Flugblätter-, Plakate- und Exlibris-Sammlung

Bestandsgeschichte

1912 wurde die Flugblätter-Sammlung als eigene Abteilung der k. k. Hofbibliothek eingerichtet. Sie umfasste an die 10.000 Drucke, von denen über die Hälfte auf Flugblätter zur Revolution von 1848 entfiel. Diese Bestandsgruppe kam durch eine Schenkung aus der Bibliothek des Ministerratspräsidiums an die Hofbibliothek. Zusätzlich war bereits 1910 die Sammlung von Flugblättern aus Lombardo-Venetien (Zeitraum: 1799–1866) aus dem Nachlass von Joseph Alexander von Helfert von der Hofbibliothek erworben worden, in der ebenfalls die Revolutionsereignisse von 1848 in Italien umfangreich dokumentiert sind. 80 Prozent der Einblattdrucke aus dem Gründungsbestand stammte aus den Ländern der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.

Den Grundstein zur Plakate-Sammlung legte Dr. Ottokar Mascha, als er 1917 seine bedeutende Sammlung früher Plakatkunst der Hofbibliothek schenkte „mit dem Wunsche, daß diese mit meinem Namen verknüpfte Sammlung dem Vaterland zum Ruhm und der Nachwelt zum Nutzen gereichen möge.“ Zusätzlich übergab er ein umfangreiches Konvolut „Kriegsgraphik“ zum Ersten Weltkrieg, unter anderem auch 154 Plakate. Nach Kriegsende blieben lediglich die Kriegsplakate in der Flugblätter-Sammlung, das Gros der Plakate aus der Sammlung Mascha gelangte in die Albertina.

1923 wurde die „Kriegssammlung“, die von 1914–1918 in der Hofbibliothek angelegt worden war, von der Flugblätter-Sammlung übernommen. Postkarten, Lebensmittelmarken, Kundmachungen, Flugzettel, Vivat-Bänder, Kinderzeichungen u. ä. dokumentieren Kriegspropaganda sowie Mentalitäts- und Alltagsgeschichte.

Seit 1918 wurde der Bestand an Flugblättern und Plakaten vorwiegend durch Pflichtablieferung erweitert. Bis zum Inkrafttreten des Mediengesetzes 1981 übergab die Pressepolizei ihre Belegexemplare ebenfalls der Österreichischen Nationalbibliothek. So kann die Sammlung mit ihren politischen Plakaten der 1. und 2. Republik der Forschung einen repräsentativen Querschnitt anbieten. Dieses wichtige Quellenmaterial wird ergänzt durch den 1998 erfolgten Ankauf der Plakatsammlung des Bundes Österreichischer Gebrauchsgraphiker. Die 1.300 Plakate, überwiegend Produktwerbung von der Jahrhundertwende bis in die 60er Jahre, stammen von den bekanntesten österreichischen Plakatkünstlern wie Josef Binder, Ernst Deutsch, Hans Neumann oder Julius Klinger. Die Sammlung belegt die führende Rolle des österreichischen Graphic Designs der Zwischenkriegszeit. Sie trägt nach der Donau-Versicherung, die den Ankauf ermöglicht hat, den Namen „Sammlung Donau“.

Zwei weitere kostbare Teilbestände sind hervorzuheben: die Sammlung von Erhard Buschbeck mit Plakaten des Jugendstils und des frühen Expressionismus sowie die über 3.000 Filmplakate umfassende Sammlung Joseph Gregor, deren über 500 Original-Hollywood-Plakate und über 1.000 Stummfilmplakate gesuchte Raritäten darstellen.

Die Exlibris-Sammlung umfasst an die 9.000 Blätter aus dem Zeitraum von 1500–1850. Den Grundstock der Sammlung bildeten Exlibris aus den Büchern der Hofbibliothek und die 1930 erworbene Sammlung Rudolf Benkard mit über 6.000 Blättern des 16. bis 18. Jahrhunderts, vor allem aus dem süddeutschen Raum. In den 70er Jahren verlagerte sich mit Neuankäufen bzw. Schenkungen der zeitliche Schwerpunkt auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Sammlungen Hans Ankwicz-Kleehoven, Franz Kubat und ein Teilnachlass des österreichischen Kupferstechers Alfred Coßmann beinhalten in erster Linie Blätter von 1900 bis in die 60er Jahre aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, eine im heutigen Tschechien angelegte Sammlung spiegelt darüber hinaus die osteuropäische Exlibriskunst der Zwischenkriegszeit wider. Seit 1996 dokumentiert die inzwischen auf ca. 45.000 Kleingrafiken angewachsene Sammlung auch das zeitgenössische Exlibris-Schaffen.

Im Rahmen der Neuorganisation der Österreichischen Nationalbibliothek wurde 1995 durch die Zusammenlegung von zwei Abteilungen der Druckschriftensammlung die Flugblätter-, Plakate- und Exlibris-Sammlung geschaffen. Forschungsaufträge und die Teilnahme an Projekten ermöglichten seither die wissenschaftliche Bearbeitung der Bestände.

Bestand

Einblattdrucke 16.–19. Jh. (Druckorte überwiegend Österreich und Deutschland)
Erschließung: historischer Zettelkatalog, Inventarlisten, chronologisch geordnete Kopien

Herrscherpatente, Zirkulare, Dekrete 16.–19. Jh. (überwiegend aus Österreich und den habsburgischen Kronländern)
Erschließung: lokale Datenbank (Patente 16.–18. Jh.), historischer Zettelkatalog, Inventarlisten, chronologisch geordnete Kopien

Flugblätter zur Revolution 1848 (Druckorte: Wien, Kronländer, Ungarn.)
Erschließung: lokale Datenbank zu über 1.000 Flugblättern Wien und Kronländer; lokale Datenbank zu Ungarn 1848–1849. Chronologisch geordnete Kopien und Inventarlisten nach Länderprovenienz
Flugblätter aus Lombardo-Venetien (1799–1866)
Erschließung: chronologisch geordnete Kopien und Inventarlisten nach Druckorten

Kriegssammlung 1914–1918: umfassende Dokumentation der Kriegsereignisse. Objekte: Plakate, Flugblätter, Postkarten, Extrablätter, Kinderzeichnungen und Schulaufsätze, Vivatbänder, Brief- und Verschlussmarken etc..
Erschließung: Inventarlisten, Fotokartei der Plakate; Datenbank der Bildplakate für Projekt EPOC.

Plakate und Flugblätter aus Österreich: 1900 ff.
Schwerpunkt: politische Propaganda in der 1. und 2. Republik. Provenienz: Pressepolizei, Pflichtexemplare.
Erschließung: Inventarlisten, Fotokartei der Plakate. Datenbank der Bildplakate von 1918–1945 für Projekt EPOC, CD-ROM im Verlag Saur München.
Datenbank für die österreichischen Plakate 1990 ff im lokalen Netz der Österreichischen Nationalbibliothek zugänglich.

Filmplakate 1910–1955 aus der Sammlung Joseph Gregor („Archiv für Filmkunde“)
Schwerpunkt: Plakate zu Stummfilmen (55% aus dem Zeitraum von 1910–1929), Produktionsländer der Filme: 5% Österreich, 40% Deutschland, 46% USA, 4% Frankreich, 2% Italien, 1% Sowjetunion.
Erschließung: Durch ein Projekt des BMUKK war eine vollständige Neuaufstellung und Bearbeitung dieser wertvollen Sammlung möglich. Über 3.000 Plakate wurden restauriert, fotografiert und katalogisiert. Die Daten sind seit 1998 im DISKUS-Verbund DISKUS (Digitales Informationssystem für Kunst und Sozialgeschichte) zugänglich. Bisher wurden 15 DISKUS-CD-Roms veröffentlicht. Im Mai 1998: Filmplakate der Österreichischen Nationalbibliothek 1910–1955 (ISBN 3-598-40311-9). Die Datenbank ist auch im Internet zugänglich: http://www.onb.ac.at/sammlgn/safr.htm

Sammlung „Donau“: Plakatarchiv des ehemaligen „Bundes Österreichischer Gebrauchsgraphiker“. 1.300 Plakate 1900–1960, Schwerpunkt: Produktwerbung und Veranstaltungsplakate für Wien.
Erschließung: lokale Bilddatenbank HIDA/MIDAS, Publikation in der Reihe DISKUS (Saur Verlag) geplant.

Exlibris 15.–20 Jh.: ca. 45.000 Exlibris und Gelegenheitsgrafiken. Geografischer Schwerpunkt: Österreich, Deutschland, Schweiz und Osteuropa. Zeitlicher Schwerpunkt: ca. 9.000 Exlibris von 1500–1850; ca. 34.000 Exlibris von 1900–1960; ca. 2.000 Exlibris 1990 ff. Teilsammlungen: Blätter der Hofbibliothek, Exlibris-Sammlungen Rudolf Benkard, Hans Ankwicz-Kleehoven, Franz Kubat, Tschechische Sammlung, Teilnachlass Alfred Coßmann
Erschließung: lokale Datenbank zu Sammlung Ankwicz-Kleehoven und Neuerwerbungen seit 1996, historischer Zettelkatalog zu über 16.000 Exlibris aus dem Zeitraum Renaissance bis Jugendstil (Exlibris der Hofbibliothek, Sammlung Benkard, Erwerbungen der Zwischenkriegszeit).

Erwerbung von Sammlungsobjekten

Austriaca: Flugblätter, Plakate und Exlibris
Angestrebt werden Erweiterungen zu allen genannten Bestandsgruppen.

Fachliteratur

Sammelschwerpunkt:
Literatur zu Flugblättern, Plakaten und Exlibris sowie zu den Spezialsammlungen (u. a. Revolution 1848, Kriegssammlung Erster Weltkrieg, Filmplakate Sammlung Gregor), biografische und bibliografische Nachschlagewerke zur Gebrauchsgrafik, Druckgeschichte und Zeitgeschichte, Antiquariats-, Auktions- und Ausstellungskataloge zu Sammlungsobjekten. Belegexemplare von Büchern, in denen Abbildungen von Objekten der Sammlung verwendet wurden. 

In Auswahl:
Kunstgeschichte, Zeitgeschichte (allgemein), Wirtschaftsgeschichte, Filmgeschichte, Kommunikations- und Mediengeschichte, Semiotik

 


last update 16.04.2010