Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken

Bestandsgeschichte

Zahlreiche Büchersammlungen der Mitglieder des Hauses Habsburg haben über mehrere Jahrhunderte hinweg die Bestände bereichert. So ließ etwa der Sohn Friedrich III., Maximilian I. (reg. 1493 - 1519), Handschriften und Drucke sowohl unter ihrem materiellen Aspekt als Teilen des Hofschatzes als auch nach wissenschaftlichen und künstlerischen Kriterien systematisch vermehren. Hinzu kamen die zahlreichen, von Maximilian verfaßten bzw. in Auftrag gegebenen Werke. Zu den bedeutendsten Zimelien zählt der mit über 100 Holzschnitten ausgestattete "Theuerdank", ein allegorisch verbrämter Ritterroman, in dem Maximilian seine Brautfahrt nach Burgund verarbeiten ließ.
Auch zahlreiche Privatbibliotheken bekannter Wiener Humanisten, wie die des Johannes Cuspinianus (1473 - 1529), die Bibliotheken des Wiener Orientalisten Joseph Hammer-Purgstall (1774 - 1856) und mehrerer Präfekten, wie die von Sebastian Tengnagel (1573 - 1636), Peter Lambeck (1628 - 1680) oder Gerard van Swieten (1700 - 1772), erweiterten den Bestand. Im Jahre 1655 kam es zum Ankauf einer der Büchersammlungen der Familie Fugger. Die ca. 15.000 Bände bedeuteten eine große Bereicherung für die Bibliothek, auf die die gesamte gelehrte Welt aufmerksam wurde. Unter den meist wissenschaftsgeschichtlich und bibliophil herausragenden Büchern verdient die 1738 von der Bibliothek erworbene etwa 15.000 Titel umfassende "Bibliotheca Eugeniana" des kaiserlichen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen besondere Beachtung.
Aus verschiedenen Gründen gelangten in die Bibliothek immer wieder Bücherbestände aus öffentlichen Einrichtungen, wie der Wiener Universitätsbibliothek (1756) oder der Wiener Stadtbibliothek (1780). Eine große Bestandserweiterung erfuhr die Bibliothek auch durch die Klosteraufhebungen unter Joseph II. (reg. 1780-1790).
Durch die, wenn auch lange Zeit nur mangelhaft eingehaltene Pflichtabgabe, die 1808 auf die gesamte Monarchie ausgeweitet wurde, erfuhr die k. k. Hofbibliothek einen bedeutenden Zuwachs.(vgl. Kap. 1.2.1)

Bestand

Inkunabeln: Die ca. 8.000 Inkunabeln stellen den wertvollsten Teil der Sammlungsbestände der SIAWD dar. Etwa ein Viertel aller im 15. Jahrhundert gedruckten Titel sind im Bestand nachweisbar. Hervorzuheben ist z.B. das einzige in Österreich verbliebene Exemplar der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel (Mainz, 1454/55). Die Sammlung ist sowohl durch wertvolle Einzelstücke als auch geschlossene Bestandsgruppen ausgezeichnet: so enthält sie u.a. eine von weltweit insgesamt 13 erhaltenen Exemplaren der 36-zeiligen Gutenberg-Bibel (Bamberg, um 1460), einen vollständigen Pergamentdruck des Mainzer Psalters (Johann Fust, Peter Schöffer, 1457) und Beispiele fast aller bis 1500 gedruckten Bibeln.

Drucke 1501-1850: Von den ca. 55.000 Titeln aus dem 16. Jahrhundert sind ca. 35.000 in lateinischer, über 8.000 in deutscher, über 5.000 in französischer, ca. 5.000 in italienischer, ca. 1.000 in spanischer und der Rest vor allem in griechischer, hebräischer oder einer slawischen Sprache abgefaßt. Eine Besonderheit ist der außerhalb des slawischen Sprachraumes einzigartige Bestand südslawischen protestantischen Schrifttums aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Verteilung nach Sprachen der über 64.000 Bände aus dem 17. Jahrhundert entspricht in etwa der des 16. Jahrhunderts, mit Ausnahme der spanischen Bücher, die mit ca. 4.000 Titeln vertreten sind. Im Vergleich zum 17. Jahrhundert wächst im 18. Jahrhundert der Bestand bei deutschsprachigen Titeln ungefähr um das Fünffache, bei französischen Werken um das Dreifache, im slawischen Bereich sogar um das Zehnfache. Die übrigen Titel der insgesamt etwas weniger als 115.000 Werke setzen sich aus ca. 40.000 lateinischen, ca. 8.700 italienischen, über 5.000 englischen, ca. 1.300 spanischen, des weiteren aus griechischen, hebräischen und ungarischen Werken zusammen. Bei den über 190.000 Titeln aus dem Zeitraum von 1801 bis 1850 läßt sich ein starker Zuwachs an slawischen (ca. 19.000) und ungarischen Werken (ca. 4.200), eine Zunahme bei deutschen (ca. 100.000), französischen (ca. 20.000), italienischen (ca. 17.000), spanischen (ca. 2.000) und griechischen Büchern (ca. 900) und eine Abnahme der lateinischen Literatur (insgesamt ca. 16.000) feststellen. Zu den hier aufgezählten Werken kommen insgesamt noch etwa 10.000 Titel ohne Angabe des Erscheinungsjahres.

Beachtenswert ist schließlich auch der Bestand der Zeitungen und Zeitschriften. In Wien, wo seit dem Ende des 15. Jahrhunderts das Buchgewerbe in Blüte stand, gab es eine besondere Tradition auf dem Gebiet der "Neuen Zeitungen". Bis zum Jahr 1600 sind etwa 200 (von insgesamt ca. 400) dieser nichtperiodischen Nachrichtenblätter nachweisbar. Von den ab dem 17. Jahrhundert periodisch erscheinenden Zeitungen sind als ältestes Wiener Beispiel die in der Offizin des Matthäus Formica seit 1621 gedruckten "Ordinari Zeittungen" zu nennen. In Ergänzung zu dem auf auswärtige Meldungen beschränkten Blatt schuf Formica 1622 die "Ordentlichen Postzeittungen", die ausschließlich Nachrichten aus Wien, vor allem vom Kaiserhof, sowie aus Ost- und Südeuropa brachten. Ebenfalls in den Beständen vertreten ist das 1703 gegründete "Wienerische Diarium", das noch heute als "Wiener Zeitung" fortbesteht. Im 18. und 19. Jahrhundert liegt ein Schwerpunkt bei den Periodika aus dem Raum der österreichisch-ungarischen Monarchie, beispielsweise in italienischer, tschechischer, polnischer, serbischer, kroatischer, ungarischer, aber auch in lateinischer Sprache.

Erwerbung von Sammlungsobjekten

Die Erwerbungen erfolgen zu folgenden Objektgruppen:
(1) Inkunabeln (inkl. Einblattdrucke bis 1500)
(2) Druckschriften 1501 - 1850
(3) Wertvolle und besonders seltene Druckschriften (ohne zeitliche Begrenzung)
(4) Erotica (ohne zeitliche Begrenzung)
(5) Bibliophile Druckschriften ("Luxus-Ausgaben", ohne zeitliche Begrenzung)
(6) Fragmente (z.B. Buchbindermakulatur aus alten Einbänden)
(7) Sinica, Japonica, Persica in Auswahl (ohne zeitl. Begrenzung)
(8) Druckschriften in bemerkenswerten Einbänden (ohne zeitliche Begrenzung)

Schwerpunkte
Grundsätzlich Austriaca zu (1)-(5)
Ergänzungen zu (1)-(3) im über Austriaca hinausgehenden grundsätzlichen Sammelgebiet der ÖNB (z.B. hinsichtlich Druckschriften aus ehemaligen österreichischen Sammlungen von Humanisten-, Adels-, Klosterbibliotheken usw.)


Fachliteratur

Sammelschwerpunkt
Literatur zum gesamten Sammelgebiet:
Buchgeschichte (Druckgeschichte, Verlagsgeschichte, druckgraphische Techniken, Sozialgeschichte des Druckgewerbes, Rezeptionsgeschichte, Einbandkunde, Bibliophilie)
Geschichte der Bibliotheken
Bibliographien und Bibliothekskataloge zum Sammelgebiet
Personalbibliographien zu Autoren des 15-19.Jhs.

In Auswahl
Antiquariats- und Auktionskataloge
Faksimile-Ausgaben von Inkunabeln, Druckschriften 1501-1850, sowie seltenen und wertvollen Drucken Standardwerke (Lexika, Wörterbücher etc.)


last update 30.03.2010