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Bestandsbearbeitung
Österreichisches Literaturarchiv
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Abenteuer Praxis
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Einer der ersten Nachlässe, die an das Österreichische Literaturarchiv kamen, war der des 1988 verstorbenen Schriftstellers und Übersetzers Erich Fried. Aus London, wo Fried seit seiner Vertreibung aus Österreich (1938) lebte, kam seine literarische Hinterlassenschaft in einem voll beladenen Speditions-LKW nach Wien: 320 Umzugsschachteln (davon 200 mit Manuskripten und Druckschriften, 120 mit der Nachlaßbibliothek). Rechts: Dr. Volker Kaukoreit bei der ersten "Tuchfühlung" mit dem von ihm zu bearbeitendem Material. |
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Chaos und Befund
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In London war der Erich Fried-Nachlaß - teils unter Aufsicht einer ÖNB-Mitarbeiterin - von der Familie und einer Spedition in Schachteln eingepackt worden. Soweit es möglich war, wurde versucht, die Ordnung, die Erich Fried in seinem Arbeitszimmer hatte, zu bewahren. Dennoch ist der sich daraus ergebende Befund problematisch, da der Schriftsteller selbst keine systematische Ordnung pflegte. Diverseste Materialien legte er oft in Mappen ab, die er dann etwa mit "Mix", "Sichten" etc. beschriftete. |
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Vorordnung
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Bei einem ersten Arbeitsdurchgang ging es darum, die "Spreu vom Weizen", das heißt, u.a. die Drucksachen von den wertvollen Handschriften zu trennen. Ursprünglich wurde dabei versucht, den "Befund" - das ist die ursprüngliche Ordnung - schriftlich festzuhalten, was jedoch aus arbeitsökonomischen Gründen später nur noch in bestimmten Fällen durchgeführt werden konnte. Bei der aufwendigen Vorsortierung wurde gleichzeitig eine Nachlaßordnung (Systematik) entworfen. Zudem wurden in dieser Phase die wichtigsten restauratorischen Maßnahmen (Manuskriptrestaurierung, Schimmelpilzbehandlung u.ä.) eingeleitet. |
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"Vermappung"
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Oben rechts ein Papierberg mit wichtigen Handschriften und Typoskripten von Erich Fried. Die einzelnen Texte wurden von den ursprünglichen, säurehaltigen Umschlägen und Mappen in säurefreie Flügelmappen umgelagert. Die Archivflügelmappen erhielten dabei eine genaue Beschriftung und kamen schließlich in blaue, säurefreie und alterungsbeständige Archivboxen. |
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Vorgeordnetes Material
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Das weniger relevante Nachlaßmaterial wurde vorgeordnet, in die ursprünglichen Umzugsschachteln zurückverpackt und bis zur weiteren Bearbeitung - teils im Magazin, teils im "Fried-Depot" - untergebracht. Es handelt sich hierbei weitgehend um Druckschriften, die jedoch immer noch eingelegte Manuskripte enthalten oder Arbeitsspuren des Autors verraten können. Auch dieses Material bedarf einer genaueren Durchsicht. |
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Lagerung
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Blick in das "Fried-Depot"; in den braunen Schachteln vorgeordnetes Material, in den blauen bereits tiefer erschlossene Archivalien. Ähnlich umfangreich ist der Nachlaß von Ernst Jandl, nur wenig kleiner sind die Bestände Ernst Schönwiese und Hilde Spiel. Die Feinerschließung solcher Sammlungen kann sich je nach Erschließungstiefe auf mehrere Jahre erstrecken.
Das "Fried-Depot" das sich im zweiten Stock befindet, bildet eine Ausnahme im Österreichischen Literaturarchiv. Alle weiteren vorgeordneten und feinerschlossenen Bestände, an denen nicht aktuell gearbeitet wird, befinden sich im "Magazin", in dem nach konservatorischen Maßgaben regelmäßig Messungen der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit durchgeführt werden. |
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Signaturenvergabe
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Nancy Wing, eine Bibliothekarin aus Kalifornien, hilft im Sommer 2001 im Rahmen eines Auslandspraktikums bei der Einsignierung von tausenden Briefen aus dem systematisch geordneten Bestand des Redaktionsarchives der österreichischen Zeitschrift "Literatur und Kritik".
Die Signatur setzt sich zusammen aus der Akzessionsnummer des Bestandes, einer Sigle, die die jeweilige Materialart (Werk, Brief, Lebensdokument, Sammlung) bezeichnet, und den numerus curens. So bekommt der erste Brief aus dem "Literatur und Kritik"-Bestand die Signatur: ÖLA 9/B1. |
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Schachtelbeschriftung
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Ein Bestand ist in säurefreie Mappen eingelegt und signiert. Jetzt wird er in die blauen, säurefreien und alterungsbeständigen Archivboxen eingelagert. Die Boxen werden von außen mit der Bezeichnung des Bestandes und der Signaturenfolge beschriftet. Links Jamal Beerdawod beim Bekleben der Schachteln mit den Beschriftungen. |
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EDV-Aufnahme
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Der Prozeß der Feinerschließung findet seinen Abschluß in der regelwerksorientierten Aufnahme der Bestandsmaterialien in die Nachlassdatenbank der Österreichischen Nationalbibliothek. Rechts Dr. Volker Kaukoreit bei dieser Tätigkeit. |
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Regelwerk
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Um auf Nachlaßmaterialien gezielt zugreifen zu können, sind für deren "formale Erfassung" einheitliche Regeln von besonderer Wichtigkeit. Einen praktischen Leitfaden bieten diesbezüglich die 1997 vom "Unterausschuss für Nachlasserschließung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft veröffentlichten "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen" (RNA), nach denen sich auch das Österreichische Literaturarchiv richtet und an deren Entwicklung es mitbeteiligt war. Im weitesten Sinne damit zu tun haben auch die Kooperationstätigkeiten des Literaturarchivs innerhalb Österreichs und die Teilnahme an den EU-Projekten "MALVINE" und "LEAF". Vgl. weitere Informationen auf der Projektseite KOOP-LITERA. |
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EU-Projekte
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In engem Zusammenhang mit der Bestandbearbeitung auf Regelwerksbasis stehen die EU-Projekte MALVINE und LEAF, die sich mit der internationalen Zugänglichkeit von digitalen Autographennachweisen und der Normierung von Datensätzen beschäftigen. Das MALVINE-Projekt wurde im Frühjahr 2001 abgeschlossen. Das von Mag. Max Kaiser betreute Nachfolgeprojekt LEAF läuft seit März 2001. Die Zusammenarbeit erfolgt u.a. mit der Staatsbibliothek zu Berlin und der British Library in London. |
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Forschung
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Ein eigener Tätigkeitsbereich des Österreichischen Literaturarchivs ist die wissenschaftliche Auswertung der feinerschlossenen Bestände, vor allem in Form von Publikationen und Ausstellungen. Hier Dr. Kastberger bei der Redaktion eines Bandes des Magazins "Profile". |
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Guided Tour 4 Guided Tour 5
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