Projekte

Günther Anders: Erschließung und Kontextualisierung ausgewählter Schriften aus dem Nachlass

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann
Institut für Philosophie der Universität Wien
Tel.: (+43 1) 4277-474 13
E-Mail: konrad.liessmann@univie.ac.at

Kooperationspartner:

Priv.-Doz. Dr. Bernhard Fetz
Tel.: (+43 1) 534 10-344
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: bernhard.fetz@onb.ac.at

ProjektmitarbeiterInnen:

Mag. Kerstin Putz (Literaturarchiv)
E-Mail: kerstin.putz@onb.ac.at
Mag. Reinhard Ellensohn (Institut für Philosophie)
E-Mail: reinhard.ellensohn@univie.ac.at

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 2. Jänner 2012 bis 1. Jänner 2015

Kurzbeschreibung
Das Projekt widmet sich der textkritischen Erschließung und Kontextualisierung ausgewählter Schriften aus dem umfangreichen Nachlassbestand des Philosophen und Schriftstellers Günther Stern/Anders (Breslau 1902 – Wien 1992). Der Nachlass befindet sich seit 2004 am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und soll im Rahmen des Projekts einer umfassenden Sichtung und Bewertung unterzogen werden. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Anders’ Texten zur frühen Anthropologie, zur Musikphilosophie, zur Sprachkritik sowie zum Verhältnis von Literatur und Philosophie. Anders verfasste im Umfeld von Husserl, Heidegger, Scheler und Plessner eine eigenständige philosophische Anthropologie, deren 'latente Wirkungsgeschichte' sich in der französischen Phänomenologie von Sartre, Merleau-Ponty bis Deleuze verfolgen lässt. Weiters konzipierte er eine genuine Musikphilosophie, aufbauend auf Heideggers Existentialontologie und von großer Bedeutung für die systematische Musikwissenschaft. Hinzu kommen Schriften zur Ästhetik und Sprachkritik, autobiographische Texte, Tagebücher, Aphorismen, Fabeln, Dialoge und andere literarische Texte. Die Kontextualisierung dieser nachgelassenen Schriften erfolgt in werkimmanenter, historisch-biographischer, rezeptionsgeschichtlicher, kultur- und philosophiehistorischer Hinsicht, sowie mit Rücksicht auf aktuelle philosophische und kulturwissenschaftliche Diskurse. Darüber hinaus soll ein Editionskonzept zu den genannten Schwerpunktthemen erstellt und die Möglichkeit einer Edition weiterer Texte aus dem Nachlass geprüft werden.
Besondere Berücksichtigung soll auch der Korrespondenzbestand finden, der sich ebenfalls am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek befindet und Günther Anders als Teil eines prominenten intellektuellen Netzwerks zeigt. Anders studierte bei Cassirer, Husserl und Heidegger, war Ehemann und philosophischer Gesprächspartner von Hannah Arendt, befreundet oder in intellektueller Auseinandersetzung mit Theodor W. Adorno, Walter Benjamin, Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Hans Magnus Enzensberger, Max Horkheimer, Hans Jonas, Karl Löwith, Georg Lukács, Herbert Marcuse, Jean Paul Sartre u. a.
Das Projekt erfolgt in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Philosophie der Universität Wien und dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. 

Inhaltliche und formale Erschließung des Teilnachlasses Bogdan Bogdanović

Projektleitung:

Priv.-Doz. Dr. Bernhard Fetz
Tel.: (+43 1) 534 10-344
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: bernhard.fetz@onb.ac.at

ProjektmitarbeiterInnen:

Dr. Ivan Ristić 
E-Mail: ivan.ristic@onb.ac.at

Finanzierung: ERSTE Stiftung
Laufzeit: 1. November 2011 bis 31. Oktober 2012

Kurzbeschreibung
Der serbische Architekt, Stadttheoretiker und Essayist Bogdan Bogdanović wurde am 20. 8. 1922 in Belgrad geboren und verstarb am 18. 6. 2010 in Wien. In seiner architektonischen Praxis galt das Augenmerk bereits seit den frühen 1950er Jahren dem Denkmalbau; seine in verschiedenen jugoslawischen Teilrepubliken entstandenen Gedenkstätten für die Opfer des Faschismus und die gefallenen Widerstandskämpfer bedeuteten durch ihre zivilisationenübergreifende Mehrdeutigkeit eine radikale Abkehr von den damals üblichen (ideologisch vorgegebenen) Praktiken. Parallel dazu unterrichtete Bogdanović an der Architektonischen Fakultät in Belgrad. Die Stadt zählte zu den Hauptthemen seines theoretischen Werks. Bis heute vielbeachtet bleibt auch das 1963 erstmals erschienene "Zaludna mistrija" ("Die müßige Maurerkelle"), eine traumwandlerische Begegnung des Architekten mit den Baumeistern vergangener Jahrhunderte.
Als Vertreter des liberalen Flügels der Kommunistischen Partei Serbiens wurde Bogdanović 1982 Bürgermeister von Belgrad und blieb vier Jahre in diesem Amt. Nach seinem offenen Konflikt mit Slobodan Milošević und dem Beginn der Jugoslawien-Kriege lebte er im Wiener Exil, wo er seine essayistische und schriftstellerische Tätigkeit fortsetzte.
Ziel des Projekts ist eine systematische Erschließung des Teilnachlasses gemäß den Rahmenrichtlinien der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autografen (RNA) sowie die schwerpunktmäßige Katalogisierung wichtiger Teile in den ÖNB-HANNA-Katalog. Darüber hinaus sollen insbesondere auch die Schriften in serbischer Sprache für etwaige Editionsvorhaben vorbereitet werden.

Ödön von Horváth: Wiener Ausgabe (Edition und Interpretation)

Projektleitung:

Priv.-Dr. Klaus Kastberger
Tel.: (+43 1) 534 10-349
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: klaus.kastberger@onb.ac.at

ProjektmitarbeiterInnen am Standort Literaturarchiv:

Dr. Nicole Streitler-Kastberger
Tel.: (+43 1) 534 10-398
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: nicole.streitler@onb.ac.at
Mag. Martin Vejvar
Tel.: (+43 1) 534 10-398
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: martin.vejvar@onb.ac.at

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. September 2011 bis 31. August 2015

Kurzbeschreibung
Die „Wiener Ausgabe“ sämtlicher Werke Ödön von Horváths (1901-1938) ist eine historisch-kritische Edition. In achtzehn projektierten Bänden, von denen pro Jahr ein bis zwei Bände erscheinen sollen, umfasst sie alle abgeschlossenen und Fragment gebliebenen Werke des Autors sowie alle verfügbaren Briefe und Lebensdokumente. So legt die „Wiener Ausgabe“ in ihrer Gesamtheit der literatur- und theaterwissenschaftlichen Forschung erstmals die seit langem geforderte, vollständige und gesicherte Text- und Quellenbasis eines der wichtigsten und populärsten Vertreter der literarischen Moderne vor.
Die einzelnen Bände der „Wiener Ausgabe“ sind in ein Vorwort, einen Text- und einen Kommentarteil gegliedert. In ihrem Zusammenspiel machen diese Teile den Entstehungsprozess der Werke transparent und bieten die Möglichkeit eines schrittweisen Nachvollzugs bis in die Letztfassungen. Das Vorwort skizziert die Entstehungsgeschichte unter Miteinbeziehung der zeitgenössischen Rezeption. Der Textteil reiht die genetischen Materialien chronologisch, wobei Konzeptblätter des Autors faksimiliert werden und dem linearisiert wiedergegebenen Lesetext ein kritisch-genetischer Apparat beigefügt ist. Dieser macht die Änderungsprozesse deutlich, auf denen die konstituierten Fassungen basieren. Die Endfassungen der Werke werden zusätzlich in emendierter Form dargestellt. Im Kommentarteil findet sich ein chronologisches Verzeichnis, das alle vorhandenen Textträger formal und inhaltlich beschreibt und Argumente für die Reihung der darauf befindlichen Entwürfe und Fassungen liefert. Simulationsgrafiken dienen zur Darstellung komplexer werkgenetischer Vorgänge, die für die hochmoderne Arbeitsweise des Autors typisch sind.
Die Forschungsarbeiten an der „Wiener Ausgabe“ werden am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien durchgeführt, wo sich der umfangreiche Nachlassbestand des Autors befindet. Die ersten vier Bände der Ausgabe im Berliner Verlag de Gruyter liegen vor bzw. sind im Erscheinen begriffen: Kasimir und Karoline (2009), Don Juan kommt aus dem Krieg (Juni 2010), Der ewige Spießer (Dezember 2010), Figaro läßt sich scheiden (April 2011). Inhalt des eingereichten Projektes ist die Erarbeitung der Bände „Geschichten aus dem Wiener Wald“, „Jugend ohne Gott/Ein Kind unserer Zeit“ sowie „Ein Sklavenball/Pompeji“, ein spätes Stück des Autors, zu dem besonders viel und komplexes werkgenetisches Material vorliegt. Darüber hinaus soll im Rahmen des Projektes der Band „Briefe und Lebensdokumente“ erarbeitet und damit der Horváth-Forschung eine neue quellenkundliche Grundlage gegeben werden. Positive Effekte aus dem Projekt und aus dem offenen Textbegriff, den es vertritt und aktiv befördert, sind auch für die Umsetzung werkgenetischen Materials auf dem Theater und innerhalb von Diskursfeldern zu erwarten, die sich mit Schreibprozessen in kulturgeschichtlicher Weise beschäftigen
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Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie

Projektleitung:

Mag. Dr. Wilhelm Hemecker
Tel.: (+43 1) 42 77-42177
Fax: (+43 1) 42 77-42150
E-Mail: wilhelm.hemecker@gtb.lbg.ac.at

ProjektmitarbeiterInnen am Standort Literaturarchiv:

Katharina J. Schneider, M.A.
Tel.: (+43 1) 534 10-641
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: katharina.schneider@gtb.lbg.ac.at
Mag. Georg Huemer
Tel.: (+43 1) 534 10-641
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: georg.huemer@gtb.lbg.ac.at
David Österle
Tel.: (+43 1) 534 10-342
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: david.oesterle@gtb.lbg.ac.at
Dr. Hannes Schweiger (in Karenz)
E-Mail: hannes.schweiger@gtb.lbg.ac.at
Mag. Cornelia Nalepka (in Karenz)

Finanzierung: Ludwig Boltzmann Gesellschaft
Co-Finanzierung: Österreichische Nationalbibliothek, Universität Wien, Jüdisches Museum, Thomas-Bernhard-Stiftung, Deutsches Literaturarchiv, Freies Deutsches Hochstift
Laufzeit: 1. April 2005 bis 31. März 2012
Verlängerung seitens der Ludwig Boltzmann Gesellschaft bewilligt.

Kurzbeschreibung
Das Institut wurde im April 2005 gegründet und setzt sich aus einem internationalen Team von zehn ForscherInnen zusammen. Es erarbeitet eine Methodenkritik neuzeitlicher Biographik und eine Theorie der Gattung Biographie auf Basis gesellschafts- und literaturwissenschaftlicher, psychoanalytischer und gendertheoretischer Erkenntnisse. Das Institut widmet sich so einem dynamischen und interdisziplinären Forschungsfeld und reflektiert dabei kritisch die verschiedenen Forschungsansätze und Voraussetzungen biographischen Schreibens.
Das Forschungsprogramm gliedert sich in sieben Programmlinien: Neben Forschung zur Geschichte und Theorie der Biographie entstehen fünf wissenschaftliche Lebensbeschreibungen von ExponentInnen der Österreichischen Moderne: Hugo von Hofmannsthal, Leopold von Andrian, Eugenie Schwarzwald, Thomas Bernhard und Ernst Jandl. Umfangreiche Ausstellung begleiten die Publikationen, zuletzt „Die Jandl Show“ (Wien, München, Berlin).

Forschungsplattform Peter Handke

Projektleitung:

Priv.-Doz. Dr. Klaus Kastberger (Literaturarchiv)
Tel.: (+43 1) 534 10-349
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: klaus.kastberger@onb.ac.at

ProjektmitarbeiterInnen:

Mag. Katharina Pektor
Tel.: (+43 1) 534 10-627
E-Mail: katharina.pektor@onb.ac.at
Mag. Christoph Kepplinger
Tel.: (+43 1) 534 10-667
E-Mail: christoph.kepplinger@onb.ac.at

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 2. Mai 2011 bis 1. Mai 2014

Kurzbeschreibung
Das Projekt verzeichnet und beschreibt die maßgeblichen Quellen zur Entstehung des literarischen Werkes von Peter Handke und legt seine Ergebnisse auf einer elektronischen Forschungsplattform innerhalb der Website der Österreichischen Nationalbibliothek vor. Ausgangspunkt für die Arbeit am werkgenetischen Material ist der umfangreiche Vorlassbestand des Autors am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, in dem sich seine literarische Arbeit in Werknotizen, zahlreichen Fassungen, Typoskripten, Manuskripten und Begleitmaterialien (Fotos von Schauplätzen, Wanderkarten mit eingezeichneten Wegen etc.) umfassend dokumentiert. Neben dieser größten Handke-Sammlung weltweit finden sich Originale und Dokumentationsmaterialien zu dem oft kontroversiell diskutierten Gesamtwerk des Autors im Deutschen Literaturarchiv Marbach sowie in zahlreichen anderen öffentlichen und privaten Sammlungen. Die werkgenetischen Bestände werden im Rahmen des Projekts gesichtet, aufeinander bezogen und in geeigneter Form (als tabellarische Daten, Werk- und Quellengeschichten und unter Beiziehung von Faksimiles) präsentiert. Nicht allein für die Handke-Forschung, die sich in den letzten Jahren verstärkt textgenetischen Fragestellungen zugewandt hat, sondern auch für ein interessiertes Lesepublikum wird damit eine neue und materialzentrierte Grundlage zu einer weiteren und vertiefenden Beschäftigung mit einem der bedeutendsten österreichischen Gegenwartsautoren geschaffen. Die Forschungsplattform versteht sich dabei als ein offenes Projekt: Kuratiert von einem internationalen wissenschaftlichen Beirat bietet sie auch die Möglichkeit, werkgenetische Einzelstudien zu veröffentlichen und zu diskutieren.

Edition der Korrespondenz Alfred Kubin – Reinhard Piper

Projektleitung:

PD Dr. Klaus Kastberger (Literaturarchiv)

ProjektmitarbeiterInnen:

Mag. Marcel Illetschko (Transkription, Kommentar, Herausgeber)
Mag. Michaela Hirsch (Transkription, Herausgeberin)

Finanzierung: Österreichische Nationalbibliothek
Laufzeit: Jänner 2008 – März 2009

Kurzbeschreibung:

Der Briefwechsel zwischen dem Doppeltalent Alfred Kubin und dem Verleger Reinhard Piper ist eine der vollständigsten Künstler-Verleger-Korrespondenzen des 20. Jahrhunderts. Der Bestand des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek umfasst mehr als 300 handgeschriebene und teilweise eindrucksvoll illustrierte Briefe Kubins aus den Jahren 1907-1952 sowie über 200 maschinschriftliche Korrespondenzstücke Reinhard Pipers.
Als weitgehend neu zu erschließende Quelle belegt der Briefwechsel den Status Reinhard Pipers als Kulturverleger: Piper ist nicht nur Distributor fertiger Werke, er hält den Künstler auch immer wieder dazu an, bestimmte Projekte in Angriff zu nehmen, was sich nicht zuletzt in der Entstehung einer der interessantesten kubinschen Zeichnungs-Sammlungen überhaupt niederschlägt: den „Abenteuern einer Zeichenfeder“. Piper ist von Beginn an die treibende Kraft hinter diesem Buch, das schließlich nach langen Kämpfen gegen nationalsozialistische Einflussnahme und nahezu acht Jahren konsequenter Arbeit im März 1942 veröffentlicht werden kann. Stärker als die Autobiographie Kubins zeigen das die Briefe.
Darüber hinaus gibt die Lektüre des Briefwechsels Einblick in die Arbeitsweisen von Autor und Verleger und informiert weiters über private Befindlichkeiten der beiden Korrespondenten. Diese sind ob der markigen Ausdrucksweise Kubins und dem oft augenzwinkernden Umgang der Briefpartner miteinander kurzweilig und amüsant. Ausgehend von geschäftlichen Belangen im Jahr 1907 entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen Autor und Verleger und ein sehr persönlicher Austausch über Malerei und Literatur. So gewährt der Briefwechsel tiefe Einblicke in das Kulturschaffen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Schwerpunkte sind etwa das „leuchtende München“ der Prinzregentenzeit, aber auch Kubins Alterswerk.
Andere diskutierte Projekte im Briefwechsel sind etwa die Illustrationen zu Dostojewskis „Doppelgänger“, neue Einblicke in das Vorhaben „Bibelillustrationen“ des „Blauen Reiters“, Illustrationen zu Jean Pauls „Neujahrsnacht“, die Arbeiten zu Kubins „20 Bilder zur Bibel“ und „Abendrot“ und vieles mehr. Im Zuge der Zusammenstellung der Sammelbände gibt es darüber hinaus immer wieder Listen von Zeichnungen, die für bisherige Datierungsprobleme einzelner Kubin-Blätter von Relevanz sind.
Angestrebt wird – rechtzeitig zum 50. Todesjahr Kubins – eine Edition der etwa 550 Briefe mit einleitendem Vorwort, Namens-, Orts- und Werksregister, etwa 200 Seiten Kommentar zu Leben / Werk / künstlerischen und historischen Bezügen, einer Auswahl an Faksimiles der schönsten Briefbögen (in Verkleinerung, ca. 15 Stück) sowie Reproduktionen kleinerer, vom Text abgetrennter Illustrationen und Beigaben (ca. 80 Stück).

 

Gesamtverzeichnis der künstlerischen und wissenschaftlichen Nachlässe in Österreich

Projektleitung:

Priv.-Doz. Dr. Volker Kaukoreit (Literaturarchiv)

ProjektmitarbeiterInnen:

Mag. Teresa Profanter (Koordination und Datenerhebung)
Mag. Stefan Maurer (NachlasserInnen-Biographien)
Mag. Tanja Gausterer (Normdaten-Aufgaben)
Mag. Kyra Waldner (15.9.2009 bis 30.4.2010)

Finanzierung: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Co-Finanzierung: Österreichische Nationalbibliothek, Wienbibliothek im Rathaus, Österreichisches Theatermuseum (Wien), Adalbert-Stifter-Institut (Linz), Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Wien), Forschungsinstitut Brenner-Archiv (Innsbruck), Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek (Bregenz), Robert-Musil-Institut (Klagenfurt), Thomas-Bernhard-Archiv (Gmunden)
Laufzeit: 15. Dezember 2007 bis 14. Oktober 2010
Resultat: Datenbank

Kurzbeschreibung
Es steht außer Frage, dass künstlerische und wissenschaftliche Nachlässe (beispielsweise von Ingeborg Bachmann, Robert Musil, Ludwig Wittgenstein, Arnold Schönberg, Otto Wagner, Lina Loos, Egon Schiele oder Erwin Schrödinger) zum nationalen, in vielen Fällen sogar zum internationalen Kulturerbe gehören. Die bislang vorhandenen Verzeichnisse der Autoren Gerhard Renner (Die Nachlässe in den Bibliotheken und Museen der Republik Österreich [...]. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1993) und Murray G. Hall/Gerhard Renner (Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. 2. Aufl. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1995) spiegeln längst nicht mehr den stetig wachsenden Bestand der österreichischen Nachlässe wider und müssen zudem in ihrer gedruckten Form heute als anachronistisch betrachtet werden. Im Gegensatz zum deutschsprachigen Ausland existiert demnach - wie auch in der 2006 vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung und dem Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Auftrag gegebenen Studie Wissenschaftliches und kulturelles Erbe in Österreich explizit festgehalten wurde - in Österreich kein aktuelles und zeitgemäßes Zentralverzeichnis dieser Bestände.
Ziel des Projekts ist es daher - in Zusammenarbeit mit über 50 Partnerinstitutionen -, die Nachlässe aus den Gebieten der Kultur und Wissenschaft in Österreich so zentral und flächendeckend wie möglich nachzuweisen. Ein dafür zu entwickelnder OPAC soll über benutzerInnenfreundliche Sucheinstiege verfügen, sodass die gewünschten Informationen komfortabel und rasch abgerufen werden können. Ergänzend dazu werden auch biografische Kurzinformationen zu den NachlasserInnen bzw. BestandsbildnerInnen mit der Datenbank verlinkt sein.
Nach Abschluss des Projekts sollen in der Datenbank mehrere tausend Nachlässe verwaltet werden, womit die Basis für eine professionelle Weiterpflege der Projektergebnisse durch die Österreichische Nationalbibliothek und für ein Zusammengehen mit vergleichbaren, internationalen Verzeichnissen geschaffen wird.

Archiv der Grazer Autorinnen Autorenversammlung (GAV)

Projektleitung:

Dr. Michael Hansel (Literaturarchiv)

Projektmitarbeiterin:

Mag. Antonella Cerullo

Finanzierung: Grazer Autorinnen Autorenversammlung (GAV)
Laufzeit: 2. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009

Kurzbeschreibung

In dem Standardwerk Die Grazer Autorenversammlung (1973-1983). Zur Organisation einer Avantgarde? setzt sich Roland Innerhofer mit den ersten 10 Jahren der GAV auseinander. Er beschreibt die Gründungszeit des Vereins, dessen Motivationen, Vereinsdynamik und Leistungen. Innerhofers Arbeit liefert ein detailliertes Bild der Gründungsjahre des heute größten österreichischen AutorInnenvereins, der jedoch in den letzten zwei Jahrzehnten große Veränderungen erlebt hat, die bislang noch keiner elementaren Prüfung unterzogen wurden.
Ziel des Projekts ist eine systematische Erschließung des Archivbestandes der GAV ausgehend von den Rahmenrichtlinien der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autografen (RNA) und ihrer Adaptierung auf Bestände institutioneller Provenienz. Gleichzeitig soll auf der Basis der systematischen Aufarbeitung des umfangreichen dokumentarischen Materials mit Hilfe von Berichten einstiger und jetziger Mitglieder sowie unter Berücksichtigung auf sozialhistorischer Veränderungen die Geschichte der GAV von 1984 bis 1999 dokumentarisch erfasst und beurteilt und damit auch die Voraussetzung für weiterführende Forschungen geschaffen werden.

Österreichische Literaturzeitschriften von 1945 bis 1990

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler (verstorben 2008)
Priv.-Doz. Dr. Volker Kaukoreit (Literaturarchiv; seit 09/2008)

ProjektmitarbeiterInnen:

Mag. Tanja Gausterer
Mag. Holger Englerth
Mag. Gerhard Hubmann (1.4.2008 bis 31.3.2009)

Finanzierung: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Laufzeit: 2. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2009
Resultat: Zeitschriftenportal

Kurzbeschreibung

Auf der Basis der Bestände des Literaturarchivs soll eine Darstellung österreichischer Literaturzeitschriften des Zeitraums 1945 bis 1990 erfolgen. Das Material schließt so bedeutende Zeitschriften wie "Plan", "das silberboot", "Literatur und Kritik", "protokolle", "manuskripte" und "Wespennest" ein (Redaktionsarchive, Vor- und Nachlässe von Autorinnen und Autoren, z.B. Otto Basil, Josef Haslinger und Ernst Schönwiese). Privatsammlungen und Bestände anderer Literaturarchive werden in Kooperation mit diesen selbstverständlich miteinbezogen.
Eine vergleichende und übergreifend analytische Dokumentation von literarischen Zeitschriften in Österreich, die den vorgegebenen Zeitraum abdeckt, existiert bis jetzt noch nicht. Gerade in Literaturzeitschriften entwickelt sich aber jene Literatur, die dann erst später durch ihre literaturgeschichtliche Bewertung Anerkennung fand. In diesem Prozess geht allerdings die Vielfalt in ihrer ursprünglichen Kontextualität verloren.
Zeitschriften bilden quasi das Vorfeld, in dem sich Wechsel in den Paradigmen Literatur zuallererst vollziehen. AutorInnen, HerausgeberInnen, RedakteurInnen, VerlegerInnen, Förderer, fallweise öffentliche Stellen und LeserInnen gestalteten zusammen den Charakter der jeweiligen Publikationen, grenzten sich von anderen Positionen ab oder öffneten sich für neue Kooperationen. Im Projekt selbst sollen - über die Grundlage faktischer Informationen hinaus - die ästhetische Ausrichtung und dementsprechend die Funktion von Literaturzeitschriften im literarischen Feld analysiert bzw. ihre Position im Spannungsfeld von Tradition und Avantgarde bestimmt werden. Die Zeitschriften werden deshalb im Zusammenhang ihres jeweiligen (sozial)historischen und kulturgeschichtlichen Umfeldes betrachtet.
Zusätzlich sollen mit Hilfe von ZeitzeugInnen (AutorInnen, HerausgeberInnen, RedakteurInnen etc.) die Entwicklungen und Tendenzen der Zeitschriften dokumentiert sowie ein vergleichender Blick auf deutschsprachige Literaturzeitschriften im Ausland geworfen werden, um allgemeine Strukturen besser zu erkennen bzw. das Spezifische der österreichischen Verhältnisse klarer beschreiben zu können.
Das Projekt wird die gängigen Kategorisierungen hinterfragen und offenlegen, dass die österreichische Literatur von 1945 bis 1990 noch lange nicht zu Ende diskutiert ist. Die (mitunter vorläufigen) Ergebnisse werden auf der Homepage des Literaturarchivs zugänglich gemacht (Zeitschriftenbeschreibungen, Autorenlisten, Inhaltsverzeichnisse) - mit der Zielsetzung, ein Handbuch österreichischer Literaturzeitschriften zwischen 1945 und 1990 präsentieren zu können.

Grundlagen der Horváth-Philologie (Wiener Ausgabe sämtlicher Werke und Briefe)

Projektleitung:

PD Dr. Klaus Kastberger (Österreichisches Literaturarchiv)

Projektmitarbeiterinnen:

Dr. Kerstin Reimann (bis 2009)
Dr. Nicole Streitler
Mag. Martin Vejvar

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. Oktober 2005 bis 30. September 2010

Kurzbeschreibung

Die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Werk und der Biografie Ödön von Horváths bedarf einer gesicherten und vollständigen Text- und Quellenbasis. Die Notwendigkeit einer solch umfänglichen philologischen Grundlage und ihre Relevanz für eine Neuinterpretation des Horváth`schen Werkes wurde in der Horváth-Forschung wiederholt betont, und gerade in jüngster Zeit ist es in einigen Teilbereichen zu neuen und teilweise wohl auch überraschenden quellenkundlichen Neufunden gekommen.
Die literaturwissenschaftliche Basisforschung, die am Nachlassbestand des Autors am Österreichischen Literaturarchiv (ein Teil davon als Leihgabe der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus) unternommen wird, hat viele dieser Arbeiten angeregt, in ihrem Entstehen unterstützt und teilweise auch selbst mitgetragen. So wurden in Kooperation mit der Internationalen Ödön von Horváth-Gesellschaft in Murnau (Oberbayern) in den Jahren 2001 und 2004 zwei Symposien mitveranstaltet, auf denen seitens des ÖLA die jeweils neuesten Erkenntnisse der Horváth-Philologie präsentiert sowie einige neu aufgefundene bzw. unbekannte Texte (wie zum Beispiel das Dramenfragment "Ein Fräulein wird verkauft") auch in einer szenischen Umsetzung präsentiert werden konnten. 
Mit Beginn des FWF-Projektes "Ödön von Horváth: Grundlagen einer kritisch-genetischen Ausgabe" im Februar 2003 vermochte sich die Horváth-Forschung am ÖLA weiter zu intensivieren. Anhand der "Geschichten aus dem Wiener Wald" – einem Stück, zu dem besonders viel und auch sehr komplexes werkgenetisches Material vorliegt – wurde ein konkret umsetzbares Editionsmodell als Grundlage einer sogenannten "Wiener Ausgabe" von Ödön von Horváths Werken entwickelt. Dieses Modell wurde den Fachkollegen in Beiträgen vorgestellt und im Rahmen von Fachtagungen diskutiert. Seit Ende des Projektes im Juli 2005 liegt mit der exemplarischen Edition der "Geschichten aus dem Wiener Wald" ein erster vollständiger Probeband einer kritisch-genetischen Horváth-Ausgabe vor.
Im Zuge der konkreten Arbeiten am Nachlassbestand und an diesem Stück ist die mangelnde philologische Gesamtbasis der Horváth-Forschung in ihrer ganzen Tragweite sichtbar geworden. Bei einem Autor wie Horváth, bei dem die hochmoderne Produktionsweise der Texte einen so unmittelbaren interpretatorischen Nutzen hat und genetisches Material zudem immer wieder zu Bühneninterpretationen herangezogen wird, fallen diese Versäumnisse besonders schwer ins Gewicht.
Literaturwissenschaftliche Arbeiten, die den verfügbaren Ausgaben nicht blind vertrauten und zur Klärung wichtiger Fragen direkt an die Materialien des Nachlassbestandes herangegangen sind, haben in den letzten Jahrzehnten die innovativen Möglichkeiten einer genauen philologischen Analyse gezeigt. Was in diesen Untersuchungen und in den bisherigen Forschungen des ÖLA anhand von Einzelbeispielen unternommen wurde, soll mit dem gegenständlichen Projekt in systematischer und umfänglicher Weise fortgeführt und in der "Wiener Ausgabe" sämtlicher Werke und Briefe Ödön von Horváths editorisch umgesetzt werden. Hierbei geht es insbesondere um die Erreichung folgender Ziele:

  1. eine möglichst vollständige und systematische Erfassung und Auswertung aller publizierten und unpublizierten Texte, Briefe, Notizbücher und Lebensdokumente des Autors unter Mitberücksichtigung der zeitgenössischen Rezeption,
  2. eine qualifizierte Bewertung der genetischen Konvolute und eine anhand der Originaltyposkripte und -handschriften gewonnene Darstellung der jeweiligen Werkgenesen samt einer zuverlässigen Transkription des Textmaterials,
  3. die Herstellung von Textsicherheit in den Endfassungen,
  4. die Ermöglichung und Anregung weiterer Einzelinterpretationen auf der Basis neuer philologischer Befunde im Rahmen universitärer Seminar- und Abschlussarbeiten, Fachsymposien und anderer Kooperationen.

 

Nachlass Wendelin Schmidt-Dengler

Projektleitung:
PD Dr. Bernhard Fetz (Literaturarchiv)
Tel: (+43 1) 534 10-344
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: bernhard.fetz@onb.ac.at

Dr. Michael Hansel (Literaturarchiv)
Tel: (+43 1) 534 10-350
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: michael.hansel@onb.ac.at

Projektmitarbeiter:
Dr. Helmut Neundlinger
Tel.: (+43 1) 534 10-542
Fax: (+43 1) 534 10-340
E-Mail: helmut.neundlinger@onb.ac.at

Finanzierung: Österreichische Nationalbibliothek
Laufzeit: 1. Februar 2010 – 31. Jänner 2012

Kurzbeschreibung:
Wendelin Schmidt-Dengler war über Jahrzehnte einer der wichtigsten Mentoren der österreichischen Literatur im Allgemeinen und der österreichischen Gegenwartsliteratur im Besonderen – als Professor für Germanistik an der Universität Wien, als Leiter des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek, als Publizist und Kritiker.
Der umfangreiche und reichhaltige Nachlass dokumentiert die Mannigfaltigkeit der Arbeiten Wendelin Schmidt-Denglers: Er enthält neben den Unterlagen zu seinen Lehrveranstaltungen ab dem Jahr 1966 Materialien zu den zahlreichen Aufsätzen, Rezensionen und Vorträgen, darunter herausragende Arbeiten zu Thomas Bernhard und Heimito von Doderer, zahlreiche Gutachten zu literarischen und wissenschaftlichen Texten sowie Korrespondenz mit Autorinnen und Autoren. Die Vielfalt des Nachlasses ermöglicht nicht nur Einblick in die Arbeits- und Denkweise des rastlosen Lesers und Schreibers Schmidt-Dengler, sie dokumentiert auch eine wichtige Periode österreichischer Kulturgeschichte und der politischen Geschichte ab Mitte der 1960er Jahre bis zum Jahr 2008.
Ziel des Projekts ist eine systematische Erschließung des Nachlasses gemäß den Rahmenrichtlinien der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autografen (RNA) sowie die schwerpunktmäßige Katalogisierung wichtiger Teile in den ÖNB-HANNA-Katalog. Im Hinblick auf geplante Veröffentlichungen aus dem Nachlass soll dieser auch inhaltlich erschlossen werden. Dies erfordert die Identifizierung von unveröffentlichten Materialien sowie die Erarbeitung von inhaltlichen Schwerpunkten für mögliche Editionsprojekte und deren organisatorische Vorbereitung.

Monographie Fritz Habeck

Projektleitung:

PD Dr. Bernhard Fetz

Projektmitarbeiter:

Mag. Andreas Weber

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. Februar 2005 bis 30. Januar 2007

Kurzbeschreibung
Fritz Habeck (1916-1997) ist einer der wenigen ernsthaften Existenzialisten der österreichischen Literatur nach 1945, die er maßgeblich mitgeprägt hat. Dennoch hat sich die germanistische Forschung noch kaum mit Werk und Autor auseinander gesetzt. Habecks Person ist ein Paradigma für alle ungelösten Widersprüche der österreichischen Nachkriegszeit, die sich hier exemplarisch personifizieren und literarisch manifestieren. Die Arbeit an der Monographie erfolgt auf Basis der Manuskripte im Habeck-Nachlaß, der sich im Österreichischen Literaturarchiv befindet; die Monographie soll im Herbst 2007 im Otto Müller Verlag erscheinen.

 

Ödön von Horváth: Grundlagen einer kritisch-genetischen Ausgabe

Projektleitung:

Dr. Klaus Kastberger 

Projektmitarbeit:

Mag. Erwin Gartner

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. Februar 2003 bis 31. Jänner 2006

Kurzbeschreibung
Die bestehenden Ausgaben zu Ödön von Horváth (1901-1938) präsentieren neben den Endfassungen der Texte Teile des genetischen Materials und vermitteln damit einen Einblick in den hochkomplexen Arbeitsprozeß des Autors. Grobe Unzulänglichkeiten lassen sich in der editorischen Umsetzung feststellen. Anhand der Materialien des Horváth-Nachlasses am Österreichischen Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek wäre hier eine grundsätzliche Revision durchzuführen: Textstufen müßten sauber isoliert, einer präzisen Transkription unterzogen und anhand ausgewiesener Kriterien in eine genetische Reihenfolge gebracht werden. Eine philologische Textbasis wie diese würde nicht nur der Horváth-Forschung neuen Stoff verleihen, sondern auch dazu beitragen, das Werk des Autors auf der Bühne noch präziser umsetzen zu können.

George Saiko: Nachlaß - Werk - Wirkung

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler 

Projektmitarbeit:

Mag. Michael Hansel

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. September 2002 bis 31. Oktober 2005

Kurzbeschreibung
Das Jahr 2002 bietet sich an, den vor 110 Jahren geborenen und vor 40 Jahren verstorbenen österreichischen Schriftsteller George Saiko und sein Werk wieder bzw. neu bewertet zugänglich zu machen. Saikos Name, der zum Zeitpunkt seines Todes, im Jahre 1962, der literarisch interessierten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt war, klingt selbst heute noch in seinem Heimatland unvertraut und fremd, trotz einiger Versuche, sein Schaffen dem Publikum zugänglich zu machen, wie beispielsweise durch die fünfbändige Ausgabe sämtlicher Werke des Autors durch den Salzburger Germanisten Adolf Haslinger (1987-1992) oder eine Ausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek zum 100. Geburtstag des Dichters (1992).
In seinen poetischen Texten geht es vielfach darum, vorbewußte und unbewußte Triebregungen mittels Symbolen in der Fiktion zu erfassen. Der Demonstrations-Charakter des psychoanalytischen Schreibansatzes beeinträchtigt jedoch häufig die Qualität der Texte, indem die Intention nicht etwa als Problem des Erzählens thematisch wird oder hinter der Geschichte verschwindet, sondern sich in den Vordergrund schiebt. Diese Technik verlangt einen aufgeschlossenen und aufmerksamen Leser, der den anspruchsvollen Weg zwischen Triebstruktur und Handlungsmuster der Erzählfiguren auch bereit zu gehen ist.
Saikos Texte sind derart diffizil, daß ungeachtet der löblichen Unternehmungen seitens der Literaturwissenschaft, sein Werk zu erschließen, Defizite bestehen. Durch eine Aufarbeitung bzw. einer gründlichen Analyse des Nachlaßbestandes des Autors besteht die Möglichkeit, diese Defizite zu bereinigen und Lücken in der Saiko-Forschung zu schließen.

Projektziele:
1.) Ausgangspunkt des Forschungsprojekts soll der 1997 vom Österreichischen Literaturarchiv erworbene und nun als Ganzes erfaßbare Nachlaß des Schriftstellers darstellen, der in 11 Kisten Saikos literarische und kunsthistorische Arbeiten wie auch Privat- und Verlagskorrespondenzen, Photographien zur Kunstgeschichte und Zeitschriftenbelege enthält. Der Bestand soll nach einer gründlichen Durchsicht nach Fach- und Themenbereichen segmentiert und in einer planmäßigen Darstellung (nach den "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen") erfaßt werden.
2.) Gleichzeitig soll eine Analyse des Gesamtwerkes George Saikos wie auch eine Bewertung der literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung des Autors durchgeführt werden, die mit den Ergebnissen der Nachlaßuntersuchung überprüft und in der Folge vergleichend ausgewertet werden soll.
3.) Anhand der Resultate dieser vorab zu leistenden Studie werden folgende Fragen zu beantworten sein bzw. folgende Verfahrensweisen durchgeführt:

a) Es gilt, die Annahme zu begründen, daß die Bedeutung George Saikos und das Verständnis seiner Dichtkunst sich nicht an einzelnen Werken darstellen läßt, sondern einzig aus der Betrachtung des Gesamtwerkes hervorgehen kann. Deshalb muß und wird das Augenmerk verstärkt auf die bislang von der Literaturwissenschaft vernachlässigten Erzählungen und Essays des Dichters gelegt, die seine subtile literarische Methode und poetischen Theorien auch deutlicher zu enthüllen vermögen als die anspruchsvolle Großform seiner Romane und damit Lesern wie auch Kritikern neue Interpretationsmuster eröffnen.
b) Durch die im Rahmen des Forschungsprojekts zu bewerkstelligende Aufarbeitung des Nachlasses und der umfassenden Analyse des Gesamtwerkes werden in diesem Zusammenhang nicht nur neue Erkenntnisse zu Leben und Werk Saikos vielschichtiger erschlossen - im speziellen dürfen Antworten auf die Fragen nach Konvergenzen und Divergenzen zwischen Saiko, Broch, Musil, aber auch Joyce erwartet werden -, sondern auch mit neuen Erkenntnissen bezüglich der literatursoziologisch und gesellschaftspolitisch noch stiefmütterlich erforschten Zwischenkriegszeit ist zu rechnen.
c) Bislang fehlt es immer noch an einer umfassenden literaturwissenschaftlichen Aufarbeitung der Schriften des Autors. Anhand einer "Defragmentierung" von Lücken in der bisherigen Forschung kann Saikos Stellung im literarischen Kanon als ein poetologisches Bindeglied zwischen Autoren der "älteren" Generation wie Musil und Broch und der (auch literarisch) "jüngeren" Generation der frühen Zweiten Republik gefestigt bzw. neu eingepaßt werden. Eine kritische Durchsicht und Aufarbeitung der Forschungsliteratur sowie der nun vollends analysierbare Nachlaß soll diese Defizite beheben.
d) Anhand einer zunächst nach streng empirischen Maßstäben ausgehenden Rezeptionsforschung soll die Frage beantwortet werden, weshalb Saiko bis heute ein weitgehend unbekannter Autor blieb, der sich von der Literaturkritik mißverstanden fühlte und deshalb eigene Interpretationen zu seinen Texten nachlieferte und inwieweit seine diffizile Erzähltechnik dafür verantwortlich zeichnet.
e) Abschließend sollen die Ergebnisse des Forschungsprojekts in einer Monographie zusammengefaßt werden. Eine monographische Studie besitzt den Vorteil, sich der Person George Saikos auf vielfältigem Wege annähern zu können, ihn sowohl als Schriftsteller als auch als Kunsthistoriker greifbar zu machen und auch "äußere" Einflüsse in die Untersuchung einzubeziehen, womit weiters seine Bedeutung für die Entwicklungslinien in der österreichischen Literatur verdeutlicht werden kann.

LEAF (Linking and Exploring Authority Files)

Projektkoordination:

Staatsbibliothek zu Berlin 

Keyperson der ÖNB:

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler

Deputy:

Mag. Max Kaiser

Finanzierung: Europäische Kommission (50 Prozent)
Laufzeit: 1. März 2001 bis 31. Mai 2004.

Kurzbeschreibung
LEAF (Linking and Exploring Authority Files) wird gefördert im Rahmen des Programms Information Society Technologies (IST) der Europäischen Kommission. Die Koordination von LEAF liegt bei der Staatsbibliothek zu Berlin, Projektteilnehmer sind neben der Österreichischen Nationalbibliothek fünfzehn Archive, Bibliotheken, Dokumentationsstellen sowie Institute für Informationssysteme aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, der Schweiz, Slowenien und Spanien. Zwanzig Institutionen aus Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Israel, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Spanien, Ungarn und den USA werden als "observing partners" in das Projekt eingebunden sein. Als Sponsoren konnten die Library of Congress, der K. G. Saur Verlag (München) sowie die Autographenhandlung J. A. Stargardt (Berlin) gewonnen werden.
Ziel von LEAF ist die Entwicklung einer Modellarchitektur für ein verteiltes Suchsystem zu bereits existierenden europäischen Dateien zu Personen und Körperschaften. LEAF soll als eine Erweiterung des bereits existierenden europäischen Netzwerks von Online-Katalogen implementiert werden, das 1998 bis 2001 im Rahmen des EU-Projekts MALVINE (Manuscripts and Letters Via Integrated Networks in Europe) entwickelt wurde.
Das MALVINE-Netzwerk, das Informationen zu europäischen Autographen- und Nachlaßbeständen bietet, soll zu einem Informationsservice zu Personen- und Körperschaftsdaten erweitert werden. Durch die Verwendung von Normdaten (Authority Files), die international in Bibliotheken, Archiven und Museen für Personen- und Körperschaftsnamen verwendet werden, wird die Qualität der Daten sichergestellt werden. Das im Rahmen von LEAF zu entwickelnde Suchsystem wird die bereits vorhandenen Daten existierender elektronischer Kataloge benutzen und die Namensnormdaten mit Daten zu entsprechenden Beständen der beteiligten Institutionen verknüpfen. Daher wird das Ergebnis einer typischen Suchanfrage nicht nur der entsprechende Personen- oder Körperschaftsstammsatz sein, sondern es wird etwa auch feststellbar sein, welche europäische Institution Manuskriptmaterial zu der gesuchten Person oder Körperschaft besitzt, bzw. welche Einrichtung andere relevante Informationen beisteuern kann.
LEAF wird Informationen strukturell sehr verschiedener Institutionen und Datenanbieter verbinden (Bibliotheken, Museen, Archive, Dokumentationszentren, Editionsprojekte, Autographenhändler, biographische Referenzwerke usw.). Es wird auch möglich sein, kleine Einrichtungen einzubinden, die dadurch ihr Informationsangebot zugänglich machen können.
Vom 4. bis 5. Dezember 2000 fand in der Staatsbibliothek zu Berlin die Internationale Konferenz MALVINE and LEAF. Gateways to Europe's Cultural Heritage statt.

Konkrete Dichtung und Mimesis anhand des Werkes von Heimrad Bäcker

Projektleitung:

Dr. Klaus Kastberger

Projektmitarbeit:

Mag. Thomas Eder

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Laufzeit: 1. Juni 2000 bis 31. Mai 2002

Kurzbeschreibung
Das dichterische und verlegerische Werk Heimrad Bäckers zählt zu den herausragenden Erscheinungen der österreichischen Literatur nach 1945. Die von Bäcker 1968 gegründete Zeitschrift "neue texte" und der Verlag "edition neue texte" (ab 1975) haben einen Großteil der heute relevanten Autorinnen und Autoren - zum Teil als Erstveröffentlichung - präsentiert. In seinem eigenen literarischenWerk "nachschrift", einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Holocaust, nimmt Bäcker an den Quellen zur NS-Zeit "die möglichkeit zur konkretion" wahr. Das "brachliegende sprachmaterial" der überlieferten Dokumente wird mit Hilfe formaler Verfahren isoliert, wodurch die verschleiernde, vertauschende Sprachverwendung totalitärer Systeme bewußt gemacht wird. Das Buch "nachschrift" besteht ausschließlich aus vorgefundenem Textmaterial, keiner der Texte ist Fiktion, Bericht oder Beschreibung; Bäcker verbleibt mit seinen Spracharrangements in der Sprache der Opfer und Täter.
Anhand von Bäckers Werk drängt sich die Frage nach dem Zusammenspiel von Konkreter Dichtung und Mimesis in den Vordergrund. Im Wissenschaftsdiskurs erscheinen diese beiden Termini meist als isolierte bzw. einander ausschließende Begriffe. Das Moment des Mimetischen wurde gar als konstitutive Negativdefinition der "Konkreten / Konzeptionellen Dichtung" herangezogen, etwa von Siegfried J. Schmidt: "Konkrete Kunst, in welchem Medium auch immer sie verwirklicht wird, ist eine 'nicht-mimetische', generative Kunst, die die sinnliche Wahrnehmung der sichtbaren Wirklichkeit [...] aufhebt und sich auf die Thematisierung ihrer künstlerischen Mittel selbst konzentriert.". Vor diesem Hintergrund soll die Konkrete Dichtung, wie sie sich im dichterischen und editorischen Werk Bäckers präsentiert, eine Neubewertung hinsichtlich ihres ästhetischen und erkenntnistheoretischen Potentials erfahren. Über die archivarische Betreuung und Auswertung dieses für die Konkrete Dichtung essentiellen Materialbestandes (Verlagsarchiv und -korrespondenz, Arbeitsmaterial zur "nachschrift") soll ein aktuelles und reformuliertes Konzept von Mimesis mit der Konkreten Poesie in Beziehung gesetzt werden. Mit "Repräsentation", "imitatio" und "Nachahmung" ist die Begriffsextension von Mimesis nur unzureichend bestimmt. Entgegen der Vorstellung von sinnlicher Nachahmung betont Walter Benjamin die Bedeutung der Sprache für die Mimesis: Sprache als die "höchste Stufe des mimetischen Verhaltens und das vollkommenste Archiv der unsinnlichen Ähnlichkeit". Damit verortet er Mimesis auf der Ebene der sprachlichen Medialität, mithin auf jener Ebene, die in Schmidts Definition den Nukleus der Konkreten Dichtung ausmacht.

Projektziele
1.) Sichtung, Ordnung, Erschließung und Archivierung des Vorlasses des Dichters und Verlegers Heimrad Bäcker. Die Vorlaßbearbeitung in Zusammenarbeit mit dem Vorlasser garantiert eine möglichst materialgerechte archivarische Sicherung und qualitative Auswertung dieses Bestandes.
2.) Qualitative Sichtung und Auswertung des archivierten Materials als monographische literaturwissenschaftliche Studie zu Bäckers literarischem Werk "nachschrift" und zur Konkreten Poesie, mit der Gewichtung auf der kritischen Präsentation eines innovativen Konzepts von Mimesis. Die Innovation des Projekts liegt in der Inbezugsetzung dieser beiden in der Forschung als einander ausschließend betrachteter Bereiche.
Das vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanzierte Projekt knüpft inhaltlich und methodologisch an die FWF-Projekte S 36/3 ("Österreichische Nachlässe") und P 09135-HIS ("Literaturwissenschaftliche Aufarbeitung des Friederike-Mayröcker-Vorlasses") an. Wie in diesen beiden Projekten ist es auch im gegenständlichen Fall um die Erschließung und die literaturwissenschaftliche Auswertung eines für die österreichische Literatur essentiellen Materialienbestandes zu tun.

Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald". Vorstudie einer historisch-kritischen Ausgabe

Projektleitung:

Dr. Klaus Kastberger

Projektmitarbeit:

Erwin Gartner

Finanzierung: Magistrat der Stadt Wien; MA 18, Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung
Laufzeit: 1. August 2000 bis ca. Juli 2001

Kurzbeschreibung
Weil es bei Ödön von Horváth um jedes Detail der Sprache geht und die Stücke des Autors eine höchst komplexe Struktur aufweisen, fällt das Fehlen einer historisch-kritischen Werkausgabe schwer ins Gewicht. Die mangelnde philologische Sorgfalt der derzeit verfügbaren Ausgaben wurde in der Forschung wiederholt moniert; vereinzelt wurden auch schon Versuche gemacht, diesem Mißstand durch direkte Arbeit am Nachlaßbestand abzuhelfen, wodurch es aber zu vielen unterschiedlichen (und auch unterschiedlich exakten) Teileditionen gekommen ist.
Anhand des am Österreichischen Literaturarchiv befindlichen Nachlaßbestandes wird die Breite der editionstechnischen Probleme deutlich. Fast zu jedem Werk Horváths liegt eine Vielzahl von Fassungen und Umarbeitungen vor, im Laufe des Produktionsprozesses hat der Autor am Textmaterial herumgeschnitten und es wieder zusammengeklebt, so daß die einzelnen Zwischenstufen nicht geschlossen erhalten sind und auch hinsichtlich der Endfassungen, von denen bei Horváth in manchen Fällen mehrere Alternativersionen vorliegen, große Unklarheiten bestehen.
Auch das berühmteste Volksstück des Autors, "Geschichten aus dem Wiener Wald", in dem Horváth das Flair der Großstadt eingefangen und ein Sittenbild Wiens geformt hat, wirft eine Reihe von Fragen auf, und zwar nicht nur, was die Genese des Stückes, sondern auch was die Edition der beiden Letztfassungen ("Volksstück in sieben Bildern", "Volksstück in drei Teilen") betrifft, also einen Bereich, der bislang editorisch einigermaßen gesichert schien. Schon ein erster Blick auf die Nachlaßmaterialien macht klar, daß die Darstellung, die Traugott Krischke von der Entstehungsgeschichte des Stückes gegeben hat, einer teilweisen Revidierung und einer umfassenden Präzisierung bedürfen. Gleiches gilt für die Editionen des Stückes, die philologisch hochgradig unausgewiesen und in sich unstimmig sind. Beispielsweise liegen von der zweitletzten Fassung des Stückes ("Volksstück in sieben Bildern") zwei voneinander stark abweichende Varianten vor; die von Krischke angegebenen Quellen (ein 104seitiges Typoskript in dem einen, ein 78seitiges in dem anderen Fall) sind im Nachlaß nicht in geschlossener Form, sondern lediglich in einigen Einzelabschnitten vorhanden. An textkritischer Sorgfalt lassen es schließlich auch die von Krischke edierten Vorfassungen, Fragmente und Varianten des Stückes vermissen.
Im gegenständlichen Projekt sollen diese Probleme untersucht, die Entstehungsgeschichte des Stückes ausgewiesen, sowie die Abfolge der vorhandenen Textstufen erarbeitet und damit eine philologisch überprüfbare Basis für künftige Ausgaben der "Geschichten aus dem Wiener Wald" geschaffen werden. Hierfür sind folgende Arbeitsschritte vorgesehen:
1) Vergleichende Untersuchung früher Ausgaben von "Geschichten aus dem Wiener Wald", insbesondere der Stamm- und Regiebücher sowie der ersten Drucke, an deren Korrektur Horváth teilweise noch selbst beteiligt war.
2) Überprüfung der gängigen Ausgaben anhand der im Nachlaß befindlichen Originaltyposkripte: Der Bestand zu "Geschichten aus dem Wiener Wald" umfaßt 26 Mappen mit mehr als 750 Einzelblättern. Die gängigen Ausgaben müssen mit den Originalen verglichen und einzelne Textabschnitte der jeweiligen Vorlage zugeordnet werden. Diese Arbeit wird durch zwei Tatsachen erschwert: Erstens sind in den verfügbaren Ausgaben die Archivquellen nur sehr nachlässig und teilweise gar nicht zitiert, so daß nach manchen Vorlagen lange gesucht werden muß. Zweitens ist der Nachlaßbestand Horváths erst vor zehn Jahren nach Wien gekommen; in den vorausgegangenen Jahrzehnten wurden die Materialien mehrfach umgeordnet und dabei teilweise werkgenetische Einheiten mutwillig getrennt und der ursprüngliche Befund zerstört.
3) Rekonstruktion des Arbeitsprozesses und der Textgenese (Isolierung einzelner Textstufen und ihrer Abfolge aus dem Nachlaßmaterial): Dieser Schritt erfordert philologische Akribie und die Miteinbeziehung weiterer Quellen (Erinnerungen, Briefe etc.).
4) Gewinnung eines Arbeitsmodells für die künftige Horváth-Philologie: Die Untersuchung der "Geschichten aus dem Wiener Wald" soll als Vorstudie einer historisch-kritischen Ausgabe Ödön von Horváths dienen. Diese Ausgabe bildet für die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts gegenwärtig eines der größten Desiderata.

MALVINE (Manuscripts and Letters via Integrated Networks in Europe)

Projektkoordination:

Staatsbibliothek zu Berlin

Keyperson der ÖNB:

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler

Deputy:

Dr. Andreas Brandtner (bis September 2000) / Mag. Max Kaiser (ab Oktober 2000)

Laufzeit: Juli 1998 bis Januar 2001

Kurzbeschreibung
Vertreter von 17 Institutionen aus neun europäischen Ländern trafen sich am 30./31. Juli 1998 in der Staatsbibliothek zu Berlin zum Auftakt des Projekts "Manuscripts and Letters via Integrated Networks in Europe" (MALVINE), das von der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms Telematics for Libraries gefördert wird.
Unter der Federführung der Staatsbibliothek zu Berlin haben sich Archive, Bibliotheken, Museen und Dokumentationsstellen aus Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Norwegen, Österreich, Portugal und Spanien mit MALVINE das Ziel gesetzt, Benutzern aller Welt elektronische Suchmöglichkeiten zu Autographen- und Nachlaßbeständen (Manuskripten, Briefen, Dokumenten) anzubieten. Nationale und lokale Datenangebote sollen durch die Entwicklung einer Spezialsuchmaschine im World Wide Web so auffindbar sein, als seien sie in einer gemeinsamen Datenbank enthalten. Die moderne Informationstechnik erlaubt es, bei lokaler Datenhaltung vorhandene Katalogisierungstraditionen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die von Benutzerseite erwarteten Informationen einheitlich für die Suche aufzubereiten. Wo in Europa Briefe von Victor Hugo, James Joyce, José Ortega y Gasset, Fernando Pessoa oder das Manuskript von Goethes "Wahlverwandschaften" liegen, wird durch die "intelligente Suchmaschine" schnell und präzise festgestellt werden.
So reiht sich MALVINE als ein "Flaggschiff-Projekt" der Europäischen Kommission in den Reigen der Projekte ein, die Zeugnisse der europäischen Geistesgeschichte als gemeinsames Erbe und festen Bestandteil einer gemeinsamen Zukunft der breiten Öffentlichkeit leichter zugänglich machen wollen. Als Sponsor konnte der K. G. Saur Verlag in München gewonnen werden.
Während der 30monatigen Projektdauer wird sich der Kreis der Datenanbieter über die bislang beteiligten Einrichtungen hinaus noch erweitern. Interessierte Institutionen sollten Kontakt aufnehmen und Testdaten zur Verfügung stellen.
Weitere Informationen sind über die MALVINE-Website abrufbar.
Vom 4. bis 5. Dezember 2000 fand in der Staatsbibliothek zu Berlin die Internationale Konferenz MALVINE and LEAF. Gateways to Europe's Cultural Heritage statt.

Koordination der datenunterstützten Vernetzung österreichischer Literaturarchive

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler

Projektmitarbeit:

Dr. Andreas Brandtner (bis September 2000) / Mag. Max Kaiser (ab Oktober 2000)

Finanzierung: Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (bis 31. August 1998), Österreichische Nationalbibliothek (seit 1. September 1998)
Laufzeit: März 1997 bis September 2000, provisorisch fortgeführt ab Oktober 2000 [bis April 2001]
[Nachfolgeprojekt in Zusammenarbeit mit der Wiener Stadt- und Landesbibliothek ab Frühjahr 2001: KOOP-LITERA]

Kurzbeschreibung
Im Unterschied zu den wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs können die Literaturarchive und die Institutionen, die handschriftliche Dokumente verwalten, nicht auf der Basis eines nationalen Datenverbunds agieren. Bislang erfolgte die Erschließung und Verzeichnung der Nachlässe und literaturarchivalischen Dokumente in traditionellen Karteisystemen oder institutsintern individuell auf PC. Die Erfassung der handschriftlichen Dokumente orientiert sich dabei derzeit österreichweit an unterschiedlichen Richtlinien. Neben dieser inkohärenten Regelorientierung erfolgt auch die EDV-gestützte Aufnahme der Nachlässe uneinheitlich. Die wenigen Archive, die bereits Datenbanken einsetzen, verwenden unterschiedliche, in der Regel nicht kompatible Systeme.
Das Ziel des Forschungsauftrags besteht darin, die Datenkoordination zwischen den Literaturarchiven Österreichs vorzubereiten. Zu diesem Zweck sind erstens die unterschiedlichen Erschließungsmodi insofern anzugleichen, als ein breiter Konsens für die Kriterien einer Minimalaufnahme von Archivdaten herbeizuführen ist. Diese Verständigung auf eine österreichweit verbindliche Minimalaufnahme kann von den obligatorischen Kategorien der "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen" (RNA) ausgehen, da dieser knappe Regelbestand eine eindeutige Identifizierung der Archivalien garantiert. Zweitens sind die technischen Bedingungen für eine EDV-Vernetzung der Datenbestände zu definieren, um einen österreichweiten Einstieg zum Nachweis der Dokumente zu ermöglichen. Die erstellten Voraussetzungen sollen auch für eine weitere Entwicklung hinsichtlich internationaler Standards, der multimedialen Wiedergabe und der Verbindung zu den diversen Normdateien offenstehen. Während einerseits die Ansprüche, die an die EDV-Unterstützung einer Nachlaßerschließung zu stellen sind, präzise bestimmt werden müssen, ist andererseits zu prüfen, inwieweit die unterschiedlichen Datenbankparameter Minimalaufnahmen einheitlich wiedergeben können. Zu beachten bleibt, daß die Minimaldaten auf konvertierbaren Parametern gespeichert und somit in die gebräuchlichen Datenformate überführbar sind, um ihre ortsunabhängige Darstellung zu sichern; alle weiteren Parameter werden von den einzelnen Archiven nach deren Bedarf selbständig definiert und sind vom Netz aus nicht zugänglich.
Schließlich wird in Kooperation mit dem Institut für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung der Universität Wien eine Normierung der datenrelevanten Begriffe in Form eines Thesaurus erarbeitet, da noch keine einheitliche Objektterminologie für die Archive vorliegt. Dabei werden die verwendeten objektspezifischen Bezeichnungen, die relevanten literaturwissenschaftlichen Termini und die Parameter der Suchbegriffe über eine standardisierte Terminologie bzw. eine computermäßige Zusammenführung der Abweichungen vereinheitlicht. Eine enge Zusammmenarbeit besteht auch mit der Kommission für Nachlaßbearbeitung der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB).

Dr. jur. Albert Drach: Aufarbeitung des juristischen Nachlasses

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Schmidt-Dengler / Dr. Eva Schobel

Projektmitarbeit:

Mag. Ulrike Stenzel

Finanzierung: Magistrat der Stadt Wien; MA 7, Kultur
Laufzeit: 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2000

Kurzbeschreibung
Sichtung des juristischen Nachlasses von Albert Drach und Sondierung der literaturwissenschaftlich relevanten Materialien daraus.

Edition des frühen Romans "Charlatan und seine Zeit" aus dem Nachlaß von Manès Sperber

Projektleitung:

Dr. Wilhelm Hemecker, Priv.-Doz. Dr. Mirjana Stancic
(Institut für Germanistik der Ruhr-Universität Bochum)

Teilfinanzierung: Österreichische Klassenlotterie
Laufzeit: 1. August 1999 bis Ende 2000

Kurzbeschreibung
Den Roman "Charlatan und seine Zeit" (1924) schrieb Manès Sperber als 19jähriger praktizierender Individualpsychologe. Das Romanmanuskript hat turbulente Zeiten überlebt, auch die des Exils, wurde aber nie veröffentlicht. Vor dem Hintergrund der Weltrevolution und des Untergangs der Donaumonarchie entstanden, enthält es ein breites Panorama moderner literarischer Themen und Erzähltechniken.
Der Text beginnt als fiktives Tagebuch des jungen russischen Revolutionärs Iwan (Vanja) Semjonowitsch Sacharzoff, der sich wegen staatsgefährdender Umtriebe in Haft befindet. Die Begegnung mit dem "Charlatan", einem 26jährigen Wiener Psychologen, der aus Kalkül und Abenteuerlust nach Rußland gereist ist, um Kommunisten psychotherapeutisch zu behandeln, verändert sein Leben. Der junge Wiener, der (Anti-)Held des Romans, ist ein Meister der Selbstpersiflage, das Produkt der verfeinerten Kultur nach dem Untergang der Doppelmonarchie, ein Mann, der in sich selbst den repräsentativen Typus seiner Zeit erkannt hat. Er liebe die Wahrheit nicht, lüge im Wichtigen, im Geistigen nie, er sei der Faust seiner Zeit, behauptet er. Das unverblümte Bekenntnis zu eigener Schwäche, die zu einer Tugend, nicht zuletzt zu gewinnbringender Profession umfunktioniert worden ist, auch dies ist ein sehr österreichischer Zug dieses charmant-dekadenten Charakters, dem der junge Autor einige autobiographische Züge einverleibt hatte. Der dritte Teil des Romans spielt in Wiener Kaffeehäusern, dem authentischen Milieu der Wiener Moderne, um deren Besuch der Charlatan / Marcel seinen Tagesablauf gestaltet. Gegen Ende des Werks, nach einer intensiven Liebesbeziehung zur Russin Ljisotschka, erfährt Charlatan eine tiefe innere Wandlung. Er kehrt dem Westen den Rücken zu und fährt nach Moskau, um seine psychologische Begabung Notdürftigen zur Verfügung zu stellen.
Der kommentierte Roman soll erstmals im Frühjahr 2001 beim Zsolnay-Verlag in Wien erscheinen.

Vergleichende Analysen zur literarischen Moderne in Österreich 1910 bis 1930 und nach 1945

Projektleitung:

Dr. Bernhard Fetz

Projektmitarbeit:

Dr. Gisela Steinlechner

Finanzierung: Fonds zur Förderung der wissenschaflichen Forschung
Laufzeit: 15. März 1997 bis 15. März 1999.

Kurzbeschreibung
Es gibt eine Leerstelle zwischen monographischen Arbeiten zu vergessen oder verdrängten Autoren der ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts und einer Theorie der literarischen Moderne, die sich an einem Kanon "großer Namen" (z. B. Hermann Broch, Franz Kafka, Karl Kraus und Robert Musil) orientiert. Das Projekt widmet sich in erster Linie Autoren, die dem österreichischen Expressionismus oder der vergessenen Avantgarde zugeordnet werden. Ausgehend von den in exemplarischen Textanalysen gewonnenen Einsichten sollen in einem zweiten Arbeitsschritt avancierte Positionen der österreichischen Literatur nach 1945 als Referenzsystem herangezogen werden: Zu untersuchen ist, wo die Autoren von analogen Fragestellungen ausgehen, um aus den Überschneidungen und Differenzen neue literaturhistorische und geistesgeschichtliche Zusammenhänge zu entwickeln. Dabei geht es erst in zweiter Linie um den Nachweis einer eventuell vorhandenen Einflußgeschichte; vor allem ist zu zeigen, wie sich auch eine explizite Einflußnahme bestimmte thematische und formale Modelle über die historischen Bruchlinien fortschreiben.
Könnte der Komplex "Sprache Macht Gewalt" (Ferdinand Schmatz nicht ein Ansatzpunkt sein, der Autoren wie Robert Müller und Oswald Wiener, Hermann Ungar und Albert Drach zueinander in Beziehung setzt? Gerade die literarische Verschränkung von sprachimmanenter Gewalt mit der Darstellung struktureller und physisch ausgeübter Gewalt als ästhetische Antwort auf die politische Geschichte ist ein Merkmal der österreichischen Literatur bis in die allerjüngste Zeit.
Melchior Vischers Theatertexte und sein Dadaroman "Sekunde durch Hirn" (1920) kennzeichnet eine Überlagerung von Trivial(literatur)mustern und experimentellen Verfahren, wie sie auch für die literarischen Strategien der Wiener Gruppe, insbesondere Konrad Bayers, charakteristisch sind. Vischers Plädoyers für Zeitgenossenschaft auf dem Theater, für eine Verbindung von hoher und niederer Kultur, für ein Theater, das dem Kitsch nicht ausweichen will, findet sich in den ästhetischen Konzepten verschiedener Autoren nach 1945 wieder (Wolfgang Bauer, Albert Drach, Elfriede Jelinek, Wiener Gruppe etc.). Eine weitere Fragestellung betrifft das Verhältnis von juridischem und literarischem Diskurs am Beispiel des Pragerdeutschen Autors Hermann Ungar; seine von den Zeitgenossen als skandalös empfundenen "Fallgeschichten" sollen mit Texten von Albert Drach und Elfriede Jelinek konfrontiert werden.
Ausgehend von Fragestellungen wie den skizzierten wird auch eine Reflexion der Voraussetzungen und der Probleme einer österreichischen Literaturgeschichte in diesem Jahrhundert angestrebt: In welchem Wechselverhältnis stehen österreichspezifische Literaturentwicklungen und internationale Ausprägungen der Moderne? Die ausgewählten Autoren und Texte jedoch in bestehende Kategorien zur Moderne einzuordnen, ist hier nicht die vorrangige Intention; vielmehr soll das literarische Feld zwischen ca. 1910 und 1930 durch Werkanalysen aufgefächert und mit wahrnehmungstheoretischen, ästhetischen und ideologischen Positionen der zeitgenössischen wie der Literatur nach 1945 konfrontiert werden.
Das Projekt kann sich auf detaillierte Arbeiten und Anthologien zum österreichischen Expressionismus stützen: die von Oswald Oberhuber und Peter Weibel zusammengestellte Text- und Materialsammlung "Österreichs Avantgarde 1900-1938. Ein unbekannter Aspekt" (1976/77); die von Ernst Fischer und Wilhelm Haefs herausgegebene Anthologie "Hirnwelten funkeln" (1988) mit einer lokalen (Wien) und literarhistorischen (Expressionismus) Spezifizierung. Der von Klaus Amann und Armin A. Wallas herausgegebene Band "Expressionismus in Österreich. Die Literatur und die Künste" (1994) nimmt eine umfassende Darstellung expressionistischer Kunst und Literatur in Österreich vor.
In einzelnen Fällen, wie bei Albert Ehrenstein, Robert Müller, Walter Serner und Hermann Ungar hat eine auch Einzelaspekte des Werks betreffende Rezeption eingesetzt. In anderen Fällen, wie bei Viktor Hadwiger, Heinrich Nowak oder Melchior Vischer liegen bislang keine detaillierten Werkanalysen vor.

"Geliebte Heimita" - Edition des Briefwechsels zwischen Heimito von Doderer und Dorothea Zeemann

Projektleitung:

Dr. Klaus Kastberger

Projektmitarbeit:

Mag. Thomas Eder

Finanzierung: Bundeministerium für Wissenschaft und Verkehr und Heimito-von-Doderer-Institut
Laufzeit: 1. April 1997 bis 1998 (wird fortgesetzt).

Kurzbeschreibung
In Briefen, Dokumenten und Tagebuchauszügen wird das Verhältnis zwischen Heimito von Doderer und seiner langjährigen Geliebten Dorothea Zeemann dargestellt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf literarischen und literaturtheoretischen Themen, also auf der zwischen Doderer und Zeemann gegebenen Lehrer-Schüler-Beziehung. In der Auseinandersetzung mit den Schriften Zeemanns (darunter der 1959 veröffentlichten Roman "Das Rapportbuch") hat Doderer seine Romantheorie, die er in späteren Essays ausgeführt hat, sukzessive entwickelt und präzisiert. Zeemann hat aus den Anregungen und der Kritik Doderers für ihre literarische Arbeit wertvolle kompositorische und stilistische Impulse bezogen.
Die zur Edition vorgesehenen Materialien entstammen dem Zeitraum von 1956 bis 1966 und umfassen eine Auswahl aus den mehr als 80 erhaltenen Briefen Doderers an Zeemann (aus den Beständen der Wiener Stadt- und Landesbibliothek), Tagebuchauszüge beider Autoren (aus der Handschriften-, Autographen- und Nachlaß-Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Österreichischen Literaturarchiv) sowie eine letzte und bislang kaum beachtete Rede Doderers zu seinem "Roman Nr. 7".
Die literaturwissenschaftliche Relevanz der Dokumente erweist sich hinsichtlich zweier Punkte: Einerseits eröffnet sich in ihnen ein neuer Zugang zur späten Lebensphase Doderers, andererseits wird die Arbeitsweise eines der bedeutendsten österreichischen Romanciers sowie deren direkter Einfluß auf die Schülerin sichtbar. Innerhalb der angestrebten Edition wird dieser Ansatz durch die Beigabe eines ausführlichen Sachkommentars und eines essayistischen Begleittextes akzentuiert.

Nachlaß- und Werkdokumentation zu Albert Drach

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Cella

Projektmitarbeit:

Dr. Eva Schobel

Finanzierung: Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
Laufzeit: März 1996 bis 1998 (wird fortgesetzt).

Kurzbeschreibung
Das Werk des im März 1995 im 93. Lebensjahr verstorbenen österreichischen Autors Albert Drach wurde erst in den letzten Jahren zum Ziel kontinuierlicher literaturwissenschaftlicher Forschung. Die gesamte schriftstellerische Existenz des Autors zeichnet sich durch eine extreme Ungleichzeitigkeit seiner literarischen Produktion einerseits und der Publikation und Rezeption seiner Arbeiten andererseits aus. Diesem Umstand und der Tatsache, daß Drach 1938 emigrieren mußte, sind zuzuschreiben, daß der erhalten gebliebene Nachlaß auch die Problematik der Lebens- und Rezeptionsgeschichte dieses Autors widerspiegelt. Eine Nachlaß- und Werkdokumentation zu Drach betrifft darüber hinaus auch fachübergreifende Schwerpunkte wie Exil, Remigration, österreichische Zeit- und Verdrängungsgeschichte.
Als Drach im Jahr 1964 mit der Veröffentlichung seines Romans "Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum" erstmals ‚entdeckt' wurde, war der Verfasser bereits 62, der in der Emigration entstandene Text immerhin schon 25 Jahre alt. Nach einer ersten Phase der mehrpersonen- als textorientierten Rezeption, die im wesentlichen auf mit Anekdoten angereicherte Rezensionen beschränkt blieb, geriet der Autor bereits während der Veröffentlichung seiner "Gesammelten Werke" in zunehmende Vergessenheit. Erst seine Wiederentdeckung im Jahr 1988, die einerseits durch die Wiederveröffentlichung und kritische Neubewertung seines Emigrationsberichts "Unsentimentale Reise", andererseits durch die Zuerkennung des Georg Büchner-Preises ausgelöst wurde, führte zu einer qualitativ neuen sowohl textkritischen als auch von rezeptions- und produktionsästhetischen Fragestellungen ausgehenden Auseinandersetzung mit seinem umfangreichen Oeuvre. Drachs "Protokollstil", seine Poetik, die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte seiner Werke im historischen und lebensgeschichtlichen Zusammenhang sind zunehmend Gegenstand einer ambitionierten Forschung, an der auch jüngere Wissenschaftler und Studenten teilhaben.
Ziel des Forschungsprojekts ist es vor allem, durch Erschließung des Nachlasses die wissenschaftliche Voraussetzung für weiterführende Forschungen zu schaffen. Die Arbeit kann auf zwei bereits abgeschlossenen, ebenfalls durch den Jubiläumsfonds finanzierten Projekten zu Leben und Werk des Autors aufbauen. Eine für das Jahr 2002 zum 100. Geburtstag geplante Drach-Biographie wird vorbereitet. Eva Schobel hat den Vorlaß Albert Drachs noch zu seinen Lebzeiten gesichtet und grob katalogisiert; das nun schon länger laufende Projekt ermöglicht nun eine detaillierte Feinaufnahme im Österreichischen Literaturarchiv , das den Nachlaß erworben hat und aufbewahrt.
Drachs Nachlaß besteht aus Handschriften und Typoskripten zu seinem veröffentlichten und unveröffentlichten Werk, persönlichen Aufzeichnungen, lebensgeschichtlichen Dokumenten, der Korrespondenz und der juristischen Hinterlassenschaft des Anwalts. Das Oeuvre ist ab der Mitte der 60er Jahre relativ geschlossen überliefert. Erhalten gebliebene Werke und Fragmente lassen sich bis in das Jahr 1920 zurückdatieren. Das Material ist in äußerst unterschiedlichem Zustand. Neben den gut erhaltenen Handschriften in Heften und relativ gut sortierten Typoskripten der noch nicht oder nur in Zeitschriften publizierten Werke sind frühere Textstufen zu den veröffentlichten Werken häufig durcheinandergeraten. Auch eine Durchmischung völlig unterschiedlicher Texte und Text-Fragmente ist keine Seltenheit.
Die Aufarbeitung des Nachlasses orientiert sich im wesentlichen an den Vorgaben der "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen" (RNA). In einem anfänglichen Arbeitsschritt wurden die ersten elf Kartons der Bestandsliste geordnet. Anschließend wurden die völlig ungeordneten Werkteile bearbeitet. Es handelt sich dabei um fünf Kartons mit vermischten Einzelblättern, Texten und Text-Fragmenten, die bereits weitgehend den entsprechenden Werken zugeordnet werden konnten.
Hinsichtlich der Veröffentlichungen konnte vor allem bezüglich des erzählerischen Werks ein erster Überblick über das vorliegende Material gewonnen werden. Die ab 1964 entstandenen Romane "Z.Z. - das ist die Zwischenzeit" und "Untersuchung an Mädeln" liegen sowohl in ihren handschriftlichen Urfassungen wie auch als Typoskripte mit Korrekturen vor. Komplizierter verhält es sich mit den in der Emigration verfaßten Werken des Autors. So sind von der "Unsentimentalen Reise" Typoskripte und Fragmente früherer Fassungen erhalten, die sich wesentlich von der publizierten Endfassung unterscheiden und keinen vollständigen Textkorpus ausmachen. Die Erforschung der Text-Genese wird sich als dementsprechend kompliziert erweisen.
Als begleitende Recherchemaßnahme hat die Sachbearbeiterin eine Reise in die Emigrationsorte des Autors unternommen und Gespräche mit Zeitzeugen geführt, die Albert Drach gekannt haben.


last update 03.02.2012