geb. 1974 in Garmisch-Partenkirchen, lebt in Berlin. Freischaffende Schauspielerin und Regisseurin; Engagements u.a. bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall und der Spreebühne Berlin. Spielte an mehreren Bühnen Horváthsche Fräulein-Figuren.
Klaus Kastberger, geb. 1963 in Gmunden, Literaturwissenschafter und -kritiker, Univ.-Doz., wiss. Mitarbeiter am Österreichischen Literaturarchiv. Publikationen (u.a.): (Hg.) Ödön von Horváth: Unendliche Dummheit - dumme Unendlichkeit (2001).
Wolfgang Kralicek, geb. 1965 in Wien. Kulturredakteur und Theaterkritiker der Stadtzeitung "Falter". Regelmäßige Mitarbeit bei der Zeitschrift "Theater heute".
Hans-Thies Lehmann, Professor für Theaterwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Internationale Lehrtätigkeit. Zuletzt erschienen: Postdramatisches Theater (1999), Das Politische Schreiben (2002), Heiner Müller Handbuch (2004).
Monika Meister, geb. 1949, Ao.Univ.-Prof., Vorständin des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien, zahlreiche Publikationen zur Theoriegeschichte des Theaters und zur Theaterästhetik des 20. Jhdts.
Evelyne Polt-Heinzl, geb. 1960, Dr. phil, Literaturwissenschafterin und -kritikerin in Wien. Seit 1995 zahlreiche Anthologien für den Reclam-Verlag. Zuletzt erschienen: Bücher haben viele Seiten. Leser haben viele Leben (2004).
Franz Schuh, geb. 1947, Dr. phil., lebt als Schriftsteller, Kulturphilosoph und -kritiker in Wien, regelmäßige Beiträge u.a. für "Die Zeit". Publikationen (u.a.): Schreibkräfte. Über Literatur, Glück und Unglück (2000).
Ulrich Schulenburg, geb. 1941 in Wien, Prof., Miteigentümer des Thomas Sessler Verlages und Geschäftsführer u.a. der Sascha-Film, Wien. Zahlreiche Publikationen zum Theaterverlagswesen und über Autoren wie Ödön von Horváth, Peter Turrini, Helmut Qualtinger, Karl Farkas, Jura Soyfer u.a. Zuletzt erschienen: (Mit-Hg.) Geboren in Fiume - Ödön von Horváth ( 2002).
Nicole Streitler, geb. 1972, Dr. phil., Literaturwissenschafterin und -kritikerin (Der Standard und falter), Mitarbeit an der digitalen Edition Robert Musils, Dissertation zum Thema "Musil als Kritiker".
Daniela Strigl, geb. 1964, Dr. phil., Literaturwissenschafterin und -kritikerin in Wien, Österreichischer Staatspreis für Literaturkritik 2001, Jurorin beim Ingeborg-Bachmann-Preis. Publikationen (u.a.): Marlen Haushofer. Die Biographie (2000).


© Nationalbibliothek, 2000
last update: 10.05.2005

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