Kartensammlung und Globenmuseum

Bestandsgeschichte

Bereits im 16. Jahrhundert wurden an der Wiener Hofbibliothek Landkarten, Atlanten und Bücher geografischen Inhalts gesammelt. Im 18. Jahrhundert gelang durch den Ankauf des, insgesamt aus 324 Bänden bestehenden Sammelatlas des Freiherrn Philipp von Stosch und der zahlreiche wertvolle Cartographica enthaltenden Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen eine bemerkenswerte Erweiterung des Landkartenbestandes und der geograpfischen Fachliteratur der ehemaligen Hofbibliothek.
1906 erfolgte die Gründung einer Spezialsammlung für Geografie, der heutigen Kartensammlung, in der ein großer Teil der Geographica der Hofbibliothek zusammengeführt wurde. Nun begann auch neben einer gezielten Sammelpolitik die wissenschaftliche Bearbeitung der Objekte. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges konnte der Bestand durch die Übernahme von Karten, Atlanten und geograpfisch-topografischen Ansichten (Städte- und Landschaftsbilder) der ehemaligen habsburgischen Familien-Fideikommiss-Bibliothek, der Graphischen Sammlung Albertina und des ehemaligen Militärgeographischen Instituts erheblich erweitert werden. Einen Aspekt gezielter Sammelpolitik in der Zwischenkriegszeit bildete der planmäßige Aufbau der Sammlung geografisch-topografischer Ansichten, der sogenannten "Vues-Sammlung".

Globenmuseum

Wiener Globenliebhaber propagierten in der Zwischenkriegszeit die Einrichtung eines staatlichen Museums. Vor der Realisierung eines solchen betrieb Dipl. Ing. Robert Haardt (1884-1962) ein privates Globenmuseum in seiner Wiener Wohnung, in dem er auch Objekte aus öffentlichem Besitz präsentieren konnte. 1953 wurde durch das Unterrichtsministerium die Einrichtung einer staatlichen Sammlung in den Räumlichkeiten der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek beschlossen, die 1956 eröffnet werden konnte. Die kontinuierlich und systematisch erweiterte, aber auch durch großzügige Leihgaben von privater Seite aufgewertete Kollektion konnte 1986 in speziell für diesen Zweck adaptierte und konservatorischen Erwägungen entsprechende Räume übersiedelt werden.
Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek sammelt und präsentiert vor allem alte Globen und globusähnliche Instrumente, aber auch Planetarien (Modelle des Sonnensystems), Tellurien (Instrumente mit denen die Bewegung der Erde um die Sonne und die des Mondes um die Erde dargestellt wird) sowie Armillarsphären (aus Ringen zusammengesetzte dreidimensionale Modelle der Himmelskugel, in deren Innerem häufig ein bewegliches Modell des Planetensystems eingebaut ist).
Gegenwärtig werden über 250 Objekte verwahrt. Mehr als 100 davon stammen aus der Zeit vor 1850. Damit gilt das Institut als zweitgrößte globenspezifische Kollektion der Welt (nach dem National Maritime Museum, Greenwich, UK). Es ist ferner die einzige Sammlung, die beinahe alle ihre Objekte ausstellt und so dem Besucher einen einigermaßen umfassenden Überblick über die Entwicklung des Globus und der Globenerzeugung bietet.

Bestand

- ca. 256.000 Kartenblätter
- 290.000 geografisch-topografische Ansichten
- 238 Globen
- 46 geografische Reliefs und Festungsmodelle 
- ca. 63.000 Bände Fachliteratur, davon fast 4.000 Welt- und Regionalatlanten

Erwerbung von Sammlungsobjekten

Die Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek hat laut geltendem Forschungsorganisationsgesetz u. a. die Aufgabe, kartografische Objekte und geografisch-topografische Ansichten zu sammeln, zu bearbeiten, aufzubewahren und sie der Benutzung zugänglich zu machen.

Das dadurch vorgegebene Sammelprofil sieht daher wie folgt aus :

- kartografische Objekte (auch digitalisierte)
- Landkarten
- moderne Karten
- Bibliotheksstücke aller in Österreich veröffentlichten Karten und Atlanten
- ausländische topographische Karten
- ausländische Karten österreichischer Verlage
- offizielle Kartenserien: Kartenserien der Nachbarstaaten, jeweils eine Serie in einem möglichst großen Maßstab (z.B. 1:25.000) und einem kleinen Maßstab (1:200.000); Kartenserien anderer europäischer Staaten (1:50.000, 1:200.000); Kartenserien außereuropäischer Staaten (1:200.000)
- Weltkarten (1:500.000, 1:1 Mio.)
- ein- oder mehrblättrige Karten wichtiger Regionen in unterschiedlichen Maßstäben in Auswahl
- Stadtpläne in Auswahl
- thematische Karten, soweit sie nicht von eigenen Institutionen gesammelt werden (z.B.: geologische Karten durch die Kartensammlung der Geologischen Bundesanstalt)

Alte Karten und Pläne, handgezeichnet, gedruckt oder digitalisiert
- die das Gebiet (oder Regionen, Städte) der Republik Österreich wiedergeben
- Alt-Österreichs bzw. seiner Regionen
- Weltkarten
- Globussegmente
- Europas
- Mitteleuropas
- Routenkarten bzw. Karten mit Eintragungen von Forschungsreisenden

Globen (alle Arten, alle Materialien)
- speziell alte und neue Objekte, die in (Alt-)Österreich oder von (Alt-)Österreichern hergestellt wurden bzw. für dieses Gebiet von besonderer Bedeutung waren
- globenverwandte Instrumente wie z.B. Armillarsphären
- Instrumente, die Globen enthalten wie z. B. Planetarien, Tellurien

- Reliefs

- Faksimiles, vor allem von Karten, die für die Kartografiegeschichte von Bedeutung sind

Geografisch-topografische Ansichten
- alte Ansichten, handgezeichnet, gedruckt, fotoreproduziert oder digitalisiert: von Orten bzw. Landschaften innerhalb des Gebiets der Republik Österreich, Alt-Österreichs, der restlichen Welt;
- Ansichten, die von (Alt-)Österreichern angefertigt wurden
- Ansichtskarten

Fachliteratur

Sammelschwerpunkt
- Geografie (Handbücher, Lexika, Zeitschriften, Zeitschriftenartikel)
- Geschichte der Geografie
- alte und neue Atlanten (Welt-, National-, Regional-, See-, Himmelsatlanten etc.)
- Landes- und Länderkunden
- Topografien
- Reiseführer
- Ortsverzeichnisse
Entdeckungs- und Forschungsreisen (Handbücher, Lexika, Zeitschriften, Zeitschriftenartikel)
Geschichte der Kartografie (Handbücher, Lexika, Zeitschriften, Zeitschriftenartikel)
Globenkunde (Handbücher, Lexika, Zeitschriften, Zeitschriftenartikel)
- Geschichte der Globenkunde
- für die Herstellung und Nutzung von Globen relevante Literatur
- Kataloge von Globenherstellern
- historische Astronomie für Himmelsgloben und Sternkarten

In Auswahl
Bildbände
Kartografie (Absprachen mit der Bibliothek des Instituts für Geografie der Universität Wien)
Geschichte der Ethnologie (Handbücher, Lexika, Zeitschriften, Zeitschriftenartikel)

Koordination der Erwerbungen mit anderen Institutionen

In einer zwischen der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Referat Geografie der Universitätsbibliothek Wien geschlossenen Übereinkunft vom 17. März 1981 wird das gemeinsame Sammelgebiet  wie folgt definiert: "Relevante Literatur aus dem Gesamtbereich der Geografie und Kartografie unter besonderer Berücksichtigung (Alt-)Österreichs". Sammelschwerpunkte der Österreichischen Nationalbibliothek sind: Geschichte der Geografie und Kartografie sowie der geografischen Entdeckungen und Reisen. Weniger benutzte Serien sollten nur an einer Bibliothek vorhanden sein, häufiger verlangte Fortsetzungen oder übergreifende Werke könnten aber auch an beiden Instituten zur Verfügung gestellt werden.
Bei teuren Kartenwerken finden Koordinierungsgespräche mit dem Institut für Geografie der Universität Wien statt.
Ausländische thematische Karten werden in Absprache mit der Geologischen Bundesanstalt erworben.


last update 31.08.2010