Musiksammlung

Bestandsgeschichte

Die Musiksammlung entstand im Verlauf eines langen Kristallisationsprozesses innerhalb der Bestände der ehemaligen kaiserlichen Hofbibliothek. Bereits 1655 gelangten durch den Ankauf der Bibliothek Albert Fuggers wertvolle Musikalien in den Bibliotheksbestand. Gottfried van Swieten (Bibliothekspräfekt von 1777 bis 1803) förderte die musikalischen Belange in besonderem Maß; einen entscheidenden Zuwachs erhielt die Musiksammlung 1826 mit Hilfe des Präfekten Moritz Graf Dietrichstein, der die Überstellung der Altbestände der Hofmusikkapelle in die Hofbibliothek veranlasste. Mit Anton Schmid (1787-1857) war erstmals ein Musikbibliothekar von wissenschaftlichem Format tätig, der in seiner fast 40jährigen Dienstzeit eine umfassende Erschließung der Musikalien zustande brachte.
Die Musiksammlung ist das älteste und größte Musikarchiv Österreichs. International kann sie neben den Musiksammlungen der Library of Congress, der British Library, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu den fünf bis sieben bedeutendsten Institutionen ihrer Art weltweit gezählt werden.
Sie verbindet die Aufgaben eines Archivs wertvollsten musikalischen Kulturgutes mit denen einer modernen Gebrauchsbibliothek.

Bestand

Musikhandschriften (ca. 49.000)
- Autografen von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert,
Anton Bruckner, Richard Strauss, Alban Berg u.a.
- Chorbücher des 15.-17. Jahrhunderts
- Notenmaterialien der Hofmusikkapelle, der Wiener Oper und aus anderen Archiven
- Musiksammlungen der Kaiser Leopold I., Karl VI. und Franz I.
- Musikdrucke (ca. 118.000)
- Notendrucke mit Schwerpunkt auf österreichischen Komponisten
- Sammlung Hoboken (musikalische Erst- und Frühdrucke)
- Rara zur Geschichte des frühen Notendrucks (Drucke aus den Offizinen Petrucci, Gardano, Scotto,
Susato u.a.)
- Textbuchsammlung (ca. 8.000 Bände)
- Fotogrammarchiv musikalischer Meisterhandschriften (Reproduktionen, ca. 61.000 Blätter)
- Musikliteratur (ca. 56.000 Bände)
- Freihandbibliothek im Lesesaal und im Katalograum
- wissenschaftliche Literatur zu allen Gebieten der Musik
- Rara zur Geschichte der Musiktheorie
- Nachlassbestände (ca. 38.000 Objekte)
- Nachlässe von Anton Bruckner, Hugo Wolf, Alban Berg, Franz Schreker, Hans Pfitzner, Joseph Marx, Clemens Krauss u.a.
- Tonträger
- ca. 14.000 Schallplatten und CD
- ca. 4.000 Tonbänder

Erwerbung von Sammlungsobjekten

Die Musiksammlung sammelt Musik in geschriebener und gedruckter Form sowie in Form von Tonträgern und Literatur über Musik (Druckschriften). Weitere wesentliche Sammlungsobjekte sind Nachlässe und komplette Archive musikalischen Inhalts.
Vorrang bei allen Objekten haben österreichische Komponisten und österreichische Archive. Von einer Ausschließlichkeit des Österreichischen kann aber nicht gesprochen werden, da zumindest in Druckausgaben die Werke der wesentlichen Weltkomponisten vorhanden sein müssen. So werden z.B. sämtliche Gesamtausgaben, unabhängig von der Nationalität des Komponisten (der Vergangenheit) erworben. Von international erfolgreichen Komponisten der Gegenwart (wie z.B. Penderecki, Lutoslawski, Schnittke, Stockhausen etc.) werden alle im Handel erhältlichen Partituren angekauft. Im Falle der Musikhandschriften (Originalhandschriften und Kopiaturen) kommt der Vorrang des Österreichischen stärker zum Tragen.
Gemäß den allgemeinen Sammelrichtlinien der Österreichischen Nationalbibliothek kann die Musiksammlung einen Ausschließlichkeitsanspruch anderer Institutionen in bezug auf österreichische Komponisten nicht gelten lassen; d.h., bei günstiger Gelegenheit (Geschenk, preisgünstiger Ankauf) werden Originalhandschriften von jedem österreichischen Komponisten in die Bestände aufgenommen.

Fachliteratur

Sammelschwerpunkt
- fachspezifische Nachschlagewerke
- das gesamte Schrifttum über die europäische und die aus dieser hervorgegangene amerikanische Musik, insbesondere Literatur über österreichische Musik in größtmöglicher Vollständigkeit (Komponisten, Interpreten, Musikleben etc.)
- Musikbibliothekskataloge, Musikbibliografien, thematische Werkverzeichnisse einzelner Meister, Faksimileausgaben von Meisterhandschriften, wissenschaftliche Festschriften und Kongressberichte
- grundlegende Gesamtdarstellungen, Lexika und Bibliografien zur außereuropäischen Musik (Musikethnologie) sowie zur Unterhaltungs-, Rock- und Popmusik

In Auswahl
- musikwissenschaftliche Spezialstudien
- die wichtigsten musikwissenschaftlichen Periodika und Musikzeitschriften

Nicht Sammelgebiet
- Einzelstudien zur außereuropäischen Musik und zur Unterhaltungsmusik
- Musikpädagogik
- Instrumentenbau
- Volksmusik außerhalb Österreichs

Grundsätzlich beschränkt sich die Erwerbung des Schrifttums nicht nur auf gedruckte Materialien, sondern schließt auch neue Publikationsformen ein; dies betrifft vor allem Mikrofiche- und CD-Rom-Ausgaben von Katalogen und Bibliografien.

Koordination der Erwerbungen mit anderen Institutionen

Koordination mit Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek
Einzelne Musikerbriefe oder -porträts gehören vorrangig in die Sammelbereiche der Handschriften- bzw. der Porträt-Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Kommen jedoch solche Objekte in ganzen Musikernachlässen in die Musiksammlung, so besteht seit Jahrzehnten der Unteilbarkeitsgrundsatz von Nachlässen. Das bedeutet, dass zusammengehörende Materialien unabhängig von ihrer äußeren Erscheinungsform zusammen bleiben und in die Fonds-Aufstellung der Musiksammlung aufgenommen werden.
Das Österreichische Volksliedwerk sammelt österreichische Volksmusik in klingender, geschriebener und gedruckter Form. Besonderer Schwerpunkt ist die Aufzeichnung mündlich überlieferter Volkslieder und Musikstücke volkstümlicher Art. Die Musiksammlung besitzt auf dem Sektor Volkslied nur die gedruckten Liederbücher oder Chorsätze, die auf Grund des Mediengesetzes von den Verlagen abgeliefert werden müssen.

Die traditionellen Schwerpunkte der zwei anderen großen Wiener Musiksammlungen werden von der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek anerkannt. Die Musiksammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek hat ihren Schwerpunkt bei Johann Strauß und speziell Wienerischer Musik einerseits und bei Franz Schubert andererseits. Das Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde ist als Nachlassverwalter von Johannes Brahms vor allem für diesen Komponisten zuständig.

Tonträger: In der Phonoabteilung der Musiksammlung werden ausschließlich musikalische Tonträger gesammelt, welche durch Kauf, Geschenk und eigene Aufnahmen hereinkommen. Die Benützer können diese Tonträger abhören und zumeist Noten mitlesen. Das Hauptsammelgebiet der Österreichischen Phonothek ist die Dokumentation des österreichischen Zeitgeschehens. Daher werden vorrangig Eigenaufnahmen von Parlamentssitzungen, politischen Veranstaltungen, kulturellen Ereignissen usw. hergestellt. Die geringen Musikbestände werden fast ausschließlich von Studierenden der benachbarten Hochschule für Musik und darstellenden Kunst und des Konservatoriums der Stadt Wien benützt.


last update 31.08.2010