1500 | Kaiser Maximilian I.
Maximilian I. (1459-1519), der Sohn Friedrichs III., war selbst Autor und Mitverfasser von Werken mit Bezügen zu seiner persönlichen Lebensgeschichte. Er stand mit Gelehrten wie Jakob Mennel (1460-1532), Ladislaus Suntheim (1440-1513) und Johannes Cuspinian (1437-1529) in Verbindung, die für ihn Auftragswerke schufen, und er vermehrte systematisch die Bibliothek seines Vaters. Durch die Heirat mit Maria von Burgund kamen bedeutendste Werke der burgundischen und nordfranzösischen Buchkunst in habsburgischen Besitz. Nach Ernst Trenklers Beitrag über "Die Frühzeit der Hofbibliothek (1368-1519)" in der "Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek" entsprach der burgundische Bücherschatz mit seinem zeitgenössischen Wert von 100.000 Gulden einem Achtel des gesamten Heiratsgutes der Maria von Burgund. Prachthandschriften wie das Stundenbuch der Maria von Burgund, die Chroniken von Jerusalem oder das Statutenbuch des Ordens vom Goldenen Vlies entstammen diesem Schatz, der jedoch bis 1581 in den Niederlanden blieb. Bibliotheksgeschichtlichen Forschungen verdanken wir die Kenntnis über das Schicksal dieses Codices. Im Ausstellungskatalog "Thesaurus Austriacus. Europas Glanz im Spiegel der Buchkunst" (1996) liest man, dass die burgundischen Zimelien aus dem Erbe der Gemahlin Maximilians 1581 in Brüssel Erzherzog Matthias, der 1579 bis 1581 Generalstatthalter in den Niederlanden war, vor seiner Rückkehr nach Wien übergeben wurden. Von dort wurden sie unter Kaiser Rudolf II. auf die Prager Burg gebracht, 1612 aber wieder nach Wien transferiert, wo sie schließlich Ende des 18. Jahrhunderts aus der Schatzkammer in die Hofbibliothek übertragen wurden.
Kaiser Maximilians zweite Gemahlin war Bianca Maria Sforza (1472-1510) und die aus ihrem Besitz stammenden Meisterwerke der italienischen Buchkunst der nächste Schatz für die Bibliothek. In einem Widmungsgeschenk anläßlich ihrer Hochzeit sehen wir sie mit Maximilian I. dargestellt. Wunderbar illuminiert ist ihr eigenes Lehrbuch.
Neben den österreichischen Handschriften aus der Hofminiatorenwerkstätte waren mit der böhmischen, der französischen und der italienischen Buchmalerei die bedeutendsten Strömungen der europäischen Buchkunst in der kaiserlichen Bibliothek vertreten, die jedoch nicht geschlossen, sondern an mehreren Orten verstreut aufbewahrt wurden. Maximilian I. lies Teile der Bibliothek in Wiener Neustadt, in der Wiener Burg und seit etwa 1500 in Innsbruck aufbewahren. Dorthin hatte er Bücher zur Genealogie, Literatur und Geschichte bringen lassen, die ihn persönlich interessierten und eigene Instruktionen an seinen Kammermeister gegeben: Man soll, schrieb er am 30. Dezember 1500, in die Kammer gehen, in der die Truhen mit den Büchern stehen, die Bücher herausnehmen und sie zählen. Dann sollen die Bücher in eine warme Stube gebracht werden, wo man alle Blätter mit warmen Tüchern überstreichen soll, um die Feuchtigkeit zu vertreiben. Dann soll man die Bücher in das Schloss Thaur bringen. Dort sollen sie verwahrt werden, "damit sie nit verderben und kains davon verloren werd, auch niemand darüber gehe". Nach dem Tode Maximilians im Jahre 1519 kamen die Bücher wieder in die Innsbrucker Burg und von dort nach Schloss Ambras.