Alarmklingel für Scheintote

Neuestes großes Zauberkabinet und Kunstmagazin.
Zweiter Teil: Neuester Karten-Zauberer, Rechnungskünstler und häuslicher Rathgeber. Eine vollständige Anweisung zu den besten, unterhaltendsten und nützlichsten Karten-, Rechnungs- und ökonomischen Kunststücken. Zum Vergnügen und zum Nutzen für alle Stände sorgfältig gesammelt und herausgegeben von Jo. Mich. Wagner. - Pesth : Bey Konrad Adolf Hartleben, 1816.

Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 303.881-B.Alt-Mag.2

Detailinformation

Die jahrtausendealte Angst, lebendig begraben zu werden, erlebte im späten 18. und im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Völlig unbegründet dürfte diese Sorge bei den eingeschränkten diagnostischen Möglichkeiten und den oft überstürzten Begräbnissen z.B. von Seuchenopfern nicht gewesen sein; die zu dieser Zeit sehr beliebten Schauerromane (gothic novels), die dieses Motiv inflationär oft verwendeten, riefen den Lesern die Gefahren eines Scheintods immer wieder ins Bewusstsein. Vor allem in England und im deutschsprachigen Raum bemühte man sich daher um Vorbeugung, etwa durch mehrtägige Beobachtung von Verstorbenen im Leichenschauhaus, aber auch durch Vorrichtungen im Grab oder Sarg, mit denen die erwachten Todgeglaubten auf sich aufmerksam machen konnten.

Im Neuesten großen Zauberkabinet findet sich eine Anleitung zum Anbringen einer Alarmklingel, die eigentlich als Sicherung gegen Einbrecher gedacht ist. Sie wird aber auch empfohlen, um Bewegungen von aufgebahrten Scheintoten zu melden: „Wie leicht könnte man die Gewichte C mit den Armen, Beinen oder anderen Theilen des Erstarrten verbinden, damit die leiseste Bewegung desselben unsern Hebel ik auflöste [sic], und den Hammer an der aufgezogenen Vorrichtung in Aktivität setzte!“, heißt es in der Erläuterung zur Anlage.

Der übrige Inhalt des Zauberkabinets ist unbeschwerteren Themen gewidmet. Neben Kartentricks, mathematischen Rätseln und Spielen finden sich „oekonomische Kunststücke“ (Ratschläge für Haushalt, Hygiene und Gesundheitspflege) und schließlich ein Kapitel zur Geschichte und Konstruktion von Weckeruhren, das mit der Beschreibung der Alarmklingel endet.


last update 03.12.2011