Österreichisches Literaturmuseum

Pressemeldung

Die Österreichische Nationalbibliothek plant die Einrichtung eines Literaturmuseums im ehemaligen Hofkammerarchiv in der Johannesgasse im ersten Wiener Bezirk. Dieses Vorhaben ist als einer der Beiträge der Österreichischen Nationalbibliothek zur aktuellen Museumsdiskussion zu sehen, die nicht nur die Chance bieten soll, die Positionierung der bestehenden Museen zu überdenken, sondern auch das Fehlen musealer Bereiche aufzuzeigen.

Literatur aus Österreich ist national und international ein wesentlicher Faktor für die Bestimmung der österreichischen Identität. Während aber Bildende Kunst und Musik über entsprechende Ausstellungs-, Aufführungs- bzw. Veranstaltungshäuser verfügen, fehlen für die Literatur vergleichbare Institutionen der öffentlichen Darstellung und (Re)Präsentation. Zwar gibt es in Österreich eine Reihe von Gedenkstätten und literarischen Schauräumen, die auf die Persönlichkeit einer Autorin/eines Autors oder lokale literarische Milieus begrenzt sind, ein Museum, das die Literatur des Landes repräsentativ darstellt, existiert aber nicht. Dies zu ändern ist der Österreichischen Nationalbibliothek nicht nur ein wichtiges Anliegen, sondern sie bringt auch wesentliche Voraussetzungen mit.

Das Österreichische Literaturarchiv und die Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek beherbergen bedeutende literarische Schätze, die in dem Museum präsentiert und dem breiten Publikum zugänglich gemacht werden können. Da die Österreichische Nationalbibliothek bereits drei Museen mit Erfolg betreibt, die sich aus eigenen Sammlungen bestücken – das Papyrusmuseum, das der Papyrussammlung angeschlossen ist, das einzige Globenmuseum der Welt (Kartensammlung) und das Esperantomuseum (Sammlung für Plansprachen) –verfügt sie auch über das entsprechende Knowhow für dieses ambitionierte Vorhaben.

Das unter Denkmalschutz stehende Hofkammerarchiv steht seit ca. eineinhalb Jahren größtenteils leer und bietet hinsichtlich Standort, Architektur, Platzangebot und Raumaufteilung beste Voraussetzungen für ein modernes, innovatives Museum im historischen Bestand. Die bestehende Innenarchitektur in drei Stockwerken ist bestimmt durch raumhohe und -gliedernde Regalsysteme, die unter Denkmalschutz stehen und sich hervorragend für die spezifischen Aufgaben eines Literaturmuseums eignen, das vorwiegend kleinformatige, flache Objekte zeigt. Der öffentliche Raum des Museums könnte in intime, private Zonen gegliedert werden, die Nahsicht und kontemplative Entschleunigung fördern, was der Natur der Exponate entgegen kommt.
Raumangebot und Raumaufteilung würden sich besonders gut für eine Nutzung von zwei Etagen als Dauer- und einer Etage als Wechselausstellungsfläche eignen.

Zielsetzung

Das Österreichische Literaturmuseum soll den komplexen Sachverhalt, den Literatur aus Österreich darstellt, einschlägig und nachhaltig dem Publikum vermitteln. Damit kommt dem Literaturmuseum auch international gesehen eine innovative Vorreiterrolle zu. Mehrere Funktionen sollen erfüllt werden: Ausstellung, Vermittlung und Forschung. Explizit nicht angestrebt wird die Funktion des Museums als Sammlungsstätte, da mit Institutionen wie dem Österreichischen Literaturarchiv, Literaturhaus, Wien-Bibliothek und den Literaturarchiven in den Bundesländern das Sammeln von Literatur bereits hervorragend wahrgenommen wird.
Das Museum kann und soll zum Treffpunkt für internationale wissenschaftliche Symposien werden, wofür es gegenwärtig keine geeigneten Räumlichkeiten gibt. Nicht zuletzt wird das Literaturmuseum auch ein Ort für Forschung sein. Durch Publikationen zu Dauer- und Wechselausstellungen (Kataloge, Dokumentationen, didaktische Materialien) wird eine breite Öffentlichkeit erreicht und der Wissenschaftsstandort Wien gestärkt.

Grundsätzlich ist die Implementierung einer Dauerausstellung begleitet von themen-/autorInnenspezifischen Wechselausstellungen geplant. Aus dem In- und Ausland können Ausstellungen übernommen werden, wofür bisher geeignete Räumlichkeiten völlig fehlten. Das vorhandene „Grillparzerzimmer“ könnte in das Museum als Repräsentation des Arbeitsortes eines bedeutenden Autors integriert werden. Damit wäre auch der Erhalt dieses (literatur-)geschichtsträchtigen Raumes garantiert, in dem Grillparzer von 1832 bis 1856 als Direktor des Hofkammerarchivs amtierte. Die Originaleinrichtung samt Stehpult, an dem Grillparzer einen Teil seiner Dramen schrieb, ist zur Gänze erhalten.

Das Österreichische Literaturmuseum soll eine Auswahl österreichischer Literatur zeigen, wobei deren Entwicklung im Kontext der jeweiligen spezifischen sozialen und historischen Voraussetzungen zu begreifen ist, und auf eine Darstellung der Vielfalt jenseits von Ausgrenzung und nationalistischer Engstirnigkeit gezielt werden soll. Ausgangspunkte könnten thematische Kristallisationspunkte wie Herkunftsfragen Schreib- und Publikationsorte, Schreibsituationen, soziale Rahmenbedingungen, Exil, Genderthematik u.v.m. sein.

Vermittlung

Besonderes Augenmerk wird auf die Vermittlungsfunktion zu legen sein. Ziel soll es sein, literarische Zusammenhänge und Prozesse sichtbar und anschaulich zu machen, wobei die zeitgemäße Vermittlung über AV-Medien wie Touchscreens, interaktive Leseterminals, Hörstationen, Filmdisplays, Audioguides etc. vorgesehen ist. Bereits bei Auswahl und Präsentation der Objekte wie auch bei der Erstellung von begleitenden Publikationen und Materialien muss berücksichtigt werden, dass dieses Literaturmuseum allen Schultypen Einsicht in das „literarische Feld“ geben und damit auch die Entwicklung des historischen Verständnisses fördern kann. Neben SchülerInnen, Studierenden und einem fachlich vorgebildeten Publikum soll das Ausstellungsprogramm selbstverständlich auch interessierten TouristInnen vermittelt werden, wofür der attraktive Innenstadtstandort optimale Voraussetzungen bietet.

 


Für nähere Auskünfte steht Ihnen gerne zur Verfügung:

Mag. Elena Sonnleitner
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last update 01.09.2010