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Margit
Schreiner Am Ende bringen wir unsere Mütter um, |
Margit Schreiner, geboren am 22.12.1953 in Linz, studierte nach dem
Abschluß des Wirtschaftskundlichen Realgymnasiums Germanistik und Psychologie
in Salzburg. Von 1977 bis 1980 lebte sie in Tokio, wo sie ihre Dissertation
"Die Kategorie des Schönen in der Faustdichtung" abbrach und sich der
Schriftstellerei zuwandte. In den Folgejahren lebte sie in Salzburg, Paris,
Italien und Berlin. 2000 kehrte sie in ihre Geburtsstadt zurück.
Zu den frühen Arbeiten zählt der Gedichtzyklus "Vierzehn Arten japanische
Gärten zu beschreiben" (1984). 1989 erschien der erste Erzählband "Die Rosen des Heiligen Benedikt"
bei Haffmans in Zürich. Hier, wie auch in den Folgebüchern "Mein erster Neger" (Haffmans
1990) und "Die Unterdrückung der Frau, die Virilität der Männer, der
Katholizismus und der Dreck" (Haffmans 1995), finden sich bereits jene
Erzählstrategien, die für das literarische Schaffen der Autorin charakteristisch
sind: In einer präzisen, unprätentiösen Sprache werden kurze Begebenheiten
geschildert, die teils lose, teils enger zusammenhängen. Bemerkenswert ist die
immer bewußt aufgehobene Distanz zum Erzählten, d.h. die scheinbar radikale
Ichbezogenheit der Texte, die die Grenze zwischen Autobiographie und
Fiktionalität permanent verschwimmen läßt. Die derart provozierte Empathie wird
dann wiederum laufend in Frage gestellt.
Vervollkommnet hat die Autorin ihr Verfahren in der sogenannten "Trilogie
der Trennungen": 1997 erschien mit "Nackte Väter" (Haffmans) die
ebenso einfühlsame wie scharf gezeichnete literarische Erinnerung des langsamen
und quälenden Abschieds vom an Morbus Alzheimer erkrankten Vater. In dem Roman "Haus, Frauen,
Sex." (Haffmans 2001) nützte Schreiner ihre Erzählstrategie, um in die
Figur eines verlassenen Ehemanns zu schlüpfen, der in einem langen Monolog das
Scheitern einer ganzen Männergeneration einbekennen muß, freilich ohne dieses
zu erkennen. Die Veröffentlichung des Romans verlief einigermaßen turbulent.
Zwar war das Presseecho enorm und Schreiner sehr gefragt in Diskussionsrunden,
doch zur selben Zeit meldete der Haffmans Verlag Konkurs an. Nach aufreibenden
Monaten, in denen die Frage nach den Rechten für Schreiners bisherige
Veröffentlichungen geklärt werden mußte, fand die Autorin im Frankfurter Verlag
Schöffling eine neue Bleibe.
"Haus, Frauen, Sex.", Schreiners bisher erfolgreichstes Buch, wurde
mehrmals als Einpersonenstück auf deutschsprachigen Bühnen aufgeführt. 2003
erschien als letzter Teil der "Trilogie der Trennungen" "Heißt lieben"
(Schöffling). Wie der Tod des Vaters einige Jahre zuvor, war auch das lange
Abschiednehmen und Beobachten des Verfalls der Mutter Anlaß für einen ungemein
persönlichen Text. Die Schriftstellerin beleuchtet sowohl das Verhältnis zu
ihrer Mutter, als auch ihre eigene Mutterrolle. Zugleich erlangt das Buch durch
seine gezielt plazierte ‚Verallgemeinerung' beinahe Allgemeingültigkeit in
bezug auf die Wirren und Störungen in Mutter-Tochter-Beziehungen. Weitere
Publikationen (Auswahl): "Bruno und ich" (Resistenz 2005), "Buch der Enttäuschungen"
(Schöffling 2005), "Haus, Friedens, Bruch" (Schöffling 2007), "Schreibt Thomas Bernhard Frauenliteratur? Über Literatur, das Leben und andere Täuschungen" (Schöffling 2008).
Preise und Förderungen: Theodor-Körner-Förderungspreis (1986), Österreichisches
Staatsstipendium (1990), Stipendium des Deutschen Literaturfonds (1994),
Oberösterreichischer Landeskulturpreis (2005) und andere.
Über weitere Aspekte zu Biographie und Werk informiert Margit Schreiners Homepage.
Literatur: Ingrid Schenk: Sexualität aus der Sicht der Frau in der Literatur in Österreich Ende der 80er Jahre am Beispiel von Elfriede Jelineks "Lust" im Kontext anderer feministischer Werke (Lilian Faschinger: "Lustspiel", Brigitte Schwaiger: "Liebesversuche" und Margit Schreiner: "Die Rosen des Heiligen Benedikt"). Innsbruck: Dipl.-Arb. 1996.
Zugangsdatum: 2005.
Umfang: ca. 10 Kisten.
Bestand eingeschränkt benutzbar.
Recherche nach »Margit
Schreiner« im Handschriften, Nachlässe- und Autographen-Katalog der
Österreichischen Nationalbibliothek (HANNA)
Redaktion: Priv.-Doz. Dr. Volker Kaukoreit / Peter Seda